Mir fallen da schon noch ein paar lebensbeeinflussende Bereiche ein: Freiheit, Liebe, Leben nach dem Tod etc. :-)
Kannst Du ein konkretes Beispiel nennen, in dem eine Behauptung aus deinen angeführten Bereichen sich gegen wissenschaftliche Erkenntnisse wehrt? (Leben nach dem Tod, ordne ich auch in den Bereich Religion ein).
Nein, das meine ich nicht. Die Abkürzung besteht nur darin, eine Grundentscheidung (Anerkennung einer höheren Form der Wahrheit oder nicht) als das zu sehen, was sie ist. Welche Folgen ein jeder aus dieser Einsicht zieht, ist eine andere Sache.
Oh, jetzt sind wir schon bei einer höheren Form der Wahrheit. Das heißt, die religiöse steht über der weltlichen und für jedem verständlichen.
Dieses Spannungsverhältnis kommt nicht zuletzt dadurch zustande, dass das Christentum so alt ist. Es geht überwiegend auf Paulus zurück, und das ist ja schon eine ganze Weile her: Er lebte im ersten Jahrhundert unserer Zeitrechnung. Misst man seine Überzeugungen am heutigen Wissen, erkennt man leicht, dass er sich manches nur einbildete, vieles missverstand und nicht besser wusste. Oft log er, wobei man einräumen muss, dass er sich nicht in gleicher Weise wie ein Philosoph der Logik, oder wie ein heutiger Wissenschaftler überprüfbarer Wahrheit verpflichtet fühlte. Es waren schlicht andere Zeiten.
Zur Wissenschaft: Selbst Aristoteles, der gut zehn Generationen vor ihm lebte, hat jede Menge Unsinn verzapft – etwa, dass eine Stubenfliege vier Beine hätte, Frauen weniger Zähne als Männer, und eine Kugel aus Wassereis unterginge, wenn man sie ins Wasser wirft. Damit will ich sagen, dass auch die Wissenschaft damals in vielen Fällen unterentwickelt war. Sie taugte oft nicht zur Erkenntnis der Wahrheit.
Beide, christliche Lehre und die Wissenschaft, haben sich weiterentwickelt. Beim Christentum kamen die Lehren des Augustinus hinzu, außerdem einige Dogmen durch die Päpste, wie etwa Mythen um die Unbeflecktheit Marias. Die Wissenschaft entwickelte sich in den letzten drei Jahrhunderten in Riesenschritten vorwärts, und sie beweist die Richtigkeit ihrer Erkenntnisse millionenfach durch die technischen Anwendungen, die wir täglich benutzen.
Es ist für Christen ein schwieriger Spagat, mit dem Auseinanderdriften von Wissen und Glauben fertig zu werden. Ich würde das nicht mit "…gähn…" abtun.
Viele Menschen beschäftigen sich mit den Fragen nach dem Wohin und Woher der Welt. Es sind spirituelle Gedanken, zu denen auch die Erkenntnisse der Wissenschaft Anlass geben. Sie sind aber nicht mehr bereit, die "Bullshitisierung" der spirituellen Debatte durch die Kirchen, aber auch durch wesentliche Teile der christlichen Lehre hinzunehmen. Viele wollen wissen, wie die Welt ins Sein kam, aber sie empfinden es als intellektuelle Zumutung, wenn sich die Kirchen mit Adam und Eva, der Arche Noah, Marias Jungfernhäutchen, Himmelfahrten und Höllenfeuern einmischen.
Die Bibel enthält Mythen für die Menschen ihrer Zeit, aber nicht für uns. Wir müssen uns schon selber auf die Suche machen, so wie es auch jene Generationen taten, die die Bibel geschrieben haben.
Ich zweifel das alles gar nicht an. Mein "gähn" deshalb, weil wir das von dir Erwähnte schon hatten (was aber auch nicht schlimm ist).
Mein Standpunkt ist der: Ich lebe im Jahr 2017 mit einem Stück Hirn. Der Mensch ist praktisch ganz neu, die Wissenschaften noch viel neuer. Mit diesem Hirn will ich die Welt erklären, alles um mich herum, von Anbeginn bis Ende? Um das zu erreichen, muss ich meiner Meinung nach alles Ressourcen in Betracht ziehen und hernehmen. Auch die Wunderwelt der Religionen. Vielleicht bringt uns diese Gedankenwelt irgendwann mal weiter, bringt neue Inspiration und Motivation. Ich vertraue nicht komplett der menschlichen Vernunft, dem Verstand und der Logik. Das ist mir zu eindimensional und zu flach. Wir können nicht in die Zukunft schauen. Möglicherweise gibt es in 2000 Jahren keine Religionen mehr. Möglicherweise keine Wissenschaften. Nur ist es in meinen Augen zu früh, den Religionen und dem Glauben die Tür zuzuwerfen.
Welche höhere Form der Wahrheit als die Wahrheit, die wir kennen, könnte das denn sein?
Wahrheit sind für mich belegbare Tatsachen. Als Belege sind für mein Verständnis (in exakt dieser Reihenfolge) geeignet:
1. Urkunde / Schriftstück /irgendeine Aufzeichnung, die nicht manipuliert wurde oder gephotoshopped wurde.
2. Wissenschalftliches Gutachten
3. jemand, der es gesehen hat oder dabei war.
Was genau ist jetzt "höher" als das? Dafür könnte man glatt einen neuen Begriff erfinden, damit man die normale Wahrheit von der höheren Wahrheit unterscheiden kann... Sonst führt das womöglich zu größeren Missverständnissen, denn keiner weiß so genau, welche Wahrheit just gerade gemeint ist...
Die wahrste aller wahren Wahrheiten bleibt in der Summe auch nur die Wahrheit.
-> sehr gut geschrieben! Ich wäre auf die Reaktion eines Richters gespannt, den der Angeklagte fragt, ob er die tatsächliche oder die höhere Wahrheit hören möchte.
Eine einfache Antwort auf meine Frage hätte allerdings genügt. Daher stelle ich sie nochmals: können wir uns darauf verständigen, dass Wissenschaft nicht frei von Fehlern ist? Ja oder Nein. Machen Wissenschaftler Fehler? Antwort: ja. Die Wissenschaftsgeschichte ist, wie du andeutest, voll von den Irrtümern der Wissenschaft und Wissenschaftlern. Ich hätte es nur von dir selbst gerne klipp und klar und ohne Verumschweifungen eingetippt bekommen.
Das kannst du aber nicht machen, sonst müsstest du ja deine Wissenschaftsgläubigkeit verleugnen. Oder? Oder sehe ich das falsch?
Oder wollen wir noch einmal ganz von vorne anfangen? Ich denke nein. *Wobei... -, Zeit dazu haben wir alle hier ja ziemlich offensichtlich.......
Sorry, aber das hat doch niemand behauptet, dass die Wissenschaft frei von Fehlern ist. Wie kommst Du darauf? Im Gegenteil die Wissenschaft entwickelt gerade durch Fehler und neue Erkenntnisse ständig weiter.
Vielmehr stellt sich doch die Frage warum nicht auch die Kirche die Größe besitzt und zugibt, dass diese oder jene Behauptung aus dem AT oder NT schlicht falsch sind und man dies heute erkannt hat. Das würde aus meiner Sicht dazu führen, dass man erkennt, dass die Kirche modern bleibt und sich selbst kritisch hinterfragt.
Genau dies würde ihr zur Reputation und Ansehen enorm gut tun. (meine Meinung.)
[quote=Zarathustra;1312162]Da ja ständig Beschwerden kommen, daß die Diskussion hier zu theoretisch abstrakt wird, verweise ich die wirklich an der Thematik Interessierten auf den vor ein paar Seiten schon von mir verlinkten Text von dem Religionswissenschaftler. Man kann aber auch z.B. bei Platon, Aristoteles, Augustinus und einer nahezu endlosen Liste anderer klassischer Denker oder auch bei dem von Jörn so geschätzten Ratzinger und seinem Vorgänger nachlesen.
Darum geht es aber heute garnicht mehr. Siehst Du das nicht?
Es geht einzig und allein darum, ob die Aussagen und Behauptungen der Kirche heute noch Bestand haben oder nicht. Und zwar gegenüber dem ganz normalen Volk von der Strasse. Mit verlaub aber es interessiert keinen Menschen bei der Frage, ob Gott die Welt erschaffen hat oder ob es eine Hölle gibt, die Antwort: "es kommt darauf an, wie man Wahrheit definiert."
Das sind für mich alles Scheingefechte und der fehlende Mut Fehler in der Bibel einzugestehen.
-> sehr gut geschrieben! Ich wäre auf die Reaktion eines Richters gespannt, den der Angeklagte fragt, ob er die tatsächliche oder die höhere Wahrheit hören möchte.
Dabei sagt man doch meist dem Angeklagten als Anwalt "Klappe halten, Hände falten." Welch Ironie
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Phantasie ist etwas, das sich manche Leute gar nicht vorstellen können.