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Unterwegs in Agfacolor
Eine Woche Urlaub. Wir verbringen ihn in der schleswig-holsteinischen Schweiz. Das Wetter ist herrlich. Bei über 20 Grad und einem lauen Lüftchen rollen wir auf unseren Rädern durch die Gegend. Auf fast jeder Straße fühlt man sich an die guten alten, deutschen Heimatfilme in Agfacolor erinnert: frei stehende Eichen auf grünen Feldern, blauer Himmel, gelber Raps. Überall nur Idylle. Das hält das Auge kaum aus. In den 50-er Jahren wurden hier "Die Mädels vom Immenhof" gedreht. Einer der erfolgreichsten Heimatfilme aus diesem Jahrzehnt - wenn auch in schwarz-weiß -war aber die "Trapp-Familie". Und eine von denen hat mich heute ganz schön auf Trab gebracht.
Nach einer schlechten Nacht steht die Kleinfamilie am Pfingstsonntag zeitig auf. Genau genommen habe nur ich unruhig geschlafen, da ich gleich morgens an einem 10,7 Kilometer-Lauf teilnehmen wollte und mir natürlich schon im Vorwege die Muffe ging. Die Familie inklusive Großeltern rückt also nach Bosau aus. Das ist ein kleiner idyllischer Ort an der Plöner Seenplatte, der bevorzugt von älteren Kurgästen angereist wird. Passt also.
Als die 10,7 Kilometer-Läufer starten, freue ich mich, dass mein rechter Schinken mit zieht und auch die Beine eigentlich ganz frisch sind. Die 165 Kilometer Rad der letzten beiden Tage machen sich nicht sonderlich bemerkbar. Hügelig ist es in der holsteinischen Schweiz, das merkt man recht schnell beim Laufen. Auf dem Streckenplan waren zwei Steigungen eingezeichnet: eine bei 5 und eine bei 7 Kilometern. Wer das eingezeichnet hat, muss ein wirklicher Scherzkeks sein, denn diese beiden Steigungen unterscheiden sich nicht sonderlich von den Steigungen vorher und nachher. Es ist über die gesamte Strecke ein lustiges Auf und Ab. Für die kulturell Interessierten ist auf dem Plan auch ein "wunderschöner Blick auf das Plöner Schloss" eingezeichnet. Vor lauter Gerenne vergesse ich das unterwegs vollkommen. Die ersten Kilometer gehe ich zu schnell an, aber wen wundert´s, bin ich doch den letzten Solo-10er vor über einem Jahr gelaufen. Die letzten Kilometer schleppe ich mich dann so dahin. Die Beine sind gut, aber die Luft ist ein bisschen knapp.
Im Ziel bin ich nach 50:47 Minuten, das sind 47:28 auf 10. Für mich ist das super. Vor mir im Ziel ist Trixi Trapp. Da denkt natürlich jeder gleich, Pantone erzählt Geschichten, aber der Name stimmt wirklich. Trixi Trapp hat mir sage und schreibe 8 Minuten abgenommen. Ich schwanke zwischen völliger Depression und hysterischem Lachanfall. Aber Trixi ist sehr sympathisch und scheint eine von den Begabten zu sein, die für´s schnelle Rennen einfach nichts tun müssen. Im letzten Jahr, so erzählt sie, hatte sie sich überlegt, ob sie den Lübecker Marathon nicht einfach mal so ohne Vorbereitung laufen könne. Das war zwei Wochen vor dem Rennen. Daraufhin hat sie den dann in 3:14 auch prompt gewonnen. Die zweite Frau kam geschlagene 48 Minuten später ins Ziel. Da bin ich doch noch gut bedient.
Stilgerecht verlässt Trixi Trapp den Parkplatz am Sportplatz in einem beige-farbenen VW-Käfer (Baujahr 1965). Eigentlich war die Trapp-Familie ja immer in einem Bus unterwegs, aber die waren auch deutlich mehr Personen als Trixi und ihr Mann.
Abschließend noch ein Bild mit folgender Bildunterschrift: Pantone (im Bild im roten T-Shirt) bedankt sich überschwänglich bei Trixi Trapp, die die Demütigung des Tages auf acht Minuten begrenzt hat, woraufhin sich die Siegerin schlapp lacht:
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