In den letzten Wochen wurde eine Hartz-IV-Debatte angestoßen.
Losgetreten wurde sie wohl durch ein Interview mit Gesundheitsminister Jens Spahn Anfang März diesen Jahres, was medial sehr viel Aufmerksamkeit auf sich zog.
Der Regierende Bürgermeister von Berlin Michael Müller sorgte wenig später ebenfalls für viel Medieninteresse.
Müller macht sich für ein solidarischen Grundeinkommen stark.
Langzeitarbeitslosen soll der Zugang zu sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen erleichtert werden mit Hilfe staatlicher geförderter gemeinnütziger Arbeit.
Dann trug ein Artikel der FAZ vom 19.03.2018 dazu bei, dass das Thema im Fokus bleibt.
Hier fand ein umstrittener Vergleich statt von Menschen bzw. Familien, welche von einem Erwerbseinkommen leben bzw. von Hartz-IV-Leistungen.
Ein ähnlicher Vergleich wurde in der Sendung Hartaberfair ein paar Tage danach in die Sendung eingebunden.
Von den aufgeführten Ereignissen habe ich mitbekommen und sie sind mir in besonderer Erinnerung geblieben, deshalb habe ich sie genannt.
Kritik am Hartz-IV-System kam bisher in erster Linie aus Reihen der Partei Die Linke.
Aktuell dringen vermehrt kritische Töne von Politikern der SPD und der Grünen an die Öffentlichkeit.
Es ist lange her, dass über Hartz IV in solchem Maße medienwirksam diskutiert worden ist.
Der Faden hier soll allen Gelegenheit geben ihre Meinung zur Debatte bzw. zu Hartz IV kundzutun oder sich darüber zu informieren, wie die so verläuft.
Gruß Thomas
(P.S.: Kürzlich habe ich einen Faden unter dem gleichen Namen eröffnet.
Der enthielt einige lange Zitate von Artikeln aus anderen Internetseiten.
Ich wurde darauf aufmerksam gemacht, dass das rechtlich zu Problemen führen könnte, woraufhin ich die Zitate entfernte.
Das hatte zur Folge, dass die meisten meiner Beiträge (sonst gab es nur ganz wenige) praktisch nur noch aus Links bestanden und somit der ganze Faden in meinen Augen kaum noch einen Wert hatte.
Ich bat darum ihn zu löschen, was gestern Abend erfolgte.
Vielen Dank dafür!
Dieser Thread soll ein kleiner Beitrag sein die Sache wieder gutzumachen.)
Über eine Passage eines Gastbeitrages vom Parteichef Bündnis 90/Die Grünen Robert Habeck für den Tagesspiegel habe ich mich ganz besonders gefreut in letzter Zeit:
Zitat:
Zitat von Robert Habeck
Wir brauchen dagegen eine neue Garantiesicherung, die in allen Lebenslagen Schutz bietet. Am einfachsten ist das in den Lebensphasen, in denen wir nicht in Konkurrenz zur Erwerbsarbeit stehen, im Alter über eine Garantierente, während der Bildung, wenn Kinder klein sind. Aber wir können da nicht Halt machen. Wir werden darüber reden müssen, auch für die Erwerbstätigen ein neues, existenzsicherndes Garantiesystem zu schaffen, das Demütigung durch Ermutigung ersetzt und Anreize für Erwerbsarbeit schafft. Diese Debatte muss jetzt beginnen. Man kann sie nicht führen, ohne über die Löhne, öffentliche Einrichtungen, Kitas, Schulen, Schwimmbäder, Busse und Kantinen zu diskutieren. Wie immer das neue System aussehen wird, es darf sicher nicht mehr Hartz heißen.
danke für den neuen Thread und die Mühe! Unter den früheren Links waren einige interessante Websites wie z.B. die https://www.nachdenkseiten.de/ .
Mir geht bei dem ganzen Problem "Hartz IV" ein sehr grundsätzliches durch den Kopf. Es betrifft die Produktivitätssteigerung. Heutzutage können aufgrund der Automatisierung (und Digitalisierung) Konsum- und Industriegüter im Überfluss von immer weniger Menschen hergestellt werden. Wenige Beschäftigte schaffen immer mehr Werte. Davon zweigen die AG-Besitzer und das Finanzkapital immer mehr ab. Auf der anderen Seite haben wir Arbeitsplätze, wo eine Rationalisierung im gleichem Umfang nicht bis gar nicht möglich ist, z.B. Ärzte, Pflegeberufe, Handwerkerberufe usf.
Deswegen muss in meinen Augen, will man eine soziale Marktwirtschaft bzw. einen Wohlfahrtsstaat erhalten, zwangsläufig eine zunehmende Umverteilung zwischen den sehr produktiven, gewinnschaffenden Wirtschaftsektoren und denjenigen Arbeitsplätzen, wo man keine Produktivität steigern kann, stattfinden. Ansonsten verarmt eine ständig wachsende Schicht von Menschen in den unproduktiven bis überflüssigen Arbeitsplätzen mit Mindestlöhnen oder in Hartz IV im Vergleich zu den Einkommen aus den rationalisierungsfähigen Sektoren, wo immer weniger Menschen beschäftigt sind.
Am konsequentesten erscheint mir persönlich als Lösung für die längerfristige Zukunft das bedindungslose Grundeinkommen für alle, das von der Höhe her den Namen wirklich verdient (wäre 1500.- zur Zeit), was utopisch erscheint. Die realisierbaren Sofortforderungen für die Verbesserung der Lebensumstände der Hartz IVer sehen natürlich etwas anders aus. Ich bin aber selbst noch zu keiner abschliessenden Meinung gekommen und finde deswegen den Thread interessant.
Wahrscheinlich wird aber der "Verarmungsprozess" erstmal weitergehen.
Es ist noch nicht so lange her, da habe ich angenommen die Hartz-IV-Sätze würden mit Hilfe von Warenkörben o.ä. ermittelt.
Tatsächlich ist es aber so, dass die durchschnittlichen Ausgaben des ärmsten Teiles der Bevölkerung dazu herangezogen werden.
Lutz Hausstein hat sich im Rahmen einer Studie damit beschäftigt, was sich für ein Hartz IV-Regelbedarf ergibt, wenn man den mit Hilfe der Warenkorbmethode bestimmt.
"Erst 730 Euro Hartz-IV-Satz decken das soziokulturelle Existenzminimum" (Stand Mai 2015) so haben die Nachdenkseiten seine Studienergebnisse kurz zusammengefasst und als Überschrift gewählt für ein Interview mit ihm:
Frau Nahles wagt einen scheuen Blick über den Rand des Schützengrabens ;-):
Zitat:
Zitat von WELT
SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles zeigte sich aufgeschlossen für ein solidarisches Grundeinkommen. „Ich bin für eine offene Debatte über die grundsätzlichen Fragen der sozialen Sicherheit.“ Dabei sei das solidarische Grundeinkommen „ein interessanter Impuls“. Dies werde aber nicht alle Probleme lösen.
Aktuell habe ich ein wenig Hoffnung die SPD, die Grünen und die Linken könnten sich in den nächsten Jahren aneinander so annähern, dass eine gemeinsame Regierung bundesweit Realität werden könnte.
Vielleicht möchte die SPD die Zeit bis zur nächsten Bundestagswahl tatsächlich nutzen sich zu wandeln und sich mehr auf alte Werte zu besinnen.
Möglicherweise wird das im Moment so ein wenig taktisch abgecheckt und vielleicht weiß da wirklich kaum einer in welche Richtung es gehen wird.
Es ist dann gut möglich, dass das Verhalten der Medien und die Art und Weise wie so manches bei der (wahlberechtigten) Bevölkerung ankommt, einen großen Einfluß haben könnte.
Auf der anderen Seite würde es mich jetzt auch nicht so wahnsinnig überraschen, wenn in ein paar Wochen kaum einer mehr von der Hartz-IV-Debatte reden würde.
Vor ein paar Jahren hörte ich das erste Mal von Inge Hannemann und zwar im Zusammenhang mit der von ihr eingereichten Petition "Arbeitslosengeld II – Abschaffung der Sanktionen und Leistungseinschränkungen (SGB II und SGB XII)".
Die Petition erreichte das Quorum (50 000 Unterschriften) und wurde daraufhin im Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages in einer öffentichen Sitzung behandelt*.
Inge Hannemann war einige Jahre Arbeitsvermittlerin in zwei Jobcentern (in Freiburg bzw. Hamburg) und äußerte sich in dieser Zeit bereits öffentlich kritisch zur Agenda 2010 und der Arbeitsmarktpolitik der damaligen Regierung.
Auf Grund von ihrer Kritik in ihrem Blog in Bezug auf die Umgangsweise mit Beziehern von Arbeitslosengeld II wurde sie vom Dienst freigestellt und erhielt Hausverbot.
Es folgten mehrere Gerichtsverfahren.
Letztendlich einigte man sich zu einem Vergleich.
Inge Hannemann arbeitete dann im Integrationsamt.
Danach habe ich nicht mehr so viel von ihr gehört.
Im Nachhinein erfuhr ich dann noch, dass sie in der Hamburger Bürgerschaft politisch aktiv und in der Linksfraktion arbeitsmarktpolitische Sprecherin war.
Zunächst war sie parteilos in der Bürgerschaft tätig.
Später trat sie in die Partei Die Linke ein.
In jungen Jahren war sie bei den Jungsozialisten.
Kürzlich zog sich Inge Hannemann aus gesundheitlichen Gründen aus der Politik zurück, was nicht bedeuten soll, dass sie politisch gar nicht mehr aktiv ist.
Die Informationen habe ich hauptsächlich aus ihrem Wikipedia-Artikel entnommen bzw. meiner Erinnerung.
Ich hoffe mir sind keine (gröberen) Fehler unterlaufen.
Inge Hannemann und ihre Anischten sind mir sehr sympathisch.
Auf der anderen Seite würde es mich jetzt auch nicht so wahnsinnig überraschen, wenn in ein paar Wochen kaum einer mehr von der Hartz-IV-Debatte reden würde.
Soweit ist es aber ja noch nicht und soweit muss es ja auch nicht unbedingt kommen.
Heute Abend geht es weiter bei Anne Will.
Inge Hannemann und Robert Habeck werden auch mitmischen : https://daserste.ndr.de/annewill/index.html
Nachtrag: Die Sendung ist noch gar nicht gelaufen und Kommentare müssen von der Redaktion freigeschaltet werden, bevor sie veröffentlicht werden, trotzdem las ich da eben (13:30 Uhr) was von 474 Kommentaren. :-)
-> https://daserste.ndr.de/annewill/arc...tzvier100.html