Ich sehe keinen echten Vorteil darin einen religiösen Feiertag abzuschaffen und durch einen weltlichen oder sonstigen zu ersetzen.
Also wo genau läge der Vorteil, wenn man einen religiösen Feiertag abschaffen würde?
Der Vorteil läge darin, dass wir nicht weiter eine Sache als "wahr" und "tugendhaft" ausgeben würden, die überhaupt nicht wahr und tugendhaft ist. Diese alten Märchen* haben den Rang eines Feiertages überhaupt nicht verdient.
Deswegen kümmert sich kein vernünftiger Mensch um den Inhalt dieser Feiertage, und das ist schade. Hätten wir Feiertage mit einem respektablen Inhalt, dann würden die Menschen diesen Inhalt auch kennen und darüber nachdenken.
Diese Inhalte könnten durchaus auch christliche Werte darstellen. Christen könnten an diesen Tagen in die Kirche gehen, um dort eine Predigt zu hören.
Man stelle sich einen Feiertag vor, den Christen, Moslems, Juden und Atheisten gleichermaßen tragen und würdigen könnten. Das wäre auf jeden Fall besser für unsere Gesellschaft als "Maria Himmelfahrt".
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* Eigentlich sind es keine Märchen. Denn Märchen sind Erzählungen, bei denen der fiktionale Charakter zugegeben und vorausgesetzt wird. Die christlichen Feiertage werden jedoch als historisch wahr ausgegeben. Zutreffender wäre der Begriff "Lügengeschichten", aber ich wollte die Debatte nicht zu sehr emotionalisieren.
Und wie gehen Kirchenkritiker mit dem Gregorianischen Kalender um, den Papst Gregor VIII einführte? Umbennen? Die VR China übernahm ihn erst 1949.
Und statt das Datum ab Christi Geburt zu beginnen, wäre da nicht der Urknall als Anfangspunkt ideogiefreier?
Hmmmh... jaaa spannend. Ich glaube, dass der Kalender nicht hinterfragt wird. In der DDR hat man ihn ja auch übernommen und nicht den 7. Oktober 1949 als Tag 0 deklariert. Auch in der DDR gab es Weihnachten. Die Engel wurden dort zu "Jahresendfiguren mit Flügeln"... Es gab Ostern und Pfingsten, obwohl die Religionen und auch ihre Ausübung in der DDR sehr stark in den Hintergrund traten bzw unerwünscht waren. Dennoch gab es diese Feiertage. Warum war das so?
Ich denke, dass der Einfluss der Kirche auf die Gesellschaft natürlich über die Jahrtausende enorm groß ist. Der Kalender zum Beispiel ist weltweit anerkannt. Es wäre töricht, alles sofort und auf einmal abschaffen zu wollen. Es geht auch eher um eine gute Balance zwischen weltlichen Leistungen der Neuzeit und religiösen Traditionen.
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Phantasie ist etwas, das sich manche Leute gar nicht vorstellen können.
Ich habe den Eindruck, dass es in dieser Diskussion zwei Argumente gegen die Abschaffung kirchlicher Feiertage angeführt werden:
1. Bewahrung der abendländisch-christlichen Tradition
2. Wunsch nach arbeitsfreien Tagen.
Dem zweiten Wunsch wird kaum jemand widersprechen wollen. Allerdings empfinde ich es als unpassend und eher vorgeschoben, christliche Werte als Begründung anzugeben.
Beim ersten Argument, der abendländisch-christilichen Tradition, wird es schwieriger. Das heutige uns geläufige Christentum musste durch die Läuterung der Aufklärung gehen. Die Tradition des Christentums in unserer Gesellschaft ist geprägt von einem allmählichen Verlust an Deutungshoheit der Kirche hin zu Werten, die gegen die Kirche durchgesetzt wurden, die nun aber die Kirche als eigene Werte vereinnahmen will. Besonders unrühmlich tut sich die kathol. Kirche hervor, aber auch Luthers Einstellung zu Frauen, Juden, Erbsünde ist nun im 21. Jahrhundert wirklich absolut nicht vorbildlich.
Zur abendl.-christl. Tradition gehört eben auch der Wandel, nicht nur die Wurzel.
Insofern ist das Festhalten an Feiertagen, deren Ursprung nur noch einer absoluten Minderheit ernsthaft etwas bedeutet, schon kritisch zu hinterfragen. Zumal mit den Migrationsbewegungen zurecht Angehörige anderer Religionen fragen werden, weshalb ihre Traditionen nicht gleichberechtigt berücksichtigt werden.
Kekos Hinweis auf den Sonntag finde ich sehr passend. Der Hauptgrund für die Beibehaltung des arbeitsfreien Sonntags (mit Ausnahme der Ärzte, Schwestern, Mitarbeitern von Bahnhöfen, Flughäfen, usw usw) ist wohl der gesellschaftlich verbreitetete (nicht religiös motivierte) Wunsch nach einem wenigstens weitgehend sozial synchronisierten Rhythmisieren der Woche. Kirchliche Feiertage bieten aus den gleichen Gründen angenehme Unterbrechungen in unserer auf Optimierung der Abläufe und Leistung ausgerichteten Arbeitswelt. Christliche Werte im eigentlichen Sinne kann ich da aber eher nicht erkennen.
Möglicherweise schwingt hier auch einfach die Sorge mit, dass nichtkirchliche Feiertage leichter zur Dispostion gestellt werden könnten, während an einem Karfreitag nicht so einfach gerüttelt werden kann.
Der Rüdesheimer Weihnachtsmarkt zeigt sehr gut, was falsch ist an christlichen Feiertagen, und was man verbessern könnte.
• Ein "weltliches" Weihnachtsfest wäre offen für jeden Menschen. Es wäre eine Chance, sich zu begegnen. Man muss wohl nicht extra betonen, wie wichtig das heutzutage angesichts der neuen muslimischen Einwohner ist. Eine keine Bretterbude mit einem klebrigen Gebäck aus Damaskus kann da nur nützlich sein.
• Ein "christliches" Weihnachtsfest führt offenbar dazu, dass bestimmte Leute nicht erwünscht sind. Man konstruiert und zementiert die angebliche Unvereinbarkeit unserer Kulturen. Annäherung ist nicht erwünscht. Stattdessen wird Trennung gefordert und nötigenfalls mit Mobbing durchgesetzt.
Ich kann darin keine Tugend erkennen. Im Gegenteil. Man muss sich schämen.
Hier sollten die aufrechten Bürger klar Stellung beziehen: Ein allgemeiner, staatlicher Feiertag muss für alle Bürger gelten. Es ist mein gutes Recht, morgen zum Buddhismus zu konvertieren, falls ich dazu Lust bekäme. Dies kann keinen Einfluss haben auf mein Recht, Bratwurst auf einem Stadtfest zu verkaufen und einen Prospekt über Buddhismus auszulegen.
Falls sich die Kirchen und ihre Anhänger damit nicht arrangieren können, müssen sie ihre Veranstaltung in einem privaten Rahmen stattfinden lassen. Dort können sie von der Klofrau einen Nachweis ihres Glaubens einfordern, bevor sie den Job bekommt.
Die Feiertagsdiskussion zielt bei einigen hier in Richtung eines laizistisch geprägten Staates, wie z.B. Albanien, Aserbaidschan, China, Ecuador, Kosovo, Kuba, Mexico, Türkei, ... Da lebe ich lieber in unserem Staat mit ein paar Feiertagen, deren Ursprung zwar nicht "bewiesen" ist (warum muss das eigentlich bewiesen sein?), der Gesellschaft aber weitgehend synchron Zeit für sich gibt.
Ich denke, ich lebe lieber in einem Staat, in dem man Urlaubstage frei aushandeln und vernünftig begründen kann, anstatt ein Orakel in Rom zu befragen.
Ich halte es zudem für wünschenswert, dass bei der Festlegung dieser Urlaubstage jeder Bürger das gleiche Stimmrecht hat.
Ich denke, ich lebe lieber in einem Staat, in dem man Urlaubstage frei aushandeln und vernünftig begründen kann, anstatt ein Orakel in Rom zu befragen.
Ich halte es zudem für wünschenswert, dass bei der Festlegung dieser Urlaubstage jeder Bürger das gleiche Stimmrecht hat.
Aha! Viel Erfolg für die Umsetzung dieser wichtigen Änderungen! Ich freue mich schon jetzt auf den deutschlandweiten Diskussions- und Aushandlungsprozess der gemeinsamen Festlegung von "Urlaubstagen". In Assessment Centern scheitern Kandidaten schon bei der Moderation von zwei konfliktären Urlaubswünschen.