Ja, die Frage klingt ja mal richtig bloed... ich konkretisier das mal...
Also: Ich (21 Jahre alt) studiere im 2. Semester Informatik an der Hochschule Kempten. Zuvor hab ich 1,5 Jahre eine Ausbildung zum Verfahrensmechaniker angefangen, dann aber abgebrochen. In dieser Zeit ist mir relativ klar geworden, dass ich mit "Industrie" und "Wirtschaft" nichts zu tun haben will, wenns denn iwie moeglich ist.
Im Studium liegen mir auch vor allem die theoretischen Faecher (Algorithmen, Datenstrukturen, Theoretische Informatik), sodass fuer mich eigentlich klar ist, dass ich "in die Forschung" will.
Das ist leichter gesagt als getan, v.a. da ich keine Ahnung hab, was das eigentlich so genau heisst. Ich stell mir das aber in etwas so vor:
1. Moeglichkeit: Ich studiere fertig, mach ein paar Jahre lang nen guten Job in der "freien Wirtschaft" und dazu ne Doktorarbeit, geh ins Ausland und lass mich anschließend als Prof an ner FH/Uni anstellen.
2. Moeglichkeit: Ich studiere fertig, such mir ein Institut/forschendes Unternehmen und versuche da iwie unterzukommen.
3. Moeglichkeit: Ich studiere fertig, lass mich als Teilzeitbeamter and meiner Hochschule anstellen und "forsche" auf eigene Faust oder im losen Verband, so gesehen als "Hobby".
Jo...so dacht ich mir das, allerdings hab ich wie gesagt keine Ahnung, wie man sowas anstellt. Wenn ihr euch auskennt in dem Feld, oder Ideen habt oder iwie sowas, immer her damit :D. Danke schonmal im Vorraus.
Informatik mach' ich jetzt nicht, aber Naturwissenschaft ist es auch. Wissenschaftler beinhaltet eigentlich immer die Doktorarbeit. Ob man die an der Uni oder extern macht, ist egal, im zweiten Fall muss man sich nur einen Dr.-vater an der Uni suchen, weil nur die Uni promovieren darf. Ohne Dr. wird das nichts, auch an der FH nur sehr bedingt. Wobei die FH eher als Lehrinstitut zu sehen ist, viel eigene Forschung machen die da nicht. Eher gibt es noch Bundes-, Landes- oder andere Institute (privat), die als Forschungsinstitute fungieren (Helmholtz-, Max Planck, Bundesforschungsanstalten etc.).
Zur Promotion ist es zwingend erforderlich, ein abgeschlossenes Studium zu haben, ob FH oder Uni ist theoretisch egal. In der Praxis nehmen die Unis natürlich lieber Uni-Absolventen als FHler, dass ist aber mehr historisch begründet als berechtigt. Auf jeden Fall dürfen FHler auch promovieren, aber eben nur an einer Uni.
Sich einfach als Beamter anstellen lassen, geht nicht so einfach, die wenigsten Wissenschaftler sind Beamte. Die Stellen sind rar. In der Regel vielleicht 2-3 / Institut. Das heißt, man ist in der Regel befristet angestellt. 2-3 Jahre jeweils. Und dann gibt es noch das Wissenschaftszeitarbeitsgesetz, was besagt, dass man nach Abschluss seines Studiums nur 12 Jahre Zeit auf einer öffentlichen Stelle hat (also inkl. der Doktorarbeit), eine unbefristete Stelle zu ergattern. Und das sind eigentlich fast nur Professorenstellen und die akademischen Räte (also eben die Beamten). Wenn Du das hochrechnest, heißt das, bis ca. 40-42 Jahren Du habilitiert sein musst mit einem Ruf an die Uni. Habil alleine reicht nicht, sondern die Anstellung als Professor an der Uni/FH muss auch durch sein. Sonst stehst Du mit Anfang 40 auf der Straße und darfst bei keiner Stelle im öffentlichen Dienst mehr als Wissenschaftler angestellt werden.
Einige (gerade Informatik) gehen erst einmal in die Wirtschaft und promovieren dann neben dem Job.
Aber ein Vorschlag: frag' mal Dozenten in den Instituten, ob Du dort in den Semesterferien als Praktikant arbeiten kannst. 3-6 Wochen, dann siehst Du, wie der Wissenschaftsberuf abläuft. Und du knüpfst sehr hilfreiche Kontakte für später.....
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Faris al Sultan: "Wenn Du beim Schwimmen feststellst, dass Du Wasser in der Schwimmbrille hast, hast Du zwei Möglichkeiten: 1. Anhalten - Schwimmbrille leeren - weiterschwimmen. 2. Es ist kein Wasser in der Brille."
Als erstes mal musst du leider die Wahl deiner Hochschule überdenken. Fachhochschulen wollen und sollen ja eigentlich praxisnah und industrieorientiert ausbilden. Die richtige Wahl wäre also eher eine Universität oder technische Hochschule. Hier wird mehr Wert auf Grundlagen gelegt und die Studenten sollen auf eine wissenschaftliche Arbeit vorbereitet werden. Dazu kommt, wenn du nicht in der Wirtschaft forschen möchtest, wird der Weg wohl über eine Promotion führen. Das wird aber an den meisten Hochschulen mit einem Fh-Abschluss (auch wenn der FH-Bachelor/Master rechtlich dem Uni-Bachelor/Master gleichgestellt ist) sehr schwierig. Du wirst auf jeden Fall deutliche Probleme haben einen Betreuer zu finden, und wenn du einen findest musst du eine ganze Reihe von Prüfungsleistungen nachholen, das kostet dann auch schnell noch 1-2 Jahre.
Jetzt noch schnell der typische Werdegang vieler Wissenschaftler aus meinem Umfeld (bzw. auch von mir) aus den Ingenieurwissenschaften.
Viele fangen bereits während oder kurz nach dem Bachelor mit einer Hiwi-Tätigkeit (Hilfswissenschaftler) an einem Leerstuhl/Institut an und lernen das wissenschaftliche Arbeiten kennen. Da lernt man dann auch gleich das Leben an einem Hochschulinstitut kennen und kann sich entscheiden ob das eine Option ist.
Als Abschluss des Studiums steht dann in der Regel die Abschlussarbeit an. Wenn die wirklich gut läuft werden viele direkt übernommen und bekommen eine Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter mit Promotionsmöglichkeit.
Sollte das nicht so klappen gibt es auch viele Stellenausschreibungen für wissenschaftliche Mitarbeiter.
Grundsätzlich würde ich aber sagen: Du bist doch schon an einer Hochschule, geh einfach zur Studienberatung, die können dir das alles erklären und auch genau sagen welche Möglichkeiten es genau an deiner Hochschule gibt.
Gruß
Azrael
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A seashell in a sea of shells
Jetzt mal immer langsam mit den jungen Pferden. Das wird sich in den nächsten Jahren bei dir bestimmt noch ein paar mal ändern.
Aber informieren kostet ja nix. Ich selber hab ein FH Studium hinter mir (also nicht das klassische für "Forscher"), da aber gemerkt, dass mir das "forschen" doch liegt -> Aufbaustudium Master -> Masterarbeit sehr theoretisch -> da könnte man eigentlich noch einen Doktor machen -> bei Firma extern Doktorandenstelle -> war irgendwie nix -> Jetzt seit einem Jahr an der Uni als Wissenschaftler. Du siehst, so richtig planbar ist das nicht, aber das ist auch gut so. Lass es auf dich zukommen und schlage bei der richtigen Gelegenheit zu!
Zitat:
Zitat von BumBumFish
1. Moeglichkeit: Ich studiere fertig, mach ein paar Jahre lang nen guten Job in der "freien Wirtschaft" und dazu ne Doktorarbeit, geh ins Ausland und lass mich anschließend als Prof an ner FH/Uni anstellen.
Geht einfacher: Du machst deinen Abschluss - promovierst - mit dem Doktortitel (und vielleicht noch bisschen Erfahrung in der Ind.) läßt du dich an eine FH berufen als Prof. (viel forschen ist da aber nicht) - da du dann Prof bist ist die Schwelle ohne habil. Univ.-Prof zu werden viel geringer. (Das ist derzeit mein Plan - auch wenn ich wie oben erwähnt keinen habe... )
OK...das waren ja viele tolle lange Antworten, vielen Dank schonmal.
Ich werd mich dann wohl mal an meinen Professor/Vorgesetzten wenden, der leitet hier das Labor fuer Technomathematik und weiss da bestimmt was.
Ansonsten schau ich auch mal, was die Studienberatung so sagt.
Aber die naechsten 4 Stunden sitz ich hier erstmal fest, also nerv ich euch noch n bisschen, hehe.
Wie war jetzt eigentlich diese Sache mit der Habilitation (heisst das so?)? So wie sich das fuer mich liest, heisst das, ich hab 12 Jahre Zeit um ne Festanstellung zu kriegen und danach kann ichs im oeffentlichen Dienst vergessen, stimmt das soweit?
Weil wenn ich das richtig verstanden hab, is das ja ne Mords Arschkriecherei um da reinzukommen. Und was man so liest sind die auch nich grade reich. Da waere vllt. der Weg an ein privates Institut doch klueger?
Hat btw. jemand ne Ahnung, wie das mit Ausland (Oesterreich, Schweiz, zur Not Frankreich) aussieht? Ich hab naemlich gehoert, dass man den Doc im Ausland ohne Doktorvater machen kann und der zaehlt hierzulande dann trotzdem... Und wie siehts in den besagten Laendern eigtl. mit Professorstellen aus?
Wie war jetzt eigentlich diese Sache mit der Habilitation (heisst das so?)? So wie sich das fuer mich liest, heisst das, ich hab 12 Jahre Zeit um ne Festanstellung zu kriegen und danach kann ichs im oeffentlichen Dienst vergessen, stimmt das soweit?
Weil wenn ich das richtig verstanden hab, is das ja ne Mords Arschkriecherei um da reinzukommen. Und was man so liest sind die auch nich grade reich. Da waere vllt. der Weg an ein privates Institut doch klueger?
Yep, das ist so. Es gibt immer wieder kleinere Möglichkeiten, das Gesetz auszuhebeln, aber so grundsätzlich ist es tatsächlich, dass im öffentlichen betrieb dann Schluss ist. Private Forschungsinstitute sind daran nicht gebunden. aber Max Planck-, Helmholtz etc. halten sich da auch dran, weil sie z.T. Landes- oder Bundeseigentum (zumindest teilweise) sind.
Das mit der Arschkriecherei ist relativ. Dafür sucht man sich seinen Chef aus. Auch da gibt es nette und nicht-nette..... (bei mir ersteres )
Zitat:
Zitat von BumBumFish
Hat btw. jemand ne Ahnung, wie das mit Ausland (Oesterreich, Schweiz, zur Not Frankreich) aussieht? Ich hab naemlich gehoert, dass man den Doc im Ausland ohne Doktorvater machen kann und der zaehlt hierzulande dann trotzdem... Und wie siehts in den besagten Laendern eigtl. mit Professorstellen aus?
Zumindest von der Schweiz weiß ich es: Doktorvater brauchst Du da auch. Die sind nur etwas offener, was z.B. Absolventen der FH angeht. Da kommt man dann leichter als Doktorand unter. Stellen als Wissenschaftler kriegt man dort auch, sogar besser bezahlt als in D, aber die sind qualitativ auch recht gut angesehen, da ist die Bewerberliste entsprechend lang
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Faris al Sultan: "Wenn Du beim Schwimmen feststellst, dass Du Wasser in der Schwimmbrille hast, hast Du zwei Möglichkeiten: 1. Anhalten - Schwimmbrille leeren - weiterschwimmen. 2. Es ist kein Wasser in der Brille."
Habilitation -> Weiterqualifizierung nach der Doktorarbeit, Dr. ist mehr oder weniger richtiges forschen, habil. ist eher um zu beweisen, dass man in einem größeren Gebiet Ahnung hat, das vermitteln kann (Lehre gehört auch zum habil, eigentlich auch schon zum Dr. - und macht echt Spaß ) etc.pp.
Arschkriecherei liegt an dir. Je nachdem wie du auftrittst. Es geht auch mit Beharrlichkeit aber trotzdem integer (Nein, das ist keine Variable, nicht das du das als Informatiker verwechselst )
Reich wirst du sicherlich bloß mit der Wissenschaftlerstelle nich, aber dafür gibt es andere Vorzüge (eben z.B. das du forschen kannst). Und zum reich werden gibt es ja noch andere Wege...
Geh erst mal selbst in Dich und überleg Dir, ob Du das notwendige Frustrationspotenzial für ne Doktorarbeit mitbringst (wie lange dauert die Diss denn bei Euch? Ist das eher wie Dr. med oder doch eher ne richtige Diss? ). Ansonsten: Hattest Du schon längere Zeit ernsthaft mit Profs zu tun? Wenn ja, dann frag Dich zusätzlich, ob Du tatsächlich so werden willst wie die??