Ernst nehme ich die BILD auch nicht. Der Disput gestern hat aber doch recht hohe Wellen geschlagen. Daher hatte ich fälschlicherweise (sorry!) vorausgesetzt, die Story sei soweit bekannt.
Danke für den Link, Nobodyknows.
Ich habe das Interview mit Ramelow gesehen, in dem er selbst den Fall schilderte. Warum sollte ich anschließend noch danach googeln?
Danke für dein Feedback. Ich denke die Antwort auf deine Frage könnte sein: "Weil man sich nicht sicher sein kann, ob Politiker die Dinge nicht auch falsch verstanden oder absichtlich verdreht wiedergegeben haben."
Ich habe mir den fraglichen Podcast angehört. Ab 17:31 sagt Ramelow die bezüglich Fitnessstudios in Thüringen relevanten Worte:
Zitat:
Zitat von Ramelow
Ich habe das gerade mit Fitnesstudios gehabt, denn die hatten wir die ganze Zeit noch geschlossen. Die Fitnesstudios haben jetzt geklagt und haben recht bekommen, dass die Schließung falsch ist, weil die Frage, die ein Gericht heute abwägt ist: Gibt es ein Infektionsgeschehen"
Ich habe mir auch die Entscheidung des OVG Thüringen durchgelesen. Das was Ramelow in dem Zitat gesagt hat, entspricht nahezu vollständig nicht den juristischen Tatsachen.
Wichtig sind die Aspekte der "materiellen Rechtswidrigkeit" (die formelle Rechtmäßigkeit wurde bestätigt. Zitat: "Es bestehen gegen den Erlass der Rechtsverordnung keine durchgreifenden formellen Bedenken.") und das Prinzip des "mildesten Mittels" bzw. der "Erforderlichkeit".
Abgesehen davon, dass ein Klageverfahren was anderes ist (und völlig anders prüft) als ein Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz und lt. Entscheidung des OVG Thüringen noch kein "Normenkontrollantrag" vorliegt (was nicht schädlich ist), ist insbesondere dieses begründende "weil" ist im vorliegenden Fall schlicht falsch.
Es ist genau das Gegenteil vom Senat festgestellt worden, nämlich
Zitat:
Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Senat, wie wiederholt festgestellt, keine durchgreifende Zweifel, dass die Schließung von Fitnessstudios zur oben benannten Zweckerreichung geeignet ist, nämlich [...]. Es entspricht der fachwissenschaftlichen Erkenntnislage [...]Die Schließung dieser Art von Sportstätten ist daher grundsätzlich geeignet, die Entstehung von Infektionsketten zu vermeiden
(so bereits: Beschlüsse des Senats vom 8. April 2020 - 3 EN 245/20 - und vom 7. Mai
2020 - 3 EN 311/20 und 3 EN 312/20 - juris; vgl. ebenso: OVG Saarland, Beschluss
vom 28. April 2020 - 2 B 151/20 - juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom
24. April 2020 - 13 B 520/20.NE - juris Rdn. 48; OVG Niedersachsen, Beschluss vom
16. April 2020 - 13 MN 77/20 - juris Rdn. 27).
Es ist also beileibe nicht so, wie Hr. Ramelow glauben machen möchte, dass der Senat der Meinung ist, man dürfe Fitnessstudios nicht schließen, weil es kein Infektionsgeschehen mehr gebe.
Selbstverständlich gilt
Zitat:
Auch wenn dem Verordnungsgeber insoweit ein weiter Gestaltungsspielraum einzuräumen ist, so ist seine Tätigkeit gleichwohl kein willkürliches, sondern ein rechtlich gebundenes Handeln. Insbesondere hat er die verfassungsrechtlichen Anforderungen des allgemeinen Gleichheitssatzes zu beachten.
und der wesentliche Grund, warum der fragliche Absatz § 12 Abs. 3 Nr. 1 ausser Vollzug gesetzt wurde ist eben nicht das Infektionsgeschehen, sondern
Zitat:
Der Verordnungsgeber erkennt damit selbst an, dass neben der vollständigen Schließung als milderes Mittel die Öffnung sportlich orientierter Einrichtungen unter strikter Beachtung von Infektionsschutzvorschriften in Betracht kommt und mithin nicht allein die weitgehende Maßnahme der Schließung zur Zweckerreichung erforderlich ist. Jedenfalls erweist sich die demgegenüber ausgesprochene ausnahmslose weitere Schließung der Fitnessstudios als nicht mit Art. 3 GG vereinbare Ungleichbehandlung.
Ob das nun für deine Meinungsbildung nun relevant ist, ist was völlig anderes. Ich wollte nur darauf hinweisen, dass Quellenstudium evtl. einen erweiterten Blick auf die Dinge gibt. Es war als konstruktiver Debattenbeitrag gedacht, als Angebot.
Frage an die Expertinnen und Experten:
Meine Firma (ich bin vorerst nicht betroffen, da noch im Homeoffice aber die produzierenden Kolleg*innen können das ja nicht) hat sich im Rahmen ihrer internen Maßnahmen zu Temperaturkontrollen beim Betreten des Werksgeländes entschlossen.
Soweit so gut. Technisch umgesetzt wird das per Wärmebildkamera.
Aus meiner Zeit bei der Freiwilligen Feuerwehr kenne ich mich damit ein ganz klein wenig aus. Aus meinem gefährlichen Halbwissen von dort würde es mich wundern, wenn die WBK in der Kürze der Zeit (schnelles Vorbeigehen beim Drehkreuz) kleine Temperaturunterschiede heraussieben könnte. Ob 36,5°C oder 38,1°C ist ja schon ein Unterschied z.B.
Ist das (teurer) Aktionismus / Augenwischerei oder kann die Technik das?
Ja, die Technik kann das, wenn die Kameras auf diesen speziellen Anwendungsfall "getrimmt" werden. D.h. Emissivität muß in einem bestimmten engen Bereich liegen und die Auswertung wird auf einen ausreichend engen Temperaturbereich kalibriert. Klappt so auch mit den IR-fieberthermometern; diese sind auch nur in einem engen Bereich einsetzbar. Eine Wärmebildkamera für andere zwecke mit breitem Temperaturbereich würde hier natürlich auch als Schätzeisen versagen. Aber die entsprechende Technik gibt es, und wird (v.a. in Ostasien) schon länger erfolgreich eingesetzt.
Zitat:
Zitat von El Stupido
Wundert mich zudem, dass hier offenbar noch nichts zu "Drosten vs. BILD" geschrieben wurde.
Sturm im Wasserglas. Eine so extrem kurzfristige Stellungnahme zu komplexen Fragen hätte ich auch einfach abgelehnt; daß Drosten damit an die Öffentlichkeit geht, und das auch noch dünnhäutig und ohne die inhaltlichen Punkte anzugehen, halte ich aber für wenig souverän. Si tacuisses philosophus mansisses, möchte man ihm sagen.
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“If everything's under control, you're going too slow.” (Mario Andretti)
Sturm im Wasserglas. Eine so extrem kurzfristige Stellungnahme zu komplexen Fragen hätte ich auch einfach abgelehnt; daß Drosten damit an die Öffentlichkeit geht, und das auch noch dünnhäutig und ohne die inhaltlichen Punkte anzugehen, halte ich aber für wenig souverän. Si tacuisses philosophus mansisses, möchte man ihm sagen.
Im Umgang mit der Bild aus meiner Sicht die richtige Vorgehensweise, so schnell wie möglich, möglichst vor deren Veröffentlichung, in die Offensive zu gehen und deren Arbeitsweise zu dokumentieren (Aussage aus dem Zusammenhang reißen, kurze Frist etc.). Besser, wie nach deren Berichterstattung aus der Defensive heraus agieren zu müssen. Da er zuerst über die Anfrage der Bild und seine Absage berichtet hatte, kam die Bild schonmal nicht umhin, sich darauf beziehen und konnte nicht lapidar schreiben: Hat eine Stellungnahme abgelehnt.
Soweit ich das in der Berichterstattung mitbekommen habe, hat er doch zwischenzeitlich in seinem Podcast fachlich dazu Stellung dazu genommen.
M.
Geändert von Matthias75 (26.05.2020 um 10:50 Uhr).
Im Umgang mit der Bild aus meiner Sicht die richtige Vorgehensweise, so schnell wie möglich, möglichst vor deren Veröffentlichung, in die Offensive zu gehen und deren Arbeitsweise zu dokumentieren (Aussage aus dem Zusammenhang reißen, kurze Frist etc.). Besser, wie nach deren Berichterstattung aus der Defensive heraus agieren zu müssen. Da er zuerst über die Anfrage der Bild und seine Absage berichtet hatte, kam die Bild schonmal nicht umhin, sich darauf beziehen und konnte nicht lapidar schreiben: Hat eine Stellungnahme abgelehnt.
Soweit ich das in der Berichterstattung mitbekommen habe, hat er doch zwischenzeitlich in seinem Podcast fachlich dazu Stellung dazu genommen.
M.
Sehe ich genauso. Es hat ja unter anderem auch dazu geführt, dass sich alle genannten Wissenschaftler direkt davon distanziert haben.
Man könnte natürlich sagen, das souveränste wäre gewesen, es einfach über sich ergehen zu lassen.
Da die BILD aber seit Wochen sich an ihm abarbeitet fand ich es persönlich ziemlich souverän, mit einem tweet die Arbeitsweise von diesem schmierblatt aufzuzeigen.
Im Umgang mit der Bild aus meiner Sicht die richtige Vorgehensweise, ...
Kannst natürlich Recht haben; auf mich wirkt aber dieses inhaltlose Gekabbele über Twitter etwas kindisch - vielleicht auch weil für mich Twitter primär als Medium für unüberlegte Ergüsse präsent ist (v. allem aber nicht nur durch Trum geprägt)
Zitat:
Zitat von Estebban
Es hat ja unter anderem auch dazu geführt, dass sich alle genannten Wissenschaftler direkt davon distanziert haben.
Na ja, die Wissenschaftler haben sich nicht direkt von ihren Aussagen, sondern nur von deren ungefragten Benutzung durch Bild distanziert. Auch so eine Aktion, die nichts über die Inhalte aussagt, sondern nur sich an dem Gegner abarbeitet.
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Sturm im Wasserglas. Eine so extrem kurzfristige Stellungnahme zu komplexen Fragen hätte ich auch einfach abgelehnt; daß Drosten damit an die Öffentlichkeit geht, und das auch noch dünnhäutig und ohne die inhaltlichen Punkte anzugehen, halte ich aber für wenig souverän. Si tacuisses philosophus mansisses, möchte man ihm sagen.
Die inhaltlichen Punkte einer durchaus komplizierten statisitschen Aufarbeitung vorhandenen Datenmaterials in einer retrospektiven Studie mit einem politischen Redakteur der Bild-Zeitung aufzuarbeiten, dürfte ein Ding der Unmöglichkeit sein.
Das ist eine Geschichte, die alleine Experten untereinander klären können und zwar hier konkret in erster Linie der für die Statistik der Studie verantwortliche Mathematiker im konstruktivem Dialog mit anderen Mathematikern und Statistikern.
Vereinfacht zusammengefasst geht es bei der in Fachkreisen geäußerten Kritik ja gar nicht um die Kernaussage der Studie (dass Kinder nämlich ähnlich viel Virus ausscheiden wie Erwachsene), sondern nur um das genutzte Konfidenzintervall. d.h. ob die geringfügig niedrigeren Viruslasten die man in den Abstrichen Covid-19-positiver Kinder gefunden hat nur zufällig etwas niedriger waren als die Viruslasten bei Erwachsenen (zuällig, weil die Anzahl der untersuchten Proben von Kindern in der Studie immer noch zu niedrig war) oder ob der geringe Unterschied statistische Signifikanz aufweist.
Da der Unterschied aber ohnehin marginal war und für die Infektosität nicht nur die Viruslast im Rachen sondern auch das Verhalten der Viruspositiven Personen eine große Rolle spielt, hätte die Studie so und so auf gar keinen Fall eine komplette Entwarnung in Richtung risikoarme Kita- und Schuleröffnung geben können.
Das hätte auch allen anderen bisher bekannten Studien zu dieser Thematik widersprochen.
Zitat:
Zitat von Matthias75
Im Umgang mit der Bild aus meiner Sicht die richtige Vorgehensweise, so schnell wie möglich, möglichst vor deren Veröffentlichung, in die Offensive zu gehen und deren Arbeitsweise zu dokumentieren (Aussage aus dem Zusammenhang reißen, kurze Frist etc.). Besser, wie nach deren Berichterstattung aus der Defensive heraus agieren zu müssen. Da er zuerst über die Anfrage der Bild und seine Absage berichtet hatte, kam die Bild schonmal nicht umhin, sich darauf beziehen und konnte nicht lapidar schreiben: Hat eine Stellungnahme abgelehnt.
Sehe ich auch so, die versehentliche Mitveröffentlichung der Kontaktdaten des Redakteurs war zwar ein Fehler, aber Drosten ist Wissenschaftler und kein Medienprofi und er hat es ja schnell korrigiert.
Zitat:
Zitat von Matthias75
Soweit ich das in der Berichterstattung mitbekommen habe, hat er doch zwischenzeitlich in seinem Podcast fachlich dazu Stellung dazu genommen.
M.
Der nächste Podcast wird erst heute im Laufe des Tages erscheinen, wenn er fertig geschnitten ist, aber ich gehe schon davon aus, dass er dort auch zur (fachbezogenen) Kritik an seiner Studie Stellung nehmen wird.
In einem DLF-Interview von gestern hatte er -vor der Anfrage des Bild-Redakteurs- sich unabhängig davon ohnehin für eine baldige Wiedereröffnung von Kitas ausgesprochen. Nicht weil er seiner eigenen Studie nicht glauben würde und eben nicht, weil Kinder komplett ungefährlich im Infektionsgeschehen seien, sondern eher deshalb, weil die Schäden einer andauernden Schließung höher anzusetzen seien und weil Kitas und Schulen nicht so anonym seien wie viele andere möglicher Ausbruchsherde, so dass man mit ausreichenden Tests des Betreuungspersonals mögliche Aufflackerungen der Epidemie in Kitas und Schulen zeitnah unter Kontrolle bringen kann.
... die Idioten schon wieder in teilweise 15er Gruppen mit Bollerwagen und mehreren Bierkästen unterwegs waren. Und solche Gruppen habe ich nicht nur einmal gesehen.
Hier in und um Hamburg nahezu nicht zu sehen oder wenn, dann tatsächlich mit Abstand zueinander.
Wahrscheinlich einer der Gründe, warum ihr im Süden noch immer schlechte Zahlen habt, der Norden aber schon wieder realistisch von Urlaub an der See träumen darf.
Muss nochmal Werbung für die C19 Child Studie machen:
Bisher über 1200 Kinder in der Studie getestet, afaik bisher kein aktuell positives und leider auch wenige mit AK. Der AK Test, der hier in der Mikrobio für die Serology eingesetzt wird, ist funktional.
Nochmal für alle Hamburger hier, die Ihre Kinder testen lassen wollen:
C19child.hamburg
Instagram.com/C19.CHILD/
facebook.com/C19.CHILD/
Kost nix, außer etwas Zeit und wird am UniKlinikum auch ohne Symptome bei den Kindern durchgeführt.
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„Der Horizont vieler Menschen ist wie ein Kreis mit Radius Null. Und das nennen sie dann ihren Standpunkt.„