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Alt 20.08.2013, 11:23   #1994
bellamartha
Szenekenner
 
Benutzerbild von bellamartha
 
Registriert seit: 30.05.2010
Beiträge: 6.166
Guten Morgen!

Ich fühle mich den Patienten im Moment nicht gewachsen. Also zumindest nicht, um gleich um 11 Uhr mit ihnen eine Gesprächsgruppe zu machen. Jetzt überlege ich, was zu tun ist. Ich könnte die Gruppe einfach ganz ausfallen lassen. Ich könnte statt dessen einen Spaziergang anbieten. Ich könnte die Gruppe auf freiwilliger Basis anbieten. (Dagegen spricht, dass ich keinen Präzidenzfall schaffen will und dass dann vermutlich die größten Chaoten kommen und die einigermaßen normalen fernbleiben.) Ich könnte die größten Chaoten aussortieren und von der Gruppe ausschließen.
Im Moment ist es echt heftig und dass ich ohnehin seit meiner Rückkehr aus Ibiza mit großen Motivationsproblemen zu kämpfen habe, macht die Sache nicht besser.
Die Gesprächsgruppen sind ohnehin grundsätzlich der schwerste Teil meiner Arbeit hier. Wenn ich dann nicht gut motiviert bin und noch dazu so schwierige Patienten da sind, verheißt das nichts Gutes.

Wer ist also hier?
Frau B.: Sie ist unfassbar! Der absoulte Kopper der Station. Wir kennen und "schätzen" sie von mehreren Voraufenthalten. Vor einigen Tagen hat die Angiologie des Uni Klinikums sie zu uns verlegt, weil sie dort nicht mehr tragbar war. Sie ist überall von Zimmer zu Zimmer gegangen und hat sich alles an Medikamenten reingezogen, was sie dort finden konnte. Sie kam mit einer fetten Mischintoxikation zu uns und geht nun uns auf die Nerven und allen Mitpatienten sowieso. Sie hält sich an kene Regeln und labert nur Mist. Sie klaut und lügt wie gedruckt. Sie ist extrem ungepflegt, so dass die Reinigungskraft sich heute geweigert hat, das Zimmer sauber zu machen, weil überall Lebensmittelreste, Müll, Klamotten und gebrauchte Binden herum fliegen.

Herr B.: Auch ein Hammer, der gestern erst von der Akutaufnahmestation zu uns verlegt wurde, wo er wegen Suizidalität aufgenommen wurde. Auch er ist draußen im Methadonprogramm, hat aber als Beigebrauch alles genommen, was zu kriegen war. Hauptsächlich ca. 16 Flaschen Bier am Tag, dazu noch Schnaps und Tabletten. Er redet bisher ausschließlich Stuss, ist völlig distanzgemindert und nervt die Mitpatienten über die Maßen.

Herr H.: Auch ein schräger Typ, aber trotzdem ein Lichtblick. War erst 8 Jahre clean und hat sein Sozialarbeit Studium in der Zeit abgeschlossen, dann rückfällig, dann noch mal 3 Jahre clean. Ist noch berufstätig und ist lediglich ein wenig seltsam, aber sonst ganz OK.

Frau J.: Eine extreme Patientin, die wir schon lange kennen. Sie ist drei Jahre jünger als ich, sieht aber ca. 10 Jahre älter aus als ich. Als sie gestern aufgenommen wurde, kam sie stark geschminkt und in Teenie-Klamotten. Heute Morgen war sie ungeschminkt und normal angezogen und sah aus wie eine alte Frau. Sie ist seit ihrer Jugend heroinabhängig. Wir kennen auch ihre Tochter C., die sie früher mit in die Szene und mit auf den Strich geschleppt hat. C. ist dann sehr früh, mit 14, selbst heroinabhängig geworden. Vor zwei Jahren hatten wir C. während ihrer Schwangerschaft mehrfach länger hier, da war sie knapp 18 Jahre alt. Es war ihr zweites Kind, das erste hat sie mit 15 bekommen. Das Kind ist nun in einer Pflegefamilie. Mutter Frau J. hatte in der Zeit auch noch mal ein Kind bekommen, das auch in einer Pflegefamilie ist. C. hatte während der Schwangerschaft immer wieder Drogen genommen, noch dazu überwiegend das extrem fruchtschädigende Kokain und hat getrunken. Das Kind ist nicht gesund. C. ist nun wieder schwanger, wie Frau J. uns erzählte. Frau J. ist mal wieder wohnungslos, lebt bei einem uns ebenfalls bekannten, total verstrahlten, aber ganz netten Freund und ist auch in Substitution, hat aber Beikonsum ohne Ende.

Herr K.: Ist ganz vernünftig. Auch schon lange mit Drogen zugange, aber nett und ruhig. Er geht von hier aus im September in Therapie, weil er starken Haftdruck hat und "Therapie statt Strafe" macht und hofft, dass er dauerhaft clean bleibt.

Herr K.: Jahrgang 1959, also ein alt gewordener Drogenabhängiger. Wir kennen ihn schon sehr lange. Früher hat er immer noch gearbeitet und in seinem Urlaub entgiftet. Jetzt ist er seit Jahren ohne Arbeit und in Substitution, schafft es aber nicht, mit dem Trinken und den Tabletten aufzuhören. Er ist sehr nett, aber er packt es einfach nicht. Letztes Jahr hat er noch mal geheiratet. Seine Frau hat er in einer Therapie kennen gelernt. Auch sie ist sehr nett, ist aber mit ihm rückfällig geworden.
Er kommt oft zur Entgiftung und ich habe keine Ahnung, wie wir ihm wirklich helfen können.

Herr L.: Ein Kumpel von Herrn H., der völlig schräg ist. Sehr ruhig, irgendwie immer neben der Spur, wirkt wie so ein verstrahlter Esoteriker. Er sitzt IMMER und ÜBERALL und STÄNDIG im Schneidersitz.

Herr Sch.: Ein 2,05 m großer Patient, der ca. 1000 Krankheiten neben der Sucht hat. Sonst weiß ich noch nichts über ihn.

Herr Sp.: Auch in Substitution, auch ständig Beikonsum von Drogen und Alkohol. Er ist eigentlich ununterbrochen mit seiner seltsamen Freundin und ihren Dingen beschäftigt. Und weil die Patitenten seit neuestem ihre Handys während der Behandlung behalten dürfen, telefoniert er jetzt ständig mit ihr.

Herr T.: Ein ruhiger Typ, ganz OK glaube ich. Ich kenne ihn gar nicht.

Herr V.: War schon tausendmal hier. Völlig schräger Typ, der haarsträubende Geschichten aus seinem Leben erzählt, von denen ich nicht eine glaube, von denen aber eine dazu geführt hat, dass er die Diagnose einer Posttraumatischen Belastungsstörung bekommen hat. Er berichtet nämlich, dass er während des Bürgerkrieges auf dem Balkan dort als Jugendlicher Verwandte besucht habe und dabei zwei Jahre lang in den Kriegswirren gewesen sei. Warum er, als deutscher Staatsbürger, da nicht weg konnte, kann er irgendwie nicht plausibel machen. Ich glaube diese Geschichte genauso wenig wie die, dass seine Mutter in Rumänien im Sterben liegt. Er erzählt immer, dass sie in Rumänien lebe (er sei wie seine Familie ein Rom). Es ist aber gesichert, dass sie zumindest vor ein paar Jahren noch in Unna lebte. Herr V. ist völlig zwanghaft, hat ständig Streit mit Mitpatienten, ist extrem ungebildet und auch nicht so sehr schlau. Er ist kein schlechter Typ, aber sehr, sehr anstrengend. (Übrigens meint er, dass er ein totaler Womenizer ist und eigentlich alle haben kann...)

Frau W.: Auch erst gestern gekommen, kenne ich noch nicht. Scheint auf den ersten Blick ganz zahm, allerdings sind unsere Damen fast immer krass drauf, könnte also auch täuschen. Versteht sich aber immerhin schon mal mit ihrer Zimmernachbarin Frau J. gut, das ist schon mal viel wert.

Im Moment ermüden mich die Patienten und ich fühle mich nicht fit für so viel Krankheit.
Auf meiner Kuchenparty traf ich S., eine Kollegin von der Drogenberatung, die im Moment in Elternzeit ist. Sie berichtete, dass sie nicht zurück zur Drogenberatung gehen wird, sondern jetzt schon woanders Teilzeit arbeitet, bei der Schwangerschaftskonfliktberatung. Sie sagte, dass sie sehr viel Freude an der neuen Arbeit habe und dass sie es vor allem schätze, dass es kurze, konkrete Kontakte und Beratungen sind. Die Frauen werden während der Entscheidung für oder gegen die Schwangerschaft begleitet und es werden Hilfen für den Abbruch oder die Fortführung vermittelt. Es sei nicht so viel "Psychozeugs". S. war immer mein Vorbild, weil sie eine super engagierte Drogenberaterin war. Auch jetzt ist sie wieder vorbildlich, weil sie sich entschied, was anderes zu machen, als ihr das alte keinen Spaß mehr machte. Interessanterweise erzählte sie mir auf der Kuchenparty, dass ein Gespräch mit mir, als wir mal laufen waren, den Anstoß gegeben habe, sich umzuorientieren. Ich habe damals, vor ca. 2 Jahren, erzählt, wie viel Freude ich an meiner Arbeit noch habe und dass es genau das ist, was ich tun will. Da habe sie gedacht, dass das bei ihr nicht mehr so ist.
Jetzt gerade bin ich mir auch nicht mehr sicher... Und denke an meine Therapieausbildung und ob das die richtige Entscheidung war... Oje...

Schön war das Schwimmen heute, zu dem ich mich allerdings erst mal wieder mühsam motivieren musste, weil ich noch keinen Plan für diese Woche habe und weil ich so schlecht aus dem Bett kam.

Ich bin dann aber raus und das folgende geschwommen:

200 m ein

4 x 50 m Technik

10 x 50 m mit 15 s Pause in
- 45,1 s
- 42,8
- 45,0
- 43,1
- 44,6
- 43,1
- 45,7
- 44,6
- 45,1
- 46,3

10 x 100 m mit 20 s Pause in
- 1:32,2 Min
- 1:32,4
- 1:29,9
- 1:29,6
- 1:31,1
- 1:31,1
- 1:30,0
- 1:30,9
- 1:32,5
- 1:31,8

5 x 200 m mit 30 s Pause in
- 3:12,0
- 3:11,1
- 3:12,0
- 3:13,1
- 3:12,5

10 x 50 m mit 10 s Pause in
- 43,1 s
- 44,7
- 44,6
- 45,0
- 45,3
- 45,1
- 45,0
- 44,8
- 45,0
- 45,1

200 m aus

Mit den Zeiten, vor allem den von den Hundertern bin ich ganz zufrieden.

Ich wünsche euch einen schönen Tag mit mehr Spaß bei der Arbeit als ich.

Viele Grüße
J.
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