Ich habe Zivildienst gemacht. Er dauerte 18 Monate. Zwischen Abi und Studium hat mich das insgesamt 3 Jahre gekostet, aber das nur am Rande.
Während des Zivildienstes war es meine Aufgabe, alte Menschen so zu unterstützen, dass sie zu Hause wohnen konnten und nicht ins Alten- oder Pflegeheim mussten.
Manche Seniorinnen und Senioren haben nur jemanden gebraucht, der für sie einkauft und die Wohnung putzt. Das waren die leichtesten Fälle. Schwieriger waren Spaziergänge mit dementen Menschen, damit die mal aus der Wohnung kommen und die anderen Bewohner des Haushaltes für eine oder zwei Stunden durchatmen konnten.
Am anstrengendsten waren Pflegedienste für bettlägrige Menschen, die morgens in den eigenen Exkrementen lagen und erstmal komplett gewaschen werden mussten. Danach das nasse Nachthemd und die Bettwäsche in die Waschmaschine. Meine Klamotten haben den ganzen Tag nach Urin gerochen.
So ging ich täglich in die verschiedenen Haushalte, drei bis vier pro Tag. Ich habe das nicht immer gerne gemacht, fand es aber immer sinnvoll. Und ich hatte das Gefühl, mich für meine Werte und die unserer Gesellschaft einzusetzen. Obwohl man als Zivi damals als Drückeberger galt.
Wenn heute von Krieg, von Freiheit und Werten, von nationaler Identität und der Menschenwürde die Rede ist, die man mit Gewehren und Bomben zu verteidigen trachtet, kommt mir diese Zeit als Zivildienstleistender in Erinnerung. Sie hatte wenig mit diesen großen Worten gemein. Ich habe keine Heldentaten vollbracht, sondern eingekauft, vollgepinkelte Bettwäsche gewaschen und mir die Geschichten von Senioren angehört, die einsam waren.
Für mich war es so besser.
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