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Fridolin Tschudi:
Früher
Früher war der Winter strenger,
knirschend kalt und klirrend klar,
wiesenweiter, stubenenger,
flockenweiß und wunderbar…
Schneebedeckte Steinfiguren,
Pferdewiehern, Peitschenknall,
Schellenklingklang, Schlittenspuren
Und gedämpfter Widerhall…
Damals trug man Pelarinen,
Breeches und Manchestersamt,
und man sah durch die Gardinen
Glaslaternen, gelb entflammt…
Alle Freuden des Entdeckers
Kannten Nase, Aug und Ohr,
und der Duft des Zuckerbäckers
stieg das Treppenhaus empor…
Und er trug uns in die Ferne,
mandelsüß und honigweich,
bis ins Land der Zimmetsterne,
Traumgefild und Himmelreich.
Früher war der Winter strenger,
biswindscharf und bitterkalt;
doch wir lieben ihn je länger,
desto mehr – uns werden alt.
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Das Leben ist ein Zeichnen ohne die Korrekturmöglichkeiten des Radiergummis.
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