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Alt 03.08.2015, 10:38   #5989
Klugschnacker
Arne Dyck
triathlon-szene
Coach
 
Benutzerbild von Klugschnacker
 
Registriert seit: 16.09.2006
Ort: Freiburg
Beiträge: 24.704
Loretta, lass doch bitte die persönlichen Angriffe. Falls Du kein Interesse an meiner Meinung hast, sage es mir bitte, dann können wir uns diesen Austausch sparen.

Du sagst, die sauberen Fahrer, falls es welche gab, seien von Jan Ullrich betrogen worden. Dieses Argument liest man gelegentlich von Kommentatoren, die dem Radsport nicht sehr nahe stehen. Ein ungedopter Fahrer hätte von einem ungedopten Jan Ullrich ziemlich sicher nur das Hinterrad gesehen, denn es gab nicht viele Fahrer seines Talents. Wir sprechen also hier nur von einer handvoll Fahrer, die für dieses Argument infrage kommen. War von diesen Spitzenfahrern einer sauber? Falls ja, trifft Dein Argument zu. Falls nein, handelt es sich um eine theoretische Überlegung, für die es in der Realität des Radsport keine reale Entsprechung gibt.

Zweiter Punkt. Der Begriff des Betrugs beinhaltet stets eine arglistige Täuschung. Ich verkaufe Dir ein Auto und verschweige Dir bewusst einen Reifenschaden, dann habe ich Dich betrogen. Sobald beide Parteien Bescheid wissen, handelt es sich nicht um einen Betrug. Die Frage ist also, wer wusste über die realen Zustände im Profiradsport Bescheid, und wer nicht:

- die anderen Radprofis
- die Teamchefs
- die Sponsoren
- die Zuschauer

Ich kann diese Frage nicht beantworten; bezüglich der Radprofis scheint mir aber sonnenklar, dass alle Bescheid wussten. Es war ja nicht so, dass es irgendwann in der Geschichte einen sauberen Radsport gegeben hätte, der dann plötzlich von gedopten Fahrern, quasi als Einzeltäter, korrumpiert worden sei, und einige saubere Fahrer hätten das nicht gemerkt. Im Radsport der Profis wurde schon immer gedopt. Er ähnelt in seiner Geschichte auch eher dem Kirmesboxen, war also stets mehr Spektakel als ein Sport nach der olympischen Idee.

Du machst es Dir meiner Meinung nach zu leicht, wenn Du alle gedopten Radprofis (und das sind fast alle) als Betrüger bezeichnest. Sogar Dopingjäger Prof. Werner Franke sieht das differenzierter:
Franke sieht in Ullrich weniger einen Täter als vielmehr ein willfähriges Opfer: „Ich habe immer gesagt: Meine Äußerungen richten sich nicht primär gegen Jan Ullrich, sondern gegen die, die ich für verantwortlich halte". Quelle
Dritter Punkt. Um Ullrichs Dopingvergehen moralisch zu bewerten, genügt es nicht, das Regelwerk aufzuschlagen und den entsprechenden Paragrafen zu suchen. Wäre es tatsächlich so einfach, hättest Du natürlich recht. Es kommt jedoch auch darauf an, wie Jan Ullrich die Sache aus seinen Augen gesehen hat. Ich betone dabei das Wort "auch". Er hat sich selbst als Betrogenen wahrgenommen, dem zweitklassige Helfer um die Ohren gefahren sind.

(Beispiel: Santiago Botero war als Ullrichs Helfer im Juli 2004 bei der Tour so schlapp, dass er immer im ersten Etappendrittel die Flaschen holen musste, was sonst die Aufgabe der Jungprofis ist. Im August versenkte er Ullrich dann im olympischen Zeitfahren(!). Sieger wurde der Bergfloh und Armstrong-Helfer Tyler Hamilton. Er flog gedopt auf, aber die B-Probe wurde versehentlich(!) falsch gelagert, sodass er die Goldmedaille behielt.)

Du kannst doch nicht ernsthaft aus dieser Parallelgesellschaft aus Fahrern, Funktionären, Verbänden, bestochenen Kontrolleuren und Dopinglabors, sowie scheinheiligen Großsponsoren einen oder zwei Radfahrer herauspicken und ihnen das ganze Dilemma des Radsports anlasten.

Grüße,
Arne
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