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Zitat von gaehnforscher
@Schnodo: Mich würde diese Grenze tatsächlich interessieren! Vllt (und das meine ich ehrlich) hapert meine Wahrnehmung da ja an der ein oder anderen Stelle. Dass ich nicht alles super finde was die Linke so möchte hab ich ja schon geschrieben.
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Es ist zwar schwierig, weil auch ziemlich persönlich, aber ich will es trotzdem versuchen. Mein Vater, geboren in Nermsdorf in Thüringen, hatte noch vor dem Mauerbau "rübergemacht", weil man ihn, der er ein hochgelobter "Aktivist" war, nötigen wollte in die SED einzutreten. Darauf hatte er keine Lust. Er konnte nicht einmal der Beerdigung seiner Mutter beiwohnen. Meine Freundin zur Zeit des Mauerfalls war ursprünglich aus Sachsen. Von daher habe ich mitbekommen, wie die deutsche Trennung von Betroffenen empfunden wurde und habe meine Einschätzung nicht nur aus der westlichen Propaganda, die für meine Begriffe angesichts familiärer Bande ziemlich zurückhaltend war.
In Summe war aus meiner Sicht die DDR ein Staat, der die Menschenrechte seiner Bürger mit Füßen trat und denjenigen, die nicht konform gingen, die Hoffnung auf Lebensglück und Freiheit stahl.
Man muss sich vor Augen führen, dass die SED aus denjenigen bestand, die in diesem Konstrukt das Sagen hatten und durch den Zerfall der DDR am meisten verloren. Ich habe, mit dieser Einschätzung im Blick, die Entstehung der Linken aus der SED, später PDS und Lafontaines
WASG verfolgt. Durch die Zusammenlegung von PDS und WASG wurde die SED-Substanz verwässert, aber in weiten Teilen hat die Legende der Revanchisten überlebt.
Diese alten und neuen Rückwärtsgewandten wollen nicht glauben, dass das Experiment "real existierender Sozialismus" prinzipiell gescheitert ist, sondern geben dem bösen Westen die Schuld und wollen es am liebsten noch einmal mit anderem Personal und größerem Umfang versuchen. Diese Leute vererben die Parteifolklore an die Jungen - und diejenigen die nicht dabei waren, weil im Westen angesiedelt - weiter. Im Programm der Linken hört man heute noch die nostalgische Verklärung der DDR heraus.
Zitat:
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Die Geschichte der DDR, auch die der SED, auf den Stalinismus zu verkürzen, ist jedoch unhistorisch und unwahr. Auch in der DDR gab es in unterschiedlichen Etappen eine lebendige Sozialismus-Diskussion, eine reiche kulturelle und geistige Landschaft, groß-artige Filme, Romane, bildende Künste, Musik und eine engagierte Vermittlung von Kunst, Kultur und Bildung in die Bevölkerung.
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Ein Traum!
Die meisten Punkte im Programm der Linken zu Unternehmensbesteuerung, Einkommensteuer und Vermögenssteuer sehe ich als Vorboten der Umwandlung der Bundesrepublik in die Reinkarnation des "Arbeiter-und-Bauern-Staats".
Die "soziale Marktwirtschaft", wie wir sie momentan erleben, ist nicht das Gelbe vom Ei. Aber aus meiner Sicht hat sie uns ungleich mehr Entfaltungsmöglichkeiten gebracht als der Sozialismus, der in allen bisherigen Versuchen grandios gescheitert ist. Allein die Existenz eines Straftatbestands der "
Republikflucht" sollte einem im Prinzip schon alles sagen, was man wissen muss. Ich werde deshalb meine Stimme keiner Partei geben, die ich auch nur im Ansatz verdächtige, das System der DDR wiederbeleben zu wollen. Und für den Verdacht gibt es angesichts der Geschichtsschönung, die führende Linke betreiben, genügend Anlass.
Ob es nun darum geht, dass es
keinen Schießbefehl an der Grenze gab und die DDR kein Unrechtsstaat war, Stalin als
Erschaffer einer "modernen Großmacht" gelobt wird oder Frau Lötzsch den
Kommunismus als Zielvorgabe aufstellt, Warnsignale sehe ich viele.
Von unredlichen Kleinigkeiten wie der
Verarschung des Zuschauers bei
irgendwelchen Talkrunden will ich gar nicht erst anfangen - mache es aber doch, wenn es mir schon gerade einfällt.
Mit solchen Tricks arbeiten leider wohl alle, wenn sie damit durchkommen. Schäbigkeit ist also kein Alleinstellungsmerkmal der Linken.
Viel Punkte im Parteiprogramm der Linken finde ich sympathisch, manches ist dringend angeraten. Gysi bewundere ich als intelligenten, scharfzüngigen und witzigen Diskutanten.
Ich traue den Brüdern aber dennoch keinen Meter über den Weg und ich sehne mich nicht nach der "Überwindung des Kapitalismus". Das hatten wir schon.
Das soll nun aber mein Schlusswort dazu gewesen sein. Sorry an alle, die an dieser Stelle lieber was über Nazis lesen wollen.
