Als ich das Kind vom Flöten abhole, hat es ein neues Flötenheft dabei. Ein erstes richtiges mit Noten und ganz ohne Buchstaben. In dem kleinen Büchlein ist auch ein fünfzig Jahre alter Song von Bob Dylan enthalten. So ist das im Leben: Mit dem Literatur-Nobelpreis im letzten Jahr hat´s nicht geklappt, aber immerhin mit dem Sprung in ein Flötenbuch. Warum, weiß ganz allein der Wind. Aber ich weiß auch was: Ein guter Schwimmer wird unser Kind nicht mehr.
Samstag. Der Dicke hat ein Fußballspiel. Eigentlich wird in der Bambini-Liga ja noch auf allen Positionen rotiert. Auf allen, bis auf eine. Der Blonde spielt für sein Leben gern im Tor und das darf er auch fast immer. Das Spiel geht 3:3 aus. Zum Ende des Spiels zeigt der Torwart, was er kann und lässt sich ordentlich feiern. Bei so mancher Aktion rutscht mir das Herz in die Hose, aber das Spiel geht verletzungsfrei über die Bühne. Ich bin erleichtert. Danach geht´s zum Kindergeburtstag und im Anschluss daran in den Kletterwald. Abends geht das Kind nur widerwillig um 21 Uhr ins Bett. "Wenn du morgen beim Triathlon starten willst," erklären wir ihm, "musst du jetzt schlafen. Sonst bist du morgen müde und dann fahren wir nicht." Murrend trollt er sich.
Sonntag. Wir brechen früh auf, da als erstes mein Mann startet. Die Wartezeit ist hart. Die Sonne brennt trotz September hochsommerlich vom Himmel. Drei Stunden vor seinem Start verkündigt der Dicke, dass er sich schon mal umziehen wolle. Da es heiß ist, machen wir das und ansonsten vertreiben wir uns noch viel Zeit mit Rumgucken, Anfeuern und Abhängen. Nach Stunden sind wir beide etwas müde. Nein, aufgeregt ist er gar nicht, meint der Knirps sachlich. Aber da er den gesamten Vormittag fast nichts isst, glaube ich das nicht so ganz. Dreineinhalb Stunden nach dem Start meines Mannes ist dann endlich, endlich auch der Junior dran. Alles ist besprochen, alles eingecheckt und angeguckt. Die ersten Eltern haben sich daneben benommen und ich habe meinen Ärger darüber weg geatmet. "Das wird schon alles klappen," sagen wir dem gar-nicht-aufgeregten-angehenden-Triathleten, "und wenn nicht, ist das auch nicht schlimm. Hauptsache, du hast Spaß und tust dir nicht weh. Alles andere ist egal."
Start. 14 Jungs schwimmen eine 5o-Meter-Bahn im Freibad wie um ihr Leben. Einer lässt es gemütlich angehen, kommt als Letzter aus dem Wasser und rennt den anderen hinterher. "Jetzt kommt Radfahren und Laufen", rufe ich dem jüngsten Familienmitglied aufmunternd hinterher, "das kannst du doch so gut!" Er verzieht keine Miene. Irgendwo am Rande der Wechselzone steht der Papa und darf dem Lütten gemeinsam mit einer Helferin helfen. "Mama," wird der Pingelige später ein bisschen empört berichten, "die Frau, die mir die Startnummer umgemacht hat, hat mir die Startnummer nach VORN gemacht. Da muss die doch mal nachdenken. Ich habe die Nummer dann nach hinten gedreht." Im Vorfeld hatte er sich noch mal vergewissert, wann die Startnummer vorn und wann hinten getragen werden muss. "Ach," hatte ich gemeint, "bei den Jüngsten, glaube ich, ist das noch nicht so wichtig. Aber du hast Recht: beim Radfahren kommt die Nummer nach hinten, beim Laufen nach vorn."
Dann geht´s auf´s Rad. Der zweite Gang ist eingestellt. Da es bergauf geht, schaltet er flugs in den ersten Gang. Als er zurück zur Wechselzone kommt, sehen wir den schwarzen Helm mit weißem Totenkopf recht langsam den Berg runterrollen und wundern uns. Der Sportsfreund tritt auch kaum. Und dann bekomme ich sofort ein schlechtes Gewissen. Hatte ich ihm nicht mehrfach eingetrichtert, er solle das Stück abwärts ja nicht zu schnell fahren? Oh, man, kann ich ja auch nicht ahnen, dass der einmal auf seine Mutter hört und hier im ersten Gang runterbummelt, wie süß.
Der Wechsel vom Rad zum Laufen ist dafür um so flotter. Helfer nehmen den Jungs das Rad und den Helm ab. Der Kleine ist gerade vom Rad, dreht bei den ersten Schritten sofort die Startnummer nach vorn und läuft nicht, nein, er rennt wie von der Tarantel gestochen über den staubigen Feldweg. Gelächter und Applaus von den Zuschauern. Der Blondschopf verzieht wie immer keine Miene.
An der letzten Kurve vor dem Ziel attackiert er einen Achtjährigen, der dann doch noch eine Schippe drauf packen kann Der Lütte ist müde und die Beinchen fliegen nicht mehr so wie gewohnt. Im Ziel das Übliche: erleichterte Eltern, ein emotionsloses Kind. Kurze Zeit später fängt das Kind allgemein an zu meckern. "Ich weiß, was du hast," sage ich, "Hunger! Ist ja auch kein Wunder, du hast heute ja auch fast nichts gegessen." Dann ziehen wir los und es gibt Nudeln und Apfelschorle für den frisch-gebackenen Triathleten. Das Einzige, was er noch erzählt, ist, dass die Beine so komisch waren nach dem Schwimmen. Ja, denke ich, wenn man so schwimmt wie du, kann ich mir das gut vorstellen. Aber das sage ich natürlich nicht, sondern meine nur: "Wenn du irgendwann besser schwimmen und vielleicht sogar richtig Kraulschwimmen kannst, wird das besser, das kann ich dir versprechen."
Bis zur Siegerehrung dauert es noch eine ganze Weile, aber wir halten durch. Als es dann endlich los geht, rutscht der Dicke unruhig von einem Bein auf´s andere. Begonnen wird mit den Bambini und dieses Kind hat zum größten Erstaunen seiner Eltern wieder Glück gehabt: Erster von zweien. Das Kind bekommt eine Urkunde, eine Medaille und einen Pokal. Die Übergabe erfolgt routiniert und emotionslos. Kind, nun freu dich doch mal! Tut es auch, aber erst als es wieder beim Vater auf dem Schoß sitzt. Da endlich entspannt sich das Kind sichtlich und strahlt.
Abends, als das Kind endlich schläft, unterhalten mein Mann und ich uns noch ein Weilchen. Wir stellen uns vor wie unser aller sportliches Leben in ein paar Jahren wohl aussehen wird. Vielleicht hat der Junior dann von heute auf morgen keine Lust mehr zu irgendwas und findet alles total uncool? Wir lachen und sind uns einig, dass wir´s nehmen werden, wie´s kommt. Und, my friend: The answer ist sowieso blowin´ in the wind.
Als er zurück zur Wechselzone kommt, sehen wir den schwarzen Helm mit weißem Totenkopf recht langsam den Berg runterrollen und wundern uns. Der Sportsfreund tritt auch kaum. Und dann bekomme ich sofort ein schlechtes Gewissen. Hatte ich ihm nicht mehrfach eingetrichtert, er solle das Stück abwärts ja nicht zu schnell fahren? Oh, man, kann ich ja auch nicht ahnen, dass der einmal auf seine Mutter hört und hier im ersten Gang runterbummelt, wie süß.
Herzlichen Glückwunsch dem seelenverwandten Nichtschwimmer
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Beim Rennrad-Kindertraining (10 jährige)
Kind1 (w): Darf ich dir mal was sagen?
Kind2 (m): Mhm
Kind1: Weißt du warum du langsam bist?
Kind2: Mhm???
Kind1: Du redest zu viel.
Umgekehrt wär´s auch mal schön: Wenn er sich z.B. beim morgendlichen Fertigmachen etwas beeilen könnte. Das ist als würde ich gegen eine Wand palavern ... .
Zitat:
Zitat von Duafüxin
Herzlichen Glückwunsch dem seelenverwandten Nichtschwimmer
Mittlerweile haben, glaube ich, ALLE das Bronze-Abzeichen. Außer einem, versteht sich .
Dafür regen sich hier im Umfeld diverse Mütter auf, dass die gleichaltrigen Kinde immer noch nicht "sauber" Brustschwimmen können. Schuld hat selbstverständlich die Schwimmlehrerin, über die nach Belieben hergezogen wird. Mal ist sie zu lasch, mal zu tough. Nur an den eigenen Kindern liegt´s natürlich.
Unser Sohn geht sehr gern zu dieser Schwimmlehrerin und es ist uns komplett egal, WIE er schwimmt. Die Hauptsache ist, dass er keine Angst vor Wasser hat und im Ernstfall nicht in Panik gerät, sondern sich irgendwie retten könnte. Von den besagten Müttern habe ich übrigens bisher nur eine überhaupt mal schwimmen sehen.