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Zitat von aequitas
… Vorhin wurde hier die Analogie der Schwachen und Starken gezogen. Das sehe ich anders: die Starken sind aktuell die "Risikogruppe", die geschützt wird und die Schwachen, das sind die Armen, die jungen Menschen, die Kurzarbeiter, die Absolventen etc....
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Zitat von Schwarzfahrer
Wer ist in der aktuellen Diskussion konkret der "Stärkere" und der "Schwächere"? Ich sehe aktuell diejenigen, die die Angst vor Corona als handlungsbestimmend sehen, weit überhöht gegenüber allen anderen Lebensrisiken und Kollateralschäden, als die Stärkeren. Diese dikteren die Vorgehensweise all denen, die die Risiken anders priorisieren, aber medial und gesellschaftlich schwächer vertreten sind. Du hast möglicherweise andere Kategrien im Sinn.
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Ja, meine Kategorien sind anders. Ich finde, ihr macht es euch zu leicht, indem ihr "schwach" und "stark" einfach umdefiniert.
Um meinen Standpunkt ganz kurz allgemein zu definieren: Ich finde, der Schwache ist der, der etwas braucht, den Starken aber nicht dazu zwingen kann, ihm das zu geben. Und bevor wir jetzt gleich in eine Detaildiskussion abdriften, möchte ich bespielhaft beschreiben, was ich damit meine.
Stichwort Corona-Maßnahmen: der Schwache ist der, der sich persönlich einschränken muss, um sein persönliches Risiko einzugrenzen, also beispielsweise ein alter Mensch mit Vorerkrankung. Der Starke kann leicht sagen, mir passiert schon nichts, ich pfeif auf Vorsichtsmaßnahmen. Damit zwingt er den Schwachen aber dazu, besonders vorsichtig zu sein. Und was könnte der Schwache tun, wenn es nicht einmal Vorschriften gäbe? Jedem Starken eine Maske umhängen?
Ums in ein Triathlonforum-Beispiel zu übersetzen: der Autofahrer auf der Landstraße kann leicht an einem Radfahrer im Zentimeterabstand vorbeirasen. Ihm passiert schon nix, wenn er den Radler erwischt, außer einem Kratzer am Auto. Der Radfahrer ist hingegen darauf angewiesen, dass ihn der Autofahrer nicht niedermäht, weil er das eventuell nicht überleben würde. Der Radfahrer "braucht" also Vorsicht und Rücksicht vom Autofahrer.
Oder seid ihr tatsächlich der Meinung, dass es alleine Sache des Radfahrers ist, sich zu schützen? Oder wird dem "schwachen" Autofahrer wirklich Zwang angetan, weil er dem "starken" Radler ausweichen muss?
Es geht mir jetzt nicht um pragmatische Kompromisse. Auch ich meide als Radfahrer stark befahrene Straßen. Aber eben deswegen, weil ich im Vergleich zum Autofahrer eindeutig der Schwächere bin. Und bitte nehmt das wirklich nur als Beispiel. Ich will hier nicht noch eine Straßenverkehrsdiskussion anstoßen. Und ich weiß, das es auch rücksichtsvolle Autofahrer gibt und bemühe mich, selbst auch ein solcher zu sein.
Den Umkehrschluss, den ihr zieht, halte ich jedenfalls tatsächlich für zynisch: dass nämlich die Schwäche den Schwachen zum Starken macht. Das funktioniert doch nicht einmal in Fällen, wo tatsächlich der Schwache sein Leben riskiert. Wenn ich im Straßenverkehr radle, erlebe ich immer wieder meine Ohnmacht und kann nur hoffen, dass der ein- oder andere rücksichtslose Autofahrer schlussendlich doch Skrupel hat, mich tatsächlich nieder zu führen.
Nach eurer Argumentation wäre ja sogar die russische Journalistin, die sich vor wenigen Tagen verbrannt hat, die Starke (die dem russischen Regime etwas aufzwingen kann). Ich denke, das ist wohl eher das demonstrative Zeichen absoluter Schwäche, wenn man (aus subjektiver Sicht) sein Leben opfern muss, um wenigstens Gehör zu finden. Obwohl man genau weiß, dass das dem Starken genau egal sein wird.