Zitat:
Zitat von Klugschnacker
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Diese Frage hat es wirklich in sich. Denn das Kriterium, mit dem wir darüber urteilen, was an der Bibel (oder allgemeiner: an unseren Glaubensgrundsätzen) verbindlich ist und was nicht, muss logischerweise über der Bibel und über dem Glauben stehen.
Wir haben demnach einen inneren Kompass der Moral und der Vernunft, dem wir größeres Gewicht beimessen als unseren religiösen Glaubensgrundsätzen. Das bedeutet, dass unsere Moral nicht aus dem Glauben kommt, sondern ihm übergeordnet ist. Unsere Gesellschaft sagt der Kirche, was Moral ist und nicht umgekehrt. Ein Beweis dieser Tatsache ist zum Beispiel unser Grundgesetz als Manifest der Vernunft, das allen Glaubensfragen übergeordnet ist. Die Vernunft steht über dem Glauben.
Grüße,
Arne
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Man darf aber bei dem Beispiel des Grundgesetztes nicht vergessen, das es im Jahre 1949 geschaffen wurde und aus der Bibel abgeleitete Glaubensgrundsätze historisch einen weit längeren Zeitraum überdauert haben. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, das die Väter des Grundgesetztes einem auch u.U. persönlich erlebten Einfluss von Seiten christlich abenländischer Wurzeln unterlegen waren.
Die Gesellschaft passt in rasender Geschwindigkeit bisweilen ihre moralischen Vorstellungen bestimmten Strömungen an. Die Kirche kann, muss aber keineswegs jeder modischen Strömung nachlaufen und sich anpassen. Ist es nicht eher so, das viele Menschen die Kirche als altbacken genau deshalb empfinden, weil sie nicht "auf der Höhe der Zeit" argumentiert? Weil sie gelegentlich wie ein Relikt längst vergangener Zeiten wirkt?
Im Gegensatz zu manch anderen Religionen hat ein Christ meinem Verständnis nach aber keine Akzeptanzprobleme bei allen weltlichen Gesetzen. Mir fällt auch kein Beispiel ein, wo mir als Christ irgendwelche Einschränkungen durch weltliche Gesetze auferlegt würden, die nicht akzeptabel sind.
Ist der innere Kompass durch christliche Wertevorstellungen und Glaubensgrundsätze justiert (z.b. von "Kindesbeinen an"), steht das nicht im Widerspruch zu Grundgesetz und Verstand. Kann Verstand und Glaube nicht ein Geschwisterpaar darstellen?