Hier kommt mein Bericht - Achtung lang
In weiser Voraussicht habe ich heute noch einen Tag Urlaub genommen, um weiter zu regenerieren und auch nachzubereiten (Wäsche waschen, etc.pp.)
Eben habe ich eben ein schönes Vollbad genommen und liege nun zufrieden und tiefenentspannt auf der Couch.
Ich nutze jetzt mal die freie Zeit, um einen Rennbericht zu verfassen.
Einen bebilderten Bericht für meinen Blog schreibe ich dann in den nächsten Tagen.
Also zu meiner Vorgeschichte muss ich hier ja nix schreiben, die ist ja hinlänglich bekannt…
Aber mir war es ziemlich wichtig, dieses „Ding“ zu fahren – warum? Dazu am Ende mehr…
Ein richtiges Rennen um Platzierungen oder eine anvisierte Endzeit sollte es aufgrund der Turbulenzen der letzten Wochen für mich nicht werden, sondern eher eine etwas längere, bergige RTF mit der Zeit den Blick mal von der Strasse nehmen zu können, um die landschaftlichen Eindrücke aufzusaugen und an den Verpflegungsstationen nicht in Rennmarnier „vorbeizufliegen“, sondern sich ebenfalls die Zeit nehmen zu können, sich ausgiebig laben und auch kurz auszuruhen.
Ich wollte an den Bergen einen ruhigen, „meinen“ Rhythmus fahren und mich nicht verleiten und mir etwas anderes aufoktroyieren zu lassen.
Ausserdem wollte ich mit meinem langdistanzunferfahrenen Teamkameraden zusammenbleiben.
Einleitung Ende
Wir kamen auf den allerletzten Drücker und ohne Ersatzschlauch (haben wir in der Eile nichtmehr gefunden) in den Startblock, stellten uns gaaanz hinten an und kaum standen wir, da ging es auch schon los.
Das es pünktlich mit dem Startschuss anfing zu regnen, muss ich ja hier nicht noch einmal betonen.
Mir machte das aber nichts aus und ich liess die Regenjacke in der Trikottasche.
Ich war bekleidet mit Radhose, Trikot, Windstopperunterhemd, Arm- und Knielingen, sowie einer Weste. An den Füssen hielten toe-covers das Schlimmste ab.
Nach dem Startschuss nahmen wir Fahrt auf und „glitten“ durch das Feld bis wir ca. im vorderen Drittel angekommen waren.
Dort entsprach die Pace der angestrebten „Reisegeschwindigkeit“ und wir reihten uns ein.
So ging es dann das Oberjoch hinauf und durch das Tannheimer Tal den Gaichtpass wieder hinunter. Einrollen – check!
Es folgte eine ca. 15 Kilometer lange Flachpassage, bevor sich das erste ernstzunehmende Hinderniss vor uns auftürmte – das Hahntennjoch.
Immer noch regnete es. Mal stärker, mal weniger stark.‘
Es lief wie gewünscht, ich fand einen guten Rhythmus und kurbelte die ersten Rampen mit einem angenehmen Puls und mit „alten Bekannten“ konversationsbetreibend locker hoch. Etwa in der Hälfte des Anstieges kam die erste Verpflegungsstation an der ich, ebenfalls plangemäss stoppte, mich ausreichend versorgte. Dann wurde es wieder steiler und die umliegenden Gipfel schneebedeckt.
Es war klar, dass die folgende Abfahrt „kniffelig“ werden würde und man sie mit Verstand angehen sollte.
Dieser Meinung waren leider nicht alle Teilnehmer und bereits in den ersten Kurven lagen zwei Kombattanten und der Heli war im Anflug.
Die Streckenposten waren aber sehr aufmerksam und engagiert und warnten mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln vor Gefahren.
Besonders gefährlich empfand ich – und das trifft auf alle Abfahrten bis auf den Stelvio zu – die durch den Almabtrieb verursachten Hinterlassenschaften unserer wiederkäuenden Freunde.
Man könnte sagen:“Scheisse, war das glatt“
In Imst angekommen, war ich komplett durchgefroren und zitterte am ganzen Leib.
An dieser Stelle gebührt dem Imster Team an der Verpflegungsstation allergrößter Lob, dass sie auch warmen Tee reichten - Weltklasse!!!
Auf dem folgenden Streckenabschnitt nach Landeck, der Regen hatte mittlerweile aufgehört, formierte sich ein sehr homogenes und super funktionierendes Grüppchen mit intelligenten, erfahrenen und mit Streckenkenntnis beschlagenen Rennfahrern, welches schliessslich in seinem Kern (6 Fahrer) bis zum Einstieg in den Umbrail - also gut 115 km !!! - zusammenblieb.
Es war ein wahrer Hochgenuss mit diesen Athleten zusammen zu fahren und ab Landeck massenweise „ROTE“, also Rennfahrer der Kurzdistanz, aufzusaugen und hinter uns zu lassen.
Die Piller- und Norbertshöhe liefen wieder richtig gut und flüssig aber man merkte, dass man bereits ca. 160 km und 3.000 hm in den Beinen hatte. Auf der Pillerhöhre bekamen wir dann auch dankenswerter Weise einen Ersatzschlauch vom Ausrüster Huchtinson, der uns ja nach wie vor fehlte.
In Nauders angekommen legten wir dann gemeinsam eine ausgiebige, mehrminütige Verpflegungspause ein.
Diese sollte die Letzte vor dem Umbrail sein – ein organisatorischer Fehler, wie sich später herausstellte.
Es ging dann, bei mittlerweile milden Temperaturen und zeitweise Sonnenschein, in dem bereits gewohnten Reisetempo über den Reschenpass und dann hinein in das Münstertal – Ouvertüre für den Scharfrichter Umbrail. Hier zerfiel dann auch unsere Zweckgemeinschaft und wir wurden zu Einzelkämpfern.
Aber VOR dem Umbrail hatte der Veranstalter noch einen kleinen „Schnapper“ mit 20%++ eingebaut, der ordentlich die Muskelfasern strapazierte.
Der Einstieg in den Pass war dann auch steil, teilweise sehr steil, um dann im Mittelteil – dem Naturstraßenstück - wieder abzuflachen und um dann erneut steil anzusteigen.
Nun trat auch das ein, was ich bereits im Vorfeld befürchtet hatte, nämlich dass die Distanz zwischen der Verpflegung in Nauders und der auf dem Umbrail zu groß gewählt war und ich fuhr mich, wie viele Mitstreiter auch, trotz umsichtigen Umgangs mit den Ressourcen „trocken“ - was einen Einbruch zur Folge hatte.
Das Witzige an der Sache war, dass in der Bankette viele Trinkflaschen lagen, von denen ich (und viele andere auch) annahm, sie seien von verzweifelten Teilnehmern weggeworfen und damit leer.
Aber der Veranstalter hatte seinen Fehler zwischenzeitlich bemerkt und ein Vorauskommando den Berg hinab geschickt, um volle Trinkflaschen zu deponieren. Dummerweise wurde das nicht kommuniziert.
Schwamm drüber – bei ca. 4° auf dem Umbrail angekommen habe ich erstmal FÜNF große Becher Cola gesoffen – ja gesoffen!
Dann ohne Ende Kuchen, Trockenobst und gesalzene Nüsse gefuttert. Zwischendurch auch noch ein Gel. Die Verpflegung war wirklich (bis auf diesen organisatorischen faux-pas) sensationell und entspricht höchsten Standards.
Mittlerweile hatte ich mich halbwegs berappelt und nahm, nunmehr zusätzlich mit Regen-/Windjacke ausgestattet, die letzten Kilo- und Höhenmeter hinauf zum Stelvio in Angriff, um mich sogleich in die folgende Achterbahn-Abfahrt der 48 Kehren zu stürzen.
Um meine Konzentrationsfähigkeit war es aber nicht mehr zum Besten bestellt und so regelte ich, auch an meinen Latexschlauch im Hinterrad und an Frau und Kinder denkend, bei 64 km/h ab. Sehr viel schneller kann man da auch nicht herunter fahren, da die Abstände zwischen den Kehren teilweise sehr knapp sind.
In Gomagoi ging es dann rechts ab und hinein in den 10 Kilometer langen, knackigen Schlussanstieg.
Richtig erholt hatte ich mich von dem Einbruch am Umbrail jedoch nicht und von nun an tat es weh.
In „Schleichfahrt“ ging es die steilen Rampen hinauf und etwa in der Hälfte legte ich eine kurze Pause ein, um auf meinen Teamkameraden Max zu warten, der ein Stückchen hinter mir fuhr und den ich in den Kehren von „oben“ sehen konnte.
Ich hatte ja auch den Ersatzschlauch und hätte es mir nicht verziehen, wenn er ohne Flickzeug im Schlussanstieg liegengeblieben wäre!
Wir setzten dann die Fahrt gemeinsam fort und nahmen uns auch noch die Zeit für ein Foto, dass man kurz vor Sulden machen lassen konnte.
Sulden und die Gewissheit vor Augen, dass die Leiden bald beendet sein würde, sausten wir dann in den Ort hinein, um dann feststellen zu müssen, dass wir uns noch weitere drei Kilo- und 200 Höhenmeter bis ans Ende des Dorfes kämpfen mussten – Notstrombetrieb!
Schlussendlich überquerten wir dann als #108 und #109 der Langstrecke nach 11:51 die Ziellinie in Sulden und ich war froh im Ziel zu sein.
Max – Hut ab!!!
Fazit:
Mein Plan ist – bis auf den Einbruch am Umbrail - sehr gut aufgegangen und es war der erhoffte versöhnliche sportliche Abschluß eines Jahres, das für mich noch etwas zu bieten hat…
Trotz kleinerer Geburtsfehler hat der
Endura Alpen-Traum das Zeug zum Klassiker und kann für manch einen durchaus der Einstieg in die Ultra-Cycling-Szene sein.
Allergrößte Hochachtung allen, die es versucht haben! Gleichgültig ob „gefinisht“ oder nicht!
Mein Mitleid gilt denjenigen, die unter dem Zeitlimitsverschiebungs-Chaos haben leiden müssen und damit das Rennen nicht haben beenden können!
Gute Besserung an alle die gestürzt sind oder anderweitig Blessuren haben erleiden müssen.
Tiefste Verneigung vor den drei Mountainbikern von Carft&Friends, die das Ding mit dem MTB gerockt haben - Ihr seid abartig!
Ich werde mir jetzt erstmal Anfang November ein neues Hüftgelenk einsetzen lassen - leider alternativlos - und hoffe, dass danach noch Einiges möglich ist...
