|
Szenekenner
Registriert seit: 30.05.2010
Beiträge: 6.166
|
Notizen aus Indien - Teil 6: Reise auf eine Zwergeninsel
Leider gibt es aktuell nicht die im Reiseführer erwähnte Fährt mit dem öffentlichen Boot von Alleppey nach Kollam. Es sind um diese Zeit wohl noch zu wenig Touristen da, die diese Fahrt überwiegend machen. Also fahren wir mit dem Bus.
Eine gute Entscheidung, denn es eine super Fahrt! Als unser Bus kommt, ist er schon rappelvoll und jetzt wollen noch all diese wartenden Inder hinein und wir mit unseren monströsen Rucksäcken! Auf die Drängelei bin ich Dank der Beschreibungen im Reiseführer bestens vorbereitet und gebe keinen Millimeter nach. Mit vollem Körpereinsatz quetsche ich mich vor dem drängelnden und fluchenden Indern hinein, der mich wegschubsen wollte. Ha! Nicht mit mir! Björn kommt auch noch rein, aber unglücklich mitten im Eingang zum Stehen. Manche Inder murren. Er wird angesprochen und sagt, dass er nach hinten durch geht, sobald da Platz ist. Ein paar Inder machen ein bisschen Platz und Björn macht einen mutigen Vorstoß ins Heck des Buses, ich hinterher. Es ist so eng und die Situation so absurd, dass ich erst mal einen kleinen Lachanfall bekomme, zur allgemeinen Erheiterung der umstehenden Inder. Björn kriegt seinen Rucksack vom Rücken, ich irgendwie unter Gelächter von mir und den Indern auch und dann bietet mir ein junger Typ doch tatsächlich seinen kostbaren Sitzplatz an! Wie unglaublich freundlich von ihm, zumal er noch eine ganze Weile fährt, bevor er aussteigt. Irgendwann steigt sogar noch der Typ neben mir aus, so dass auch Björn sitzen kann und wir so ganz bequem, mit meinem Rucksack auf dem Schoß, sitzen und zum offenen Fenster hinaus staunen können.
Der Fahrer macht dem Namen des Buses "super fast" alle Ehre und fährt wie ein Henker. Wild hupend überholt er beinahe alles und jeden und für mich ist es wieder ein Riesenspaß! Mir, der sonst in Bussen fast grundsätzlich kotzübel wird, wird nicht mal schlecht, weil die indischen Busse herrlich ungepolstert und ruppig sind und ihnen alles Sanfte, Schaulende abgeht, was bei mir sonst immer Übelkeit auslöst.
Die Fahrt macht viel Spaß, weil's draußen fast immer was zu sehen gibt, drinnen Leute zu begucken sind und ich mit einem bildhübschen, etwa siebenjährigen Mädchen flirte, die einen Keks von mir annimmt und mir immer wieder mit einem strahlenden Lächeln zuwinkt, als sie auf der Hälfte der Strecke mit ihrer ebenso hübschen Mutter aussteigt.
Dann bleibt der Bus auch viel leerer und nach ca. zwei Stunden erreichen wir Kollam, eine Stadt mit etwa 400 000 Einwohnern, die bisher größte Stadt unserer Reise.
Hier ist es extrem heiß, laut und voll und vermüllt natürlich sowieso. Wir sind kaum aus dem Bus ausgestiegen, als Vimal anruft, ein Freund von Soji, bei dem wir heute übernachten werden. Er kommt, um uns abzuholen und als wir mit ihm mit einem Taxi fahren, denke ich, dass wir ihn mal aus dem Bus hätten anrufen sollen, denn wir fahren das ganze Stück bis zum Hafen und noch ein bisschen weiter zurück, also denselben Weg, den wir gekommen sind. Dann biegt das Taxi von der Hauptstraße ab, kutschiert uns eine Weile durch immer kleinere Straßen, bis wir in einer Sackgasse am Wasser halten, an einem gelben Fischerhaus, wo der Hausherr auf uns wartet, um uns in seinem Einbaum artigen Boot die paar Hundert Meter rüber zu der Mini-Insel zu rudern, wo "The Island Retreat" liegt, das Vimal vor ca. drei Monaten aufgebaut hat. Ich glaube, dass wir neben einem Engländer, der wohl Anfang der Woche hier war, die ersten Gäste sind.
Die Insel hat eine Umfang von vielleicht 400 oder 500 Metern und auf ihr stehen drei Gebäude. Das Haus, in dem Vimal und sein Angestellter wohnen, solange keine Gäste in diesen Zimmern sind (wenn welche da wären, würden sie drüben bei dem Fischer unterkommen), eine Art offene "Halle", die laut Vimal für "conferences" der Gäste ist, wenn ich ihn richtig verstanden habe, wobei mir nicht klar ist, welche Gäste hier was für eine Art Konferenzen machen sollten. Das dritte Gebäude bewohnen wir, das "Heritage House", ein kleines Häuschen ganz aus dunklem Holz mit einem Schlafzimmer und einem kleinen Vorraum und einer überdachten Terrasse. Angebaut ist noch ein Badezimmer ohne Dach. Es ist sehr einfach, aber sauber. Ameisenbesuch darf den Gast hier allerdings nicht stören.
Vimal und sein Angestellter (er nennt ihn in kolonialer Manier seinen "Boy") sind überaus freundliche Gastgeber, die sehr um uns bemüht sind. Vimal ist zudem ein hervorragender Koch, der uns vegetarische Köstlichkeiten auftischt.
Bild 1: Viele Leute haben den Plan, heute in Richtung Kollam zu reisen...
Bild 2: Eine Duke.
Bild 3: Ich liebe diese Obst- und Gemüsestände!
Bild 4: Ich habe täglich an Herrn Sybenwurz tollen Vorschlag gedacht, eine Enfield zu kaufen und damit nach Hause zu fahren. Diese hier ist vor einem Royal Enfield Händler in Kollam fotografiert, wo wir auf Vimal warten.
Bild 5: Ankunft auf der Zwergen-Insel von Vimal.
|