Nummer drei im Vatikan wegen Kindesmissbrauchs angeklagt
George Pell ist im Vatikan einer der wichtigsten Würdenträger. Der für die Finanzen zuständige Kurienkardinal gilt als Nummer 3 in der Hierarchie. Nun ist der Australier wegen Missbrauchsvorwürfen ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Pell werden mehrere sexuelle Vergehen gegen Kinder zur Last gelegt. http://www.faz.net/aktuell/gesellsch...-15082412.html
Hallo Arne,
Bitte betrachte meine folgende Anmerkung mit Wohlwollen und (leider habe ich das Gefühl, ich muss darauf extra hinweisen) genauer Beachtung meiner Worte. Und um Missverständnissen vorzubeugen möchte ich auch gleich feststellen, dass ich NIEMANDEN verteidigen will, der Kindesmissbrauch begeht oder begangen hat. Dass ich hoffe, dass die Vorwürfe aufgeklärt werden. Und dass dann alle Schuldigen ihre Strafe bekommen und zur Verantwortung gezogen werden.
Zweite Präambel: ich hab auch schon mitbekommen, dass juristische Feinheiten hier gerne ein wenig lässig betrachtet werden. Ich halte das aber in einem öffentlichen Forum für einen Fehler.
Und damit zu meiner Anmerkung: von "Angeklagt" kann noch überhaupt keine Rede sein. Ich weiß nicht im Detail, wie Strafverfahren in Deutschland oder Australien ablaufen, aber es wird wohl ähnlich sein wie in Österreich. Gegen Pell ist ein ERMITTLUNGSVERFAHREN eingeleitet worden. Erst danach wird entschieden, ob es zu einer ANKLAGE kommt. Wenn diese Entscheidung gefallen ist, kann man zunächst einmal gegen die Anklage berufen und erst, wenn das erledigt ist, kommt es tatsächlich zu einer ANKLAGE. Dann gibt´s einen Prozess (durch wer weiß wie viele Instanzen) und dann ein rechtskräftiges Urteil. Und bis dahin gilt juristisch die Unschuldsvermutung.
Ich halte es für wichtig, das zu beachten. Gerade in einer Zeit und in einer Diskussion (nämlich hier!), in der die "Wahrheit" oft auf dem Prüfstand steht.
Und im übrigen finde ich es ohnehin schlimm und empörend genug, wenn es genügend Hinweise gibt, die ein Ermittlungsverfahren rechtfertigen. Da muss man nicht noch eine (noch) nicht vorhandene Anklage in die Überschrift setzen.
Nachdem wir aber in Kontextgemeinschaften leben und damit Zuschreibungsschemata teilen, sind es nur potenziell x-beliebige ...
Ich meine, nun erkannt zu haben, was mich am religiösen Wahrheitsbegriff stört, wenn ich ihn denn richtig verstehe: Er beansprucht, für alle Kontextgemeinschaften gültig zu sein und fordert dementsprechend seine Rechte. D.h. man begnügt sich nicht damit, im Kontext des Bibelstudiums, die metaphorischen Bilder zu genießen, sondern leitet im Kontext der Gesamtgesellschaft die Forderung ab, dass z.B. die Ehe Homosexueller zu verbieten sei, weil sie Gottes Wunsch widerspricht.
Gleichzeitig kann man im wissenschaftlichen Kontext darauf hinweisen, dass nur ein Depp die Bibel wörtlich nimmt und ist somit fein raus. Ob es sich also um Fakten oder Bilder handelt wird situationsabhängig entschieden. Das mag opportun sein; dass es redlich ist, bezweifle ich.
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Und bis dahin gilt juristisch die Unschuldsvermutung.
Ich halte es für wichtig, das zu beachten. Gerade in einer Zeit und in einer Diskussion (nämlich hier!), in der die "Wahrheit" oft auf dem Prüfstand steht.
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Formal hast Du 100 % recht.
Du weisst aber auch, wie ungemein kompliziert es ist, zu gesetzlichen Verurteilungen in Fällen des sex. Kindesmissbrauchs zu kommen, zumal die Vorwürfe in diesen Fällen so weit zurückliegen und nur ein winziger Teil der Opfer ihr Schweigen bricht und Anzeige erstattet.
Ich persönlich bin aufgrund meiner beruflichen und persönlichen Lebenserfahrung überzeugt, dass die Vorwürfe, augrund derer die australischen Behörden ermitteln, zutreffen und nur die Spitze des Eisberges sind.
Lies in der FAZ bitte den von mir verlinkten Artikel über das Pädonetzwerk in der Stadt Ballarat nach.
Du weisst aber auch, wie ungemein kompliziert es ist, zu gesetzlichen Verurteilungen in Fällen des sex. Kindesmissbrauchs zu kommen, zumal die Vorwürfe in diesen Fällen so weit zurückliegen und nur ein winziger Teil der Opfer ihr Schweigen bricht und Anzeige erstattet.
Ich persönlich bin aufgrund meiner beruflichen und persönlichen Lebenserfahrung überzeugt, dass die Vorwürfe, augrund derer die australischen Behörden ermitteln, zutreffen und nur die Spitze des Eisberges sind. Lies in der FAZ bitte den von mir verlinkten Artikel über Ballarat nach.
Ich schätze Dich aufgrund Deiner klugen und reflektierten Beiträge sehr.
In einem Post hast Du - zu Recht - eine "Ferndiagnose" Trumps als "Narzisst" kritisch konfrontiert, weil erst eine saubere Diagnose mit dem direkt Betroffenen eine solche Feststellung erlaubt.
Was ist hier jetzt der Unterschied?
Und damit keine Missverständnisse auftauchen, Deine Feststellung zu Kindesmissbrauch und Verurteilungen teile ich.
Da muss man nicht noch eine (noch) nicht vorhandene Anklage in die Überschrift setzen.
Ich bitte auch um wohlwollende Bewertung meines Kommentars.
Ich habe sehr oft das Gefühl, dass Du Begriffe, die auch - meinetwegen sogar vorwiegend - in einem juristischen Kontext (Kontext ist glaube ich das Wort des Tages) verwendet werden können, ausschließlich für diesen zulässt. Wenn man von jemanden angeklagt wird oder man sich betrogen fühlt, dann ist das im Normalfall umgangssprachlich zu sehen und nicht sofort im strafrechtlichen Kontext.
Die Erfahrung zeigt, dass die meisten Richter keine Fachidioten sind und ihnen die umgangssprachliche Verwendung der Begriffe geläufig ist und sie diese Verwendung entsprechend einzuschätzen wissen. Wenn der Priester angeklagt wurde, sich an Kindern vergangen zu haben, kann das die Anklageerhebung zur Folge haben, muss aber nicht.