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4 Radtage Südbaden
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triathlon-szene.de | Europas aktivstes Triathlon Forum - Einzelnen Beitrag anzeigen - Ironman Hamburg 2021
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Alt 31.08.2021, 10:45   #343
flachy
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Hamburg - Race Report 2021

Back2Racing Baby!
Ganz anders als der Spruch meines Vaters in früheren Tagen, wenn er meine mit „Lieblingsklamotten“ aus meinem Teenager-Leben als Läufer und Heavy Metalfan zugehängte 8m² Bude in der elterlichen Wohnung mit dem Spruch:
„Wie schnell doch so ein Jahr vergeht, schon wieder mal warm duschen für Dich angesagt!“ betrat, so ewig lang kam mir die Pandemie-bedingte Ironman-Pause seit 2019 vor.
Und dann seit Monaten die bange Frage „Kann der Ironman Hamburg stattfinden? Oder doch nicht?
Inzidenz runter, alle Klubs, Kneipen und Shops auf!
Na hoppla, Inzidenz geht doch wieder hoch, am Besten, alle schnell nach Hause zum nächsten Lock Down“.
Dann endlich die klare Ansage der Stadt – „WIR ZIEHEN DEN IRONMAN FÜR EUCH DURCH!!!“ – und die Vorfreude auf die Stadt und unser Familienwochenende im Norden war riesig!
HH4.jpg
Der Pool wartet auf uns - Freitagabend noch mit Sonnenschein

Raceday, 06:30 Uhr und während das Profirennen startete, stand ich im Niesel, mit Mundschutz und in Hotellschlappen am LKW, um meine Habseligkeiten für den Nachmittag abzugeben.
Es war kalt, es war dunkel, feucht sowieso – und die Vorfreude auf einen spannenden Tag mit viel Sport an der frischen Luft war einfach großartig!!!
10 Minuten später ordnete ich mich in die Startbox für die Athleten mit einer angepeilten Schwimmzeit von 65 Minuten ein.
Bis April war ich, wie alle um mich herum, die vorhergegangenen 8 Monate ein zertifizierter Nichtschwimmer – es gab schlichtweg keine geöffneten Schwimmbäder.
Und um mich den Lausitzer Eisbadern anzuschliessen, die sich regelmäßig ihr Eisloch in den Steinbruch hackten und dort eine Weile hin und her paddelten – dazu war ich im Kopf einfach nicht hart genug.
Somit startete die Schwimmsaison wie 2020 bereits bei knapp 14 Grad Wassertemperatur in unserem Teufelsbruch erst im Mai.
Ein heftiger Schwimmblock mit mehreren „Double Swim Days“ Ende Juli und im August brachte mir aber mächtig Selbsvertrauen und der tolle Hamburger Pool „Alster“ tat sein übriges.
Und schon war ich an der Rampe und es lief mein Countdown runter!
5 (ich versuchte mir die Maske von den Ohren zu zerren, hatte natürlich meine beiden Badekappen bis tief über die Ohren ob der kalten 17 Grad Wassertemperatur gezogen)
4 (Scheisse, Maske klemmt)
3 (geil, Maskengummis gerissen, Ohren brennen wie Sau)
2 (Maske ab aber Ohren scheinen noch dran zu sein)
1 (muß meine Uhr starten)
GO!!! (bloß nicht auf die Fresse fliegen bei den 5 Schritten die steile Rampe runter).

Und KALT!
Und DUNKEL!
Und LÄUFT GEIL!!!

Die knapp 4 Kilometer Sightseeing im Wasser flogen trotz der Dunkelheit über und unter dem Wasser an meiner hellen, ungetönten Brille genauso schnell vorbei, wie meine Arme durch das frische Alsterwasser pflügten – was für ein Fest!
60 Minuten und paar Sekunden später zogen mich vor gigantischer Kulisse direkt vor dem Rathaus helfende Hände aus dem Wasser auf die Rampe und dann begann der lange Marsch über Hamburgs Promeniermeile.
Stolze 750 Meter vom Swim-Exit bis zum Radaufstieg zeigte mir meine Suunto später am Abend. Und da mein Rad gleich am Anfang der Wechslezone stand, konnte ich das Bike und vor allem mich nach dem kalten Renn-Auftakt gute 600 Meter „warm“ schieben, bevor ich die Kurbel das erste Mal drehte.
HH5.jpg
Raceready - mein "used Bike" unterm Vordach am Samstag vor dem Rennen und der kleinen Auftaktrunde mit Wotto - der einzige trockene Moment für mein Bike an diesem Wochenende

Trotz Überschuhen und zweiter Windweste klapperte ich die erste Runde auf dem Bike doch ziemlich erbärmlich und freute mich jedes Mal, wenn wir die 500 Meter durch den Wallringtunnel demmeln durften!
Da war der Belag trocken und durch die abgestandene Luft war es für eine knappe Minute doch gleich mal 5 Grad wärmer. Und jedes Mal endete die Fahrt durch diese Wohlfühloase für die nächsten knapp 60 Kilometer mit einem feinen Ganzkörperschauer von oben.
Nach 15 Kilometern waren wir aus der Stadt und die Strecke schlängelte sich angenehm auf einer feinen Straße bis zur Wende nach 30 Kilometern dahin.
Bei mir lief es supergut, es war mein erster Ironman mit Wattmesser und ich wollte im Schnitt 230 Watt treten und das Bike nach 4:45h wieder an der Alster abstellen.
Warum?
Mein FTP liegt bei 320 Watt und bei den Olympischen Distanzen dieses Jahr bin ich sehr gut mit 276-280 Watt durchgekommen.
Alle meine längeren Intervalle im Training bin ich ebenfalls mit 260-300 Watt sehr gut gefahren.
Also dachte ich mir, kann bei 230 Watt nix schiefgehen und der Marathon hinten drauf fetzt dann ebenfalls noch!
Nach der ersten Radstunde hatte ich 228 Watt, 37,5km/h – passt.
Leider drückte mir aber bereits seit dem Radaufstieg die Blase. Was mach ich da jetzt? Öffentliches Pinkeln wird zurecht mit Rot geahndet.
Andererseits lief mir seit Anbeginn sowieso der Schmodder die ganze Zeit die Beine runter. Aber die Hemmschwelle ist einfach noch zu groß...
Sowas trainiert (ein normaler Athlet) ja auch nicht im Training, das ist ja einfach nur eklig. Also im Nirwana zwischen den Schafen kurz abgestoppt, Geschäft erledigt, weiter.
Und wieder piepte die Uhr.
Ich hatte den Timer alle 20 Minuten gestellt, um mich an die Energieaufnahme zu erinnern.
Naja, und ab Kilometer 50 wurde es dann meine neue Art des Koppeltrainings: Suunto piept, kurz auf 40 km/h und 270 Watt beschleunigt, ein Schluck aus der Gel-Pulle, aus dem Sattel, Stretching, „Laufen lassen“ und bei 20 km/h und 0 Watt dann wieder mit dem Pedalieren eingesetzt.
Gute 10 Mal habe ich diese Art des „blasenschwachen Koppeltrainings“ geübt, 14 Gels aus meiner Radpulle verdrückt, während es unten wieder „rauslief“.
So im Nachhinein klingt das alles ziemlich assozial – aber im Rennen selbst war mir das scheissegal.
Zumal es mich „untenrum“ für Augenblicke auch kurzzeitig prima erwärmt hat…
Meinen Schnitt habe ich dadurch leider auf bissl über 36 km/h sowie 217 Watt altersgerecht abgesenkt.
Dann hatte dieser Kampf „Not gegen Elend“ endlich ein Ende, ich hatte gute 179 Kilometer auf dem Tacho und durfte mein Bike wieder an der Alster einparken.
Und ganz ehrlich - trotz der kurzweiligen Radstrecke – wohl auch zum Teil durch mein eigenes Unvermögen, wurde mir niemals langweilig und es fühlte sich durchweg wie eine Anfahrt zum eigentlichen Intervalltraining an.
Aber wer weiß, wie das noch weiter geht - hatte ich die letzten 2 Stunden auf dem Bike meinen Fokus komplett auf ein ehrliches, aufrechtes Finish irgendwann vor dem Rathaus gelegt – Don’t give up!!!

P.S.:
Es gäbe noch einen zweiten Teil vom Rennen.
Leider ähnlich lang, falls Interesse besteht, stell ich den gern auch noch ein, kurze Info genügt und bis dahin - SPORT FREI!
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