Zitat:
Zitat von Joerg aus Hattingen
Ein Kollege von mir hat mal in einer Diskussion, als es um hohe Sozialabgaben ging, gesagt, dass wir uns mit den Abgaben die soziale Sicherheit erkaufen. Das war zu der Zeit, als in den Vororten von Paris Autos abgefackelt wurde. Damit hatter recht, was uns betrifft.
Wie unterscheidet sich die Struktur in GB von der unseren? Wie passt es, wenn berichtet wird, dass sich die Leute mittels BBM, sicherlich kein kostenfreier Dienst, verabredeten?
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Ich glaub das "erkaufen" wird auch nicht ewig funktionieren. Wenn ich mir die Bilder aus London anschaue, dann sind das keine Leute die kurz vorm verhungern stehen. Randalierer in Klamotten von Puma und The Northface - arm ist relativ.
Das Problem ist, dass sie, oder zumindest einige von ihnen, perspektivlos sind. Ironisch ist, dass diese Perspektivlosigkeit eine Folge des Fortschritts ist. Wir haben das Luxusproblem mit geringer Manpower extrem viel produzieren zu koennen, alle voellig ueberversorgen zu koennen. Eigentlich ist das ne wunderbare Sache, aber im Sinne der Gewinnmaximierung wird halt versucht die noetige Arbeit mit moeglichst wenigen Arbeitskraeften zu erledigen, anstatt 20% mehr Leute auf jeweils um 20% reduzierter Stelle arbeiten zu lassen. Am schlimmsten trifft dieses Problem natuerlich die Geringqualifizierten.
Man muesste den Luxus der hohen Produktivitaet endlich als solchen begreifen und die Gesellschaft daran anpassen. Die work-life balance koennte deutlich in Richtung life verschoben werden - sicher nicht in allen Jobs, aber doch in vielen. Oder aber es koennten Gelder in Bereiche geleitet werden, die wir zwar dringend brauchen, die aber nicht ertragreich sind und daher vom Kapital gemieden werden (z.B. Pflege). So koennten Leute beschaeftigt werden, die dann auch wieder wissen, warum sie morgens aufstehen und nicht in der grauen Sinn- und Perspektivlosigkeit vor sich hinduempeln.
Noetig ist dafuer aber ein Mechanismus der verhindert, dass sich exorbitante Summen bei einigen wenigen sammeln. Diesen Mechanismus zu installieren, ohne dass das Kapital ins Ausland abwandert (das waeren dann die Gewinnler) ist das Hauptproblem und eben nicht trivial loesbar. Mit einfach hoeheren Steuern ist es daher nicht getan, es sei denn man findet ein Modell, dass dafuer sorgt, dass die Steuern auch wirklich hier anfallen und nicht auf den Cayman Inseln, wo dann flugs mal der Firmensitz hinverlegt wird.
Am besten waere es, wenn man den Entscheidern, dem Kapital klar machen koennte, dass sie ein Eigeninteresse daran haben nicht grosse Teile der Gesellschaft zurueck zu lassen. Jeder sollte ein Interesse daran haben in einer funktionierenden Gesellschaft zu leben, da das schoener ist als in einer dysfunktionalen. Im Moment kann man aber vielen noch nicht nahe bringen, dass der Grenznutzen der Investition in entsprechende Massnahmen hoeher ist als der von weiteren Euros auf der Verdienstseite, wenn man eh schon mehr Geld hat als man ausgeben kann. Das faengt auch nicht erst bei Millionenverdiensten an. Wieso wechseln viele Leute aus Tarifvertraegen in aussertarifliche, obwohl sie dann 20h mehr arbeiten? Wegen 20000 mehr brutto im Jahr. Machen das 3 Leute, haette man fast ne zusaetzliche Stelle schaffen koennen (ok, nicht ganz mit den Nebenkosten).
Es muss da einfach ein umdenken einsetzen. Im produzierenden Gewerbe wird es nicht mehr ausreichend Arbeitsplaetze geben und in der Pflege etc. gibt es einfach nicht genug Geld, auch wenn genug Arbeit da waere. Wenn man das nebeneinander stellt ist doch eigentlich offensichtlich was passieren muss.
Leider ist die Umsetzung endlos komplex.