Servus Jörn, servus beieinander!
Zitat:
Zitat von Jörn
Du stellst es dar als einen Berggipfel, den ich erst noch erklimmen muss und der noch vor mir steht. Als eine Einsicht, die ich erst noch gewinnen müsste.
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Also das Bild mit dem Berggipfel impliziert ja sowas wie eine "höher Entwicklung", sowas wie "besser als". Das habe ich ausdrücklich nicht gemeint. Ich meinte wirklich und ehrlich nur das, was ich schrieb:
Zitat:
Ich finde trotzdem, eine offenere Haltung gegenüber anderen Wirklichkeiten könnte dir nicht schaden. Mir zumindest hat das gut getan und mein Leben bereichert. D.h. natürlich nicht, dass das auch bei dir so ist. Evtl. wäre es ja einen Versuch wert?
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Mir geht es um einen Vorschlag, wie man seine Sichtweise ggf. ergänzen könnte.
Zitat:
Zitat von Jörn
Wenn ich die subjektiv empfundene „Wirklichkeit“ einer Person erkannt habe, dann möchte ich als nächstes wissen, ob es tatsächlich/faktisch zutrifft.
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Ja und genau das, ist
nicht das was ich meinte. Ich verstehe das du das möchtest. Logo - das ist deine bisherige/aktuelle Wirklichkeit. Aber Jörn, dann fällt die Katze auf die alten Füße, dann kannst du dir das Ganze zumindest aus meiner Sicht auch sparen.
Der Gründe, warum ich vorgeschlagen habe die Wirklich der anderen schlicht zu akzeptieren ist, damit man mehr über das Denken und das Emotionale
der Menschen lernt, damit man
mit Menschen und nicht
über Fakten redet. Damit man für sich selbst ggf. neue Einsichten gewinnt, damit mit ggf. ein Stück mehr Gelassenheit gewinnt, wenn einem jemand mit einer anderen Wirklichkeit begegnet und dass man am Ende dem alten griechischen imperativ "Erkenne dich selbst" ein Stück besser gerecht werden kann als vorher. Oder freilich aber auch zu erkennen: "Leck mich am Arsch - mit Menschen möchte ich nix zu tun haben, ich zieh in die Tonne."

Wichtig ist aus meiner Sicht der Versuch und nicht was hinten dann wirklich raus kommt. Die Suche nach der "Wahrheit" ("... das was tatsächlich/faktisch zutrifft...") ist nicht Intension meines Vorschlages. Wenn du so willst eher eine Erweiterung des Verständnisses für Menschen.
Zitat:
Zitat von Klugschnacker
... etwas gegen gleichgeschlechtliche Liebe hätte. Und was von Anders- oder Nichtgläubigen zu halten ist. Wie mit Zauberern und Hexen zu verfahren sei, und dass wir ohne die Weiber noch im Paradies wären.
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Da stimme ich zu. Einiges von dem was du mit diesen Zeilen wohl auch meinst (obwohl es explizit da nicht steht), war der Grund, warum ich aus der Kirche ausgetreten bin. Allerdings tangiert mich diese ganze Geschichte mit Hexen oder sonstig gestrigen Dingen nicht wirklich. Ich reg mich z.B. auch nicht über die föderale Grundordnung und Demokratie unseres Staates auf, weil in der Hessischen Landesverfassung noch die Todesstrafe vorgesehen ist. Das kratzt selbst mich als entschiedenen Gegner der Todesstrafe gar nicht.

In meiner Wirklichkeit kommen Hexen und Engel nicht vor. Allerdings kommen in meiner Wirklichkeit HIV Infektionen vor und die Tatsache, dass die Kirche ein Kondomverbot ausspricht. Das tangiert mich. Weiter kommen in meiner Wirklichkeit zwei gleichberechtigte Menschengeschlechter vor und in meiner Wirklichkeit ist die Kirche ein Männerbund. Das tangiert mich auch.
Gestern beim Abendläufchen ist mir noch ein Gedanke gekommen, den ich euch nicht vorenthalten möchte:
Wir sollten behutsam darauf achten, ob wir uns jeweils in einer religiösen oder in einer theologischen Debatte bewegen. Ich meine, dass die Frage nach Wahrheit ausschließlich in einer theologischen Debatte zu führen ist und hier auch die
Dogmen/Schriften Gegenstand der Untersuchungen sein können. In einer Religösen Debatte, geht es meines Erachtens niemals um tatsächliche, faktische Wahrheit (wobei ich als philosophisch angehauchter Mensch mit dem Begriff Wahrheit sowieso meine Probleme habe) sondern da sind die Dogmen/Schriften nicht Gegenstand, sondern
Grundlage und Voraussetzung für die Debatte. Wenn überhaupt, dann wird in religiösen Debatten nicht der Wahrheitsgehalt der Schriften/Dogmen (e.g. Normen) diskutiert, sondern höchstens ihre Gültigkeit.
Zum Beispiel denke ich, Martin argumentiert ausschließlich religiös. Gegenargumente von Jörn sind aber wohl theologisch/wissenschaftlich zu sehen. Das das nicht zusammen passt wird mir immer klarer.
Ausserdem ist auch die Frage was wir denn eigentlich an den Religionen konkret kritisieren? Ich denke wir (mich eingeschlossen) kritisieren das, was der Mensch aus dem Konzept einer Religion "Gegenständlich/weltlich/real" im hier und jetzt gemacht hat -
im Grunde den Menschen kritisieren wir. Wahrscheinlich ist es mir aus diesem Grunde (intuitiv) so wichtig, dass wir - zumindest auch - über den Menschen und sein Wesen reden.
Zitat:
Zitat von Klugschnacker
Wo sind hier eigentlich die Philosophen und Logiker? Kann es einen freien Willen überhaupt geben, wenn gleichzeitig ein allwissendes Wesen existiert? Mit anderen Worten: Wenn jemand alle meine Entscheidungen bereits im Voraus kennt, können diese Entscheidungen dann frei sein?
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Das Thema freier Wille habe ich vor n paar Seiten mal kurz angesprochen - das ist ja eines der zentralen Themen der Philosophie - von der Antike angefangen: "Tun wir das was wir wollen oder wollen wir das was wir tun?" Selbst habe ich über den freien Willen nicht so viel gelesen wie zur Moral (und das war beileibe nicht all das was es zu lesen gäbe).
Ich Zweifle aber etwas, das es den
vollständigen freien Willen gibt. Ich lese von Ergebnissen der Hirnforschung, nachdem z.B. Probanden in einer Aufgabenstellung bei bestimmten Ereignissen den Finger gehoben haben
bevor sie das wollten. Man kann sowohl das motorische Erregungspotential als auch das Potential der Willensbildung mittlerweile recht sicher grob im Gehirn verorten und eben solche Potentiale messen. Da leuchten dann wohl irgendwelche Areale im Gehirnmodell auf dem Bildschirm auf oder so ...
Evtl. finde ich etwas Zeit mich aus philosophischer (Hobby)sicht etwas in das Thema "freier Wille" einzulesen. Würde mich interessieren. Der Thread hier hat mein Interesse an Philosophie wieder etwas befeuert. War die letzten ein bis zwei Jahrzehnte etwas eingeschlafen. Alleine die Zeit dazu ...
Zitat:
Zitat von Jörn
... der ganze Bibelkram aus logischen Gründen
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Hier nochmal der Hinweis auf religiös vs. theologisch. Und ebenso der Hinweis darauf, dass logisches Schließen immer auf Basis einen Kalküls (Axiome plus Schlußregeln) funktioniert.
Ein Kalkül ist grundsätzlich übrigens willkürlich - man muss sich halt nur darauf einigen. Das ist übrigens auch der Grund, warum man den Wahrheitsgehalt von Bibelsätzen formal ebenso prüfen kann wie naturwissenschaftliche Sätze. Allerdings basiert das ggf. auf anderen Axiomen und Schlußregeln. Es ist also zwar kein anderer Wahrheitsbegriff, aber eben ein anderer Wirklichkeitsbegriff.
Die Logik der Sprache ist übrigens unglaublich kompliziert - im Wesentlichen es es auch das, mit was sich die Philosophie an deutschen Universitäten (wenn es nicht gerade historische Philosophie ist) beschäftigt. Was die Sprachlogik betrifft: Wir Informatiker beschäftigen uns in der theoretischen Informatik damit ja auch - sehr formal allerdings. Linguisten sind diesbezüglich unglaublich scharfsinning - ich habe erwähnt, dass Ludwig Wittgenstein auch Linguist war. In der Informatik gibt es sog. Chomsky-Grammatiken. Naom Chomsky war auch Linguist. Wie auch immer.... An der Stelle ist die
Lektüre des Tractatus jedenfalls unbedingte Pflicht.
Eine etwas weniger komplizierte Einsicht in die Logik bietet eine Andwendung in der Mathematik: Hier ist z.B. die Prädikatenlogik erster Stufe an sich einfach. Aber spätestens bei Prädikatenlogik höheren Stufen schlägt der Gödelsche Unvollständigkeitssatz zu: Solche "Logik" ist
mathematisch beweisbar entweder nicht vollständig oder nicht widerspruchsfrei. Als Konsequenz und umgangssprachlich bleibt man mit seiner Logik besser dort, wo das Kalkül geboren wurde - jedenfalls dann, wenn es philosophisch wird und wenn man über Wahrheit und Erkenntnis redet.
Liebe Grüße
Helmut
