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Alt 01.12.2020, 23:08   #16301
Klugschnacker
Arne Dyck
triathlon-szene
Coach
 
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Registriert seit: 16.09.2006
Ort: Freiburg
Beiträge: 24.917
Zitat:
Zitat von waden Beitrag anzeigen
Aber das persönliche Bekenntnis des Kirchenmannes ist dann doch berührend und individuell nachvollziehbar.
Niemand hat etwas dagegen, wenn der Kirchenmann für sich persönlich jede Form der Sterbehilfe ablehnt. Es steht im frei, auf Sterbehilfe unter allen Umständen zu verzichten. Als Begründung für diese private Entscheidung kann er von mir aus anführen, der Schöpfer des Weltalls habe sich entsprechend mitgeteilt.

Jedoch geht es ihm gar nicht um seine private Einstellung. Sondern er möchte, dass auch alle anderen Menschen gemäß seiner Präferenzen handeln. Alle anderen Menschen sollen darauf verzichten, über ihr eigenes Lebensende zu bestimmen. Und er will, dass der Staat entsprechende Gesetze erlässt, die für alle gelten.

Eine Begründung dafür liefert er nicht, sondern verweist auf seinen Glauben. Dieser Glaube enthalte ethische Prinzipien, an die er gebunden sei. Folglich könne er an einer Debatte, die Für und Wider abwägt, nicht mit Offenheit teilnehmen.

Letzteres ist aber nicht wahr, sondern eine Immunisierung vor Gegenargumenten. Der christliche Glaube hat in seinen Fundamenten keine verbindlichen Aussagen zur hier debattierten Selbsttötung und zur Beihilfe zur Selbsttötung. Das wird lediglich behauptet, solange es nützlich erscheint. An anderer Stelle wird durchaus getötet, in der Bibel sogar von Gott selbst.

Eine identische Haltung gibt es bei der Stellung der Frau in der katholischen Kirche. Auch hier wird kirchlicherseits so getan, als habe man sich festen christlichen Grundsätzen zu unterwerfen. Folglich könnten Frauen keine höheren Ämter in der Kirche bekleiden, auch wenn der moderne Zeitgeist dies bedauern mag. Auch hier handelt es sich nur um eine Behauptung. Der Verweis auf christliche Grundsätze ist eine Immunisierung vor Gegenargumenten.

Dieses Grundmuster findet man in den Kirchen an zahlreichen Stellen. Dürfen homosexuelle Menschen heiraten? In dieser Kirche ja, in jener nein. Darf eine Frau Pastorin werden? In dieser Kirche ja, in jener nein. Kommen ungetauft verstorbene Säuglinge in die Hölle? Früher ja, heute so halb. Zu fast jeder bedeutenden ethischen Frage gibt es in den christlichen Kirchen unterschiedliche Positionen, die sich auf dieselbe heilige Schrift berufen. Der vorgeblich strikte moralische Kompass des Christentums existiert in der Realität nicht. Er wird nur dort behauptet, wo man sich einem offenen Austausch von Argumente entziehen möchte.

Meiner Meinung nach ist das einer der wesentlichen Gründe, warum den christlichen Kirchen in der westlichen Welt die Mitglieder davonlaufen. Wer kann sich heute noch die Debatte in der katholischen Kirche antun, ob Frauen vom Schöpfer des Weltalls dazu bestimmt seien, den Glauben zu verkündigen? Wer erträgt noch die Behauptung, der Schöpfer wolle den Menschen lieber langsam verrecken sehen als mit einem Medikament human zu entschlafen?

Für sich selber kann der Kirchenmann das gerne machen. Sein Bestreben, das auch für alle anderen Menschen durchzusetzen, bekommt von mir keinen Applaus.
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