Auf Weihnachtsmärkten ist es kalt. Es ist eng. Es ist nass. Es ist teuer. An zahllosen Glühweinständen stehen dick eingemummelte frierende Passanten und löten sich systematisch die Birne mit fiesem Fusel aus der Kategorie "Château Schädel" zu. Irgendwann torkeln sie hilflos zwischen "lichtdurchwirkten Tannengirlanden" umher. Es ist erwiesen, dass der gezuckerte, heiße Wein schneller besoffen macht. Das ist nicht gut. Aber genau darum scheint es vielen ja zu gehen. Man muss sich das Ganze halt schön saufen.
Triefendes Fettgebäck wird auf allen Märkten zu überhöhten Preisen feilgeboten. Verkohlte Würste und Fleischspieße müssen im Stehen runtergewürgt werden. Gigantische Schwenkpfannen an Eisenketten über offenem Feuer, in denen Bratkartoffeln und sehnige Fleischbatzen kokeln, simulieren mittelalterliche Gemütlichkeit. Pfannen mit mutierten Riesen-Champignons simmern traurig vor sich hin.
Allüberall preisen Leute mit roten Mützen auf dem Kopf Tinnef an, der dann nach dem Glühwein-Genuss von willenlosen Sedierten für Unsummen erstanden wird. Zu Hause steht man kopfschüttelnd vor dem chinesischen "Kunsthandwerk aus dem Erzgebirge", den klobigen Kerzen, den rüschigen Rauschgold-Engeln, den sündhaft teuren Holzbrettern aus der hinteren Pfalz und dem Christbaumschmuck zum Eierabschrecken. Gut, dass man den entfesselten Glasbläsern und Bernsteinschleifern noch entkommen ist. Aber halt – was piekst da in der Tasche? Misteln aus dem Elsass. Gute Güte, was mag man noch alles im Suff erstanden haben!
Karussells mit blaugefrorenen Kindern drehen sich. Einigen ist von der vielen Zuckerwatte, den "Zyklopen-Fleischspießen" und den fettigen Waffeln schon schlecht. Egal, noch 'ne Runde auf dem Feuerwehrauto. Man will ja in Ruhe seinen Glühwein schlürfen. Soll der kleine Torben doch ruhig noch ein bisschen brechen.
Und irgendwo steht immer ein armer, frierender Student und bläst "Leise rieselt der Schnee" in ein Saxophon. Nicht weit davon schüttelt ein Zirkusmann rhythmisch fordernd eine Spendendose und bittet um milde Gaben für das Winterfutter seines träge neben ihm äpfelnden Ponys. Und über allem schwebt wie eine Abgaswolke der Sound grauslich-kitschiger Weihnachtsmusik. Und in jedem Song - in jedem! – hört man das enervierende Geräusch dieser Jingle Bells am Schlittens von Santa Claus.
Aber immer, wenn man sich über Weihnachtsmärkte beschwert, dann sagt einer: "Aber der in (tragen Sie hier den Namen irgendeiner malerischen Stadt in Ihrer Nähe ein), also der soll wirklich schön sein." Und dann lässt man sich überreden, fährt da hin, parkt auf einem gigantisch teuren Parkplatz, steigt aus dem Auto - schreitet durch lichtdurchwirkte Tannengirlanden, steht vor der mittelalterlichen Schwenkpfanne, riecht das Bratfett und hört die Jingle Bells, den lustlos blechblasenden Studenten und das Gelalle der Glühwein-Benebelten. Na, dann Prost!
Erinnerst du dich an die Zeit vorm Internet, als wir dachten, die Ursache für Dummheit wäre der fehlende Zugang zu Informationen? DAS war es jedenfalls nicht!
den Chateau-Clochard-"Glühwein" rühr ich auch nicht an, aber hier in Hessen gibts heissen Apfelwein, der ist ganz fein, nicht zu süß und auch weniger Umdrehungen
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Grüße
Tri-K
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He, macht Euch mal locker. Am besten mit ein paar Glühwein. Weihnachtsmarkt ist halt ein Phänomen, das man sich schön saufen muss. Aber im Unterschied zu Bezieungen zum anderen Geschlecht besteht zumindest keine Gefahr, dass man sich besoffen für lebenslänglich Weihnachtsmarkt entscheidet.
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Woher weißt du das? Wenn ich mir die alljährliche Praxis anschaue, mit der einige Zeitgenoss(inn)en dorthin strömen, kann man/fux zu anderen Ergebnissen kommen.
In meiner Erinnerung war es bisher ein periodisch auftretendes Phänomen. Ok, man könnte argumentieren, dass es auch schon Leute gibt, die zum fünften oder sechsten mal verheiratet sind. Aber das trifft dann wohl die Definition der Dummheit im Einstein‘schen Sinne.
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Geändert von Siebenschwein (25.11.2025 um 22:38 Uhr).