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Modern ist nicht zwangsläufig kompliziert. Es gab seit der Erfindung des Intervalltrainings durch Gerschler in den 30er Jahren jede Menge an komplizierten Trainingsformen, bei denen nicht nur die einzelnen Trainingseinheiten, sondern auch deren Abfolge im Mesozyklus sehr kompliziert waren, zum Beispiel bei der Blockperiodisierung der russischen Schwimmer. Kompliziertes Trainings ist also keine Erfindung der Gegenwart und schon gar nicht "modern".
Modern oder nie aus der Mode gekommen sind aus meiner Sicht vielmehr Trainingsmethoden, bei denen es sich der Athlet leicht macht und selbst was in die Tasche lügt. Wer ständig davor kneift, mal im Training an die Komfortgrenze zu gehen, spricht meistens viel von seinem ach so feinen Gespür für den eigenen Körper. Ein Trainingsplan mit klaren Vorgaben ist für die allermeisten Sportler eine gute Hilfe, mal an die Grenzen zu gehen und dem Körper etwas beizubringen, was er noch nicht kann. Den 10. Tausender in einem harten Tempo erlässt man sich eben leichter, wenn er nicht auf dem Plan steht.
Oft wird allerlei Trainings- und Ernährungsmurks mit dem Verweis auf die eigene Leistung gerechtfertigt. "Ich habe immer X trainiert und Y gegessen und war sportlich gut, also muss X und Y gut sein". Muss es nicht, noch nichteinmal auf einer individuellen Ebene der Betrachtung.
Kompliziert macht langsam? In diesem Thread gewinnt man den Eindruck, als sei komplexes Training von vornherein einem Training im Simpel-Style unterlegen. Leider ist das in den meisten Fällen nicht richtig. Bis jetzt ist noch jeder Athlet, mit dem ich zu tun hatte, mit einem gut auf ein Saisonziel hin strukturiertem Trainingsplan schneller geworden als ohne.
Selbstverständlich kommt es vor allem auf die Grundtugenden an. Trainingskilometer, Trainingskontinuität, Härte bei schweren Einheiten. Man darf sich nicht täuschen: Auch etwas vermeintlich ganz simples wie ein Tempodauerlauf eines guten Marathonläufers ist ein komplexes Ding. Dauer, Tempowahl auf wenige Sekunden genau, Vorbelastungen durch die Trainingswoche, Platzierung im Wochen- und Saisonplan, zunehmende Dauer des TDL vor einem Wettkampf, Ernährung vor- und nachher usw. Ein erfahrener Läufer macht das aus dem Effeff, trotzdem ist sein konkretes Vorgehen eine komplexe Sache, die man nicht unterschätzen darf.
Grüße,
Arne
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