Zitat:
Zitat von Schwarzfahrer
Daß die Risikogruppen geimpft sind, ist ein Ergebnis pragmatisch-rationalen und ethischen Handelns, mit dem Ziel, möglichst viele Todesfälle und schwere Erkrankungen zu verhindern. Mit Solidarität hat es nichts zu tun. Solidarität ist etwas freiwilliges, ein Verzicht des Einzelnen auf etwas zum Wohle von anderen. Dies war ein (m.M.n. höchst sinnvoller) Beschluß der Regierung.
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Dein Argument besteht aus meiner Sicht hauptsächlich in einer Umdefinition der Begriffe:
Solidarität gäbe es nur zwischen Individuen, nicht aber zwischen Gruppen. Außerdem seien die Handlungen der Regierungen nicht der Wille des einzelnen Individuums, folglich hätten die Entscheidungen gewählter Regierungen mit Solidarität nichts zu tun, denn es fehle die Freiwilligkeit des Einzelnen.
Aus meiner Sicht gibt es sehr wohl Solidarität und solidarisches Handeln zwischen Gruppen. Ein Beispiel ist die Umverteilung von Geldern über das Steuersystem: Hier ist nicht Herr Schmitt solidarisch mit Frau Meier, sondern die Gruppe der Wohlhabenden mit der Gruppe der prekär lebenden Menschen. Dasselbe gilt für das Rentensystem und die Krankenkassen. Ein Krebspatient bekommt seine teure Behandlung aus der Gemeinschaftskasse der Solidargemeinschaft finanziert. Auch die NATO ist eine Solidargemeinschaft: Wenn ein Mitgliedsstaat angegriffen wird, sind die anderen zur Hilfe verpflichtet. Solidarität gibt es also sogar zwischen verschiedenen Staaten.
Solidarität unterscheidet sich von den Almosen durch die Gegenseitigkeit. Wir sind solidarisch mit der Impfgruppe der besonders vulnerablen Menschen, erwarten aber auch deren Solidarität nach geleisteter Hilfe.
In einer Demokratie von über 80.000.000 Menschen entscheidet selbstverständlich nicht der Einzelne über solche Fragen. Weder kann der Einzelne die Krebstherapie eines Mitmenschen bezahlen, noch ein angegriffenes Land gegen einen Angreifer verteidigen. Stattdessen leisten wir uns ein demokratisches politisches System von Vertretern, um gemeinsames Handeln zu ermöglichen.