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triathlon-szene.de | Europas aktivstes Triathlon Forum - Einzelnen Beitrag anzeigen - Putin und die Ukraine
Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 20.04.2022, 11:32   #4248
Hafu
 
Beiträge: n/a
Zitat:
Zitat von Klugschnacker Beitrag anzeigen
Meine eigene Haltung zu den Waffenlieferungen ist zwiegespalten. Ich hätte zu Beginn des Krieges eine militärische Kapitulation der Ukraine für richtig gehalten. Das meiste, wofür zu kämpfen sich lohnt, lässt sich nach meiner Überzeugung innerhalb von ein, zwei Generationen auch ohne Krieg erreichen.

Mittlerweile ist das Kind aber in den Brunnen gefallen. Der Krieg ist da und die Gewaltspirale dreht sich immer weiter. In der jetzigen Situation befürworte ich mit knapper innerer Mehrheit die Lieferung von Waffen an die Ukraine.

Vielen Dank für dieses Statement.

Ich bin grundätzlich auch ein Gegner militärischer Hochrüstung, weil sich mit Waffen leider viel Geld verdienen lässt und alleine deshalb militärische Rüstung oft von wirtschaftlichen Profiteuren interessengetrieben ist.
Aber in diesem konkreten Szenario eines imperialen Angriffskrieges gegen einen souveränen, im Kern friedliebenden und keineswegs provozierenden oder sonstwie zündelnden Nachbarstaat sind IMHO die Voraussetzungen ausnahmweise mal andere als in sonstigen regionalen globalen Konflikten der Vergangenheit.


Zitat:
Zitat von Klugschnacker Beitrag anzeigen

An folgenden Punkten bleibe ich aber immer wieder hängen:

1. Ich halte eine militärische Niederlage der Ukraine und einen Friedensschluss am Verhandlungstisch als den wahrscheinlichsten Ausgang des Krieges. Erhöhen wir mit den Waffenlieferungen nicht die Dauer des Krieges und die Zahl der Toten?
Ich halte die Ukraine bereits im gegenwärtigen Zustandes ihres Militärs (ohne weitere westliche Waffenlieferungen) für stark genug, eine Kapitulation abwenden zu können. Ohne Lieferung schwerer Waffen wäre ein langwieriger Abnutzungs- und Stellungskrieg, ggf in russisch besetzten Gebieten ergänzt durch einen ebenfalls blutigen Partisanenkrieg das wahrscheinlichste Szenario.
Jede Lieferung schwerer Waffen (und außer Deutschland machen das ja viele EU-Länder neben den USA bereits) erhöht demgegenüber die Wahrscheinlichkeit, dass der russische Angriff nicht nur abgewehrt, sondern wie in Kiew zurückgeschlagen werden kann

Zitat:
Zitat von Klugschnacker Beitrag anzeigen
2. Wir üben Druck auf Russland aus, an den Verhandlungstisch zu kommen, offen für Kompromisse zu sein und einen Friedensvertrag auszuhandeln. Auch der ukrainischen Regierung sollten wir diesbezüglich Druck machen, um den Krieg schnellstmöglich zu beenden. Meiner Kenntnis nach tun wir das nicht, sondern liefern immer mehr Waffen.
Angesichts der Kriegsverbrechen, die Russland nachweislich in Mariopol, Butcha sowie an vielen anderen Orten in der Ukraine angerichtet hat, steht es uns aktuell beim aktuellen militärischen Zwischenstand nicht zu, der Ukraine Druck zu machen, mit einem verbrecherischen Aggressor mehr als bisher zu verhandeln.
Die Ergebnisse der Istanbuler Friedensgespräche, die durchaus die Basis für Verhandlungen auf höchster Ebene zwischen Putin und Zelensky hätten bilden können und in denen die Ukraine weitgehende Zugeständnisse mit der Bereitschaft zu Volksabstimmungen in der Ostukraine angeboten hat, wurden ja vom Kreml verworfen zugunsten einer Verlagerung der Kriegshandlungen in die Ostukraine und nicht von der Ukraine.


Zitat:
Zitat von Klugschnacker Beitrag anzeigen
3. Wir sind Kriegspartei. Zumindest wird Putin das so sehen und allein darauf kommt es an. Aus seiner Sicht hat der Krieg bereits einen größeren Rahmen, vor allem durch das Engagement der Amerikaner, welches größer ist als das aller anderen Länder zusammen. Während der Westen sich spitzfindig die Nichtteilnahme an diesem Krieg einredet, dürfte Putin sich gedanklich bereits in einem überregionalen Konflikt sehen. Die Gefahr einer atomaren Auseinandersetzung, zunächst in der Ukraine, steigt. Wie können wir diese Eskalation stoppen?
Dass wir partiell Kriegspartei sind das ist aus russischer Sicht so und das wird sich auch nicht mehr ändern. Der Konflikt ist nunmal überregional, denn auch die UN hat sich mit mehreren Resolutionen klar positioniert, die USA in Form expliziter Aussagen von Biden zu den Kriegsverbrechen und zum Ziel eines Regime-Changes sowieso, ebenso wie die Kremlpropaganda.
Das Kreml-Narrativ, dass Russland nicht nur gegen die Ukraine im Dombass und vor Kiew kämpft sondern gegen den gesamten Westen kann sogar hilfreich sein, wenn Russland sich irgendwann zurückziehen muss, da es seine konventionellen militärischen Optionen aufgebraucht hat.

Eine militärische Niederlage gegen die NATO ist innenpolitisch für Putins Propaganda leichter zu erklären (und es ließe sich daraus eine "der Klügere gibt nach"-Geschichte stricken) als eine militärische Niederlage gegen die aus russischer Sicht kleine
Ukraine.
Ob es zu einer weiteren Eskalation (mit Einsatz von nuklearen Waffen in der Ukraine) hängt einerseits davon ab, wie weit Putin den Kontakt mit der Realität verloren hat und nur noch an das eigene Ego anstatt zumindest partiell auch an die Zukunft seines Landes denkt und hängt andererseits auch davon ab, welche Signale ihm China (und evt. auch Indien), seine einzigen wirtschaftlich bedeutenden verbliebenen Partner intern senden. Ich halte es angesichts der globalen Handels-Interessen von China und Indien für extrem unwahrscheinlich, dass Putin aus dieser Richtung eine Ermutigung in Richtung nuklearer Eskalation erhalten könnte.
China wird aber ganz sicher für die Kommunikation mit Russland auf höchster Regierungsebene nicht den Weg über die Presse bzw. offiziellen diplomatische Statements oder Pressekonferenzen gehen, sondern hier verdeckt mit Putin komunizieren.