zappa, Du wirst nicht ernsthaft erwarten, dass ich bei 750.000 Lehrern und noch mehr Schülern jeden Einzelfall prüfe und bewerte?
Vielleicht gibt es irgendeinen Religionslehrer, dem ich unrecht tue.
Nein, aber ich kann ernsthaft erwarten, dass Du einerseits Belege für pauschale Behauptungen beibringst. Andererseits, dass wenn es anderslautende Belege gibt, konzidieren kannst, dass die Realität offenbar differenzierter sein könnte, als von Dir behauptet.
Das halte ich für einen sehr interessanten Beitrag! Ich höre zum ersten Mal davon. Gibt es einen Link, mit dem ich etwas über eine christliche Theologie lernen kann, bei der Gott nicht die Welt erschaffen hat?
Hier ist schonmal der Unterschied des Weltbildes in der damaligen Zeit zu verstehen. Wir haben einerseits die moderne Naturwissenschaft, die ihr Weltbild im Weltall sieht.
Zur damaligen Zeit aber war Kosmos die Ordnung an sich.
Zweitens muss man verschiedene Theologien untereinander unterscheiden.
Bultmann bspw. vertritt die existenziale Interpretation der Schöpfungsgeschichte. Heißt hier wird das Thema "Gott und der Komos" ausgeklammert und die Auslegung bezieht sich nur auf das personale Verhältnis des Menschen zu Gott. Heißt es geht hier nicht um die Auskunft über den Ursprung des Weltganzen, sondern um die Hinwendung des Menschen zur Ordnung, seinem Verhalten und damit neuen Möglichkeiten des Lebens.
neo, dann sind wir uns offenbar insoweit einig, dass der Text interpretiert werden muss, auch dann, wenn es eine Chronik ist. Für Dich ergibt sich die Notwendigkeit der Interpretation daraus, wie der Text formuliert wurde, oder aus dem historischen Kontext. Für mich ergibt sich die Notwendigkeit der Interpretation daraus, dass der Text ansonsten offensichtlich unsinnig wäre.
Das Ergebnis ist, dass der Text interpretiert werden muss.
Aber was kommt dabei heraus?
Meine Interpretation besteht darin, dass die geschilderten Ereignisse nicht stattgefunden haben, und dass stattdessen eine Rechtfertigung für eine Inbesitznahme von Land etabliert werden sollte. Da gab es weder die Schlacht noch Gott (und auch keinen Stillstand von Sonne und Mond).
Es ist also nicht so, dass ich den Text wörtlich nehmen würde. Aber ich ziehe in Betracht, dass das Ergebnis der Interpretation auch sein kann, dass er gegenstandslos erfunden wurde.
Allein die Tatsache, dass eine Interpretation das Potenzial birgt, eine tiefe Wahrheit herauszuschälen, bedeutet nicht, dass die Wahrheit tatsächlich existiert. Es ist ebensogut möglich, dass die Geschichte nicht stimmt.
Zu meiner Denkweise: Ich persönlich würde den Text zunächst einmal sprachlich-literarisch durchforsten. Das größte Problem bei der ganzen Sache: dieser Text liegt nicht in der Originalsprache vor. (Ich bin des Hebräischen nicht mächtig, Griechisch ist bei mir mau, Latein geht bei Weitem noch besser.)
Und da beginnt die Crux grundsätzlich mit allen Übersetzungen und mit allen biblischen Texten im Bsonderen [Sind sich die jüdischen Gelehrten, die seit jeher ihre Sprache weitergegeben haben schon nicht einig in der Auslegung, daher stammt ja auch der Ausdruck "sich um jedes Jota zustreiten."] Übersetzungen sind von der einen in die andere Sprache im eigentlichen Sinne nicht möglich - da kannste sämtliche sprachtheoretischen Veröffentlichungen nachlesen - ein nicht unbeträchtlicher Verlust wird immer da sein (Sachtexte will ich jetzt mal außen vorlassen, da sie für das Thema nicht relevant sind.).
Dazu kommt der zeitliche und kulturelle Abstand: Formulierungen und Bilder aus einem fremden Kulturkreis (der und zweifelsohne beeinflußt hat, aber der uns in Europa nie so vertraut war), die zur Zeit der Urheberschaft nichts besonderes waren, sind uns entweder verloren gegangen (weil wir die Zusammenhänge und Assoziationen nicht mehr kennen) oder muten uns heute seltsam an: allein dadurch geht sehr viel Subtext und somit Inhalt verloren, der einem Menschen der damaligen Zeit vollkommen vertraut war.
Man muß nicht einmal bis in die Bronzezeit, fremde Sprachen und Kulturen zurückgehen, wie im genannten Beispiel: Wenn Gottfried Keller um 1900 schreibt: "Sie sah ihn mit blödem Gesicht an.", dann meint er nicht, daß jemand irgendwelche Grimassen schneidet oder Fressen hinzieht, sondern dann geht es um eine blinde Person, die jemanden mit ihren leeren Augen anblickt. >>Blöd<< ist ein alter Ausdruck für blind [>>Doof<< im übrigen ein alter niederdeutscher Ausdruck für >>gehörlos<<].
Die Ikonographie von Hieronymus Bosch, vom Kulturkreis her nicht entfernt, es ist "unser" Revier, seine Symbolsprache ist heute kaum bis nicht mehr zu entschlüsseln. Das Wissen darum ist verloren gegangen. Zu seiner Zeit war der gute Mann das, was man heute einen Popstar nennen würde. Seine Bilder gefragt und inhaltlich - so viel scheint klar zu sein! - sehr gewagt da extrem kritisch!
Die Bilder jetzt einfach nur als "Trip-Zeichnungen" anzusehen ist zu billig. Als Mitglied der "Bruderschaft Unserer Lieben Frau" hätte er sicherlich nicht lange irgendwelchen ketzerischen Unfug treiben können - der soziale Druck innerhalb dieser strenggläubigen Gemeinschaft muß enorm gewesen sein [aus der heutigen Sicht!] und immerhin waren die Dominikaner die "Hausseelsorger" dieser Bruderschaft. Die waren schnell mit dem Scheiterhaufen bei der Hand ...
Schauen wir uns heute Emblamata des 16.-18. Jhdts. an, dann stehen wir total dumm da und kennen uns nicht aus, weil uns all das, was zum Verständnis nötig ist, abhanden gekommen ist. Wir müssen mühsam nachblättern in Lexika, um ein Bild und einen Text richtig zu verstehen. Jeglicher Zusammenhang ist uns da verloren gegangen [Embemata können höchst spannend sein, sobald man sich die endlose Mühe macht, die Zusammenhänge herzustellen und man wird sie auch in den Gemälden der damaligen Zeiten entdecken können, was so manchem Porträt eines Meisters plötzlich bittere und überraschende Wendungen geben kann].
Zu Deinem letzten Absatz:
Absolut d'accord! Das ist der Unterschied zwischen logischer Wahrheit und faktischer Wahrheit. Erkenntnistheoretisch gesehen habe ich große Zweifel, daß wir immer den Unterschied erkennen können. Ich Englischen kann man das sehr schön ausdrücken mit den zwei Wörtern "to fit" und "to match". So sehr ich die deutsche Sprache für ihre Präzision, Schärfe und Möglichkeit zur Wortneuschöpfung schätze, da ist das Englische präziser! Eine logische Wahrheit ----> fit. Die faktische Wahrheit ----> match.
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Zähne zusammenbeißen und die Brocken runterschlucken!
Aus dem Grundgesetz, Art. 7.3: "Der Religionsunterricht ist in den öffentlichen Schulen mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen ordentliches Lehrfach."
Es gilt also nicht für alle Schulen.
Ergänzung hierzu:
Im GG steht "Religionsunterricht", NICHT KATHLISCHER oder EVANGELISCHER Religionsunterricht.
Art. 7 regelt zudem lediglich das Verhältnis von Schule, ihren Trägern und den Institutionen des Staates.
Es geht also nicht darum, das Fach als Pflichtfach für alle zu bestimmen.
Nach Art. 7 II GG kann der Erziehungsberechtigte über die Teilnahme am Religionsunterricht frei entscheiden. Somit ist der Art. 7 Abs. 2 GG eine Art Konkretisierung des elterlichen Erziehungsrechts i.S.d. Art. 6 II GG.
Inhalte des Religionsunterrichts bestimmen dann die Länder.
In der Grundschule ist auch nicht einmal ein Ausgleichsfach, wie z.B. Ethik vorgesehen.
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Phantasie ist etwas, das sich manche Leute gar nicht vorstellen können.
Es ist an dieser Stelle eine Chronik, nämlich über Feldzüge und Eroberungen. Es ist jedenfalls keine Fabel und kein Gleichnis. In der Antike wusste man sehr genau, was eine Chronik ist. Wir verfügen über eine Menge weiterer Chroniken und wissen, wie diese geschrieben sind.
Die Chronikbücher an sich sind nicht als rein geschichtle Auflistung zu sehen. Sie ist eher eine pragmatische Geschichtsschreibung. Sie will zur damaligen Zeit mit Hilfe von Beispielgeschichten belehren und Muster für zukünftiges Handeln bereitstellen.
Sie enthält rein chronistische Königserzählungen, aber hat eine theologischen Grundriß aus dem Material der Bücher Mose.
Sie sind somit keine reine Chronik im eigentlichen Sinn.
Hier ist schonmal der Unterschied des Weltbildes in der damaligen Zeit zu verstehen. Wir haben einerseits die moderne Naturwissenschaft, die ihr Weltbild im Weltall sieht.
Zur damaligen Zeit aber war Kosmos die Ordnung an sich.
Zweitens muss man verschiedene Theologien untereinander unterscheiden.
Bultmann bspw. vertritt die existenziale Interpretation der Schöpfungsgeschichte. Heißt hier wird das Thema "Gott und der Komos" ausgeklammert und die Auslegung bezieht sich nur auf das personale Verhältnis des Menschen zu Gott. Heißt es geht hier nicht um die Auskunft über den Ursprung des Weltganzen, sondern um die Hinwendung des Menschen zur Ordnung, seinem Verhalten und damit neuen Möglichkeiten des Lebens.
Dann stelle ich gern noch einmal meine Frage:
Ich frage mich, worin genau der christliche Glaube nun besteht... Was genau glaubt Ihr denn eigentlich? Glaubt Ihr an bestimmte Werte? Nun ... dafür braucht man keine Kirche. An kirchliche Traditionen? Welcher Art? Ist es Tradition an einen Gott zu glauben? Der Vatikan jedenfalls glaubt an Wunder und an einen Gott. Er regelt, was wann als Wunder anerkannt wird ziemlich genau. Das setzt voraus, dass es Wunder gibt, denn sonst kann man nicht regeln, wie diese behandelt werden. Artikel hierzu hatte ich vorher verlinkt.
Ich will nur versuchen zu verstehen. Bisher ist es mir leider noch nicht gelungen.
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Phantasie ist etwas, das sich manche Leute gar nicht vorstellen können.