Es gibt nicht nur eine Evolution, sondern mehrere Evolutionen:
Bevor es Leben gab, wirkte bereits eine physikalische und chemische Evolution. Man könnte sie bezeichnen als den "Fortbestand des Stabilen": Instabile Verbindungen zerfielen, stabile Verbindungen reicherten sich an. Aus kosmischen Staubwolken wurden Sonnensysteme und Galaxien, aus Atomen bildeten sich Moleküle und teilweise organische Verbindungen.
Die biologische Evolution zielt auf den Fortbestand des Genoms. Das ist die Evolution nach Charles Darwin und, wer dem folgen mag, Richard Dawkins.
Die kulturelle Evolution zielt auf unser erlerntes Verhalten als Individuum und als Gesellschaft. Erfolgreiches Verhalten wird von anderen kopiert und breitet sich dadurch aus. Was unter dem Begriff "erfolgreich" zu verstehen ist, ist sehr wandelbar. Ein katholischer Bischof ist mit dickem Gehalt, kostenfreier Wohnung und Dienstwagen plus Chauffeur zweifellos erfolgreich, obwohl er sich nicht fortpflanzt. Seine Strategie (Studium der Bibel) wird kopiert, breitet sich aus und führt zu einem Klerus, der in der Gesellschaft eine große Rolle spielen kann. Das selbe Verhalten, der selbe Mann würde in China kläglich scheitern. Andersherum wird das Verhalten eines Familienvaters mit 10 leiblichen Kindern weder in China noch in Deutschland viele Nachahmer finden. Er repräsentiert gegenwärtig und in den genannten Kulturen keine erfolgreiche Strategie.
Fü mich folgt daraus, dass wir im Sinne einer kulturellen Evolution sehr anpassungsfähig sind. Der Kapitalismus war eine zeitlang eine erfolgreiche Strategie, die über den ganzen Globus Nachahmer fand und sich ausbreitete. Er ist mit seinem Wachstumszwang jedoch mittlerweile ein Teil des Problems. Wir können ihn meiner Meinung nach verändern und anpassen, aber nicht in der knappen Zeit. Der Bremsweg ist zu kurz.
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