Hallo Grischa,
hier im Forum darf man offen seine Meinung äußern, v.a. wenn man sich die Mühe macht, sie argumentativ zu untermauern und wenn man sachlich bleibt, wird man in der Regel auch nicht persönlich jenseits von Diskussionen um die Sache angegriffen. Darin unterscheidet sich ts.de von vielen anderen Foren im Internet und das ist u. a. auch ein Verdienst des Forumsbetreibers Klugschnacker mit dem ich nichtsdestoweniger manchmal auch nicht immer einer Meinung bin.
Du hast recht, ich kenne Fabian Jeker nicht persönlich und wollte ihn auch nicht persönlich angreifen. Allerdings kenne ich mehrere Ex-Doper im Triathlon , Radsport und Schwimmen durchaus persönlich und jeder von diesen ist im persönlichen Gespräch ein netter Kerl. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun.
Bei der Kombination Ex-Radprofi/ Triathlon fallen mir spontan Hannes Hempel, Laurent Jalabert und Kai Hundertmarck ein. Bei zwei von ihnen wurde Doping auch zu Triathlonzeiten nachgewiesen und auch beim Dritten ist es wenn man sich seine erstaunlichen Leistungen als Triathlon-Rookie ansieht mehr als wahrscheinlich.
Also schon rein aus statistischen Gründen irritiert mich diese biografische Kombination Radprofi/ Triathlet
Jeker hat 2004 die Tour de Suisse gegen einen zweifellos randvoll gedopten Jan Ullrich mit nur einer Sekunde Rückstand verloren. Das ist nur 9 Jahre her und Radprofis war Jeker dann noch bis 2006. Also reden wir hier von 7 Jahren, nicht von 15, wie du schreibst. Es gibt viele Experten, die der Meinung sind, dass ein langjähriger Doper auch noch 10 Jahre und länger nach Beendigung von Doping von den durch leistungsunterstützenden Maßnahmen möglichen hohen Trainingsumfängen und Trainingsintensitäten in der aktiven Zeit "profitiert." Wachstumshormon (hGH) z.B. führt zu irreversiblen Vergrößerungen der Füße und Händer (sowie der Nase und des Kinns). Große Füße sind bspw. ein Vorteil beim Laufen und Schwimmen, große Hände helfen beim Schwimmen.
Ein weiterer Grund, warum ich beim Thema Doping allergisch und emotional reagiere liegt in meiner Biografie verankert. Ich betreibe Triathlon wettkampforientiert seit 1989 und 1995 und 1996 versuchte ich mich selbst ambitioniert und semiprofesionell im Triathlon, errang (garantiert ungedopt, wobei ich es jedem selbst überlasse das zu glauben oder nicht) einige Achtungserfolge (Rang 4 beim Ironman Lanzarote sowie beim Ironman in Zürich), kam aber aufgrund des jeweiligen Rückstandes auf die Siegerzeit von um die 20 Minuten für mich zu der Erkenntnis, dass mein Ausdauertalent nicht ausreicht, um es auf einer richtig professionellen Schiene weiter im Triathlon zu versuchen.
in den 90ern habe ich mir überhaupt keine Gedanken über das Thema Doping gemacht. Selbst ein Jan Ullrich oder Erik Zabel gehörten für mich naiverweise bis etwa 1999 noch zu den Guten, die gelegentlich von (ausländischen) Dopern um weitere Siege betrogen werden.
Der( im übrigen Schweizer) Athlet, der mich beim Ironman Zürich 1996 beim Marathon noch deklassiert hat,
wurde wenige Jahre später wegen Dopings gesperrt und war seit 1992 Kunde des berüchtigten Dopingarztes Ferrari. Auch viele andere, gegen die ich in den 90ern Rennen bestritten hatte flogen später als Doper auf. 1995 kam ich zusammen mit Zäck in Roth aus dem Wasser und er ließ mich zusammen mit Hellriegel schon auf den ersten Radkilometern wie ein Anfänger stehen, obwohl ich damals der beste Radfahrer unter den Triathleten in Bayern war.
Ich bin mir aus heutiger Sicht sicher, dass mein Talent in den 90ern bei sauberem Profisport durchaus zu einigen Jahren als guter bis sehr guter Profitriathlet gereicht hätte, aber um diese Erfahrung haben mich die Doper von damals betrogen und deshalb bin ich ihnen auch heute noch in gewisser Weise böse, auch wenn manche von ihnen heute nett und möglicherweise sauber im Triathlonsport unterwegs sind.
Und das zweite Argument für mein persönliches Commitment in Dopingfragen ist mein ältester Sohn. Er ist derzeit im Jahrgang 1997 der schnellste Triathlet in Deutschland und es wird aber möglicherweise nur noch wenige Jahre dauern, bis weniger talentierte Konkurrenten mit Hilfe von PED's an ihm vorbeiziehen und ihm dann möglicherweise dieselben Zweifel und Frusterlebnisse bescheren, wie ich sie vor 17 Jahren hatte. Da braucht man sich hinsichtlich des modernen Profitriathlonsports keinen Illusionen hingeben.
Ich hoffe, Grischa, du verstehst jetzt meine Sichtweise etwas besser. Teilen musst du sie nicht.