...seltsamer Tag heute. Mein Gefühl nach dem heutigen Schwimmverein-Training ist ungefähr das von Montag Abend nach dem Salsa Unterricht. So ein Gefühl von: "Ich bin in nix richtig gut." Ein ordentlich frustrierendes Gefühl eben. Dabei weiß ich, dass das nicht stimmt. Ich bin zum Beispiel richtig gut in meinem Job. Aber an einem Tag wie heute zweifle ich selbst daran, nachdem ich bis abends in der Klinik rumgehangen habe und mich mit dem neuen Hilfeplanverfahren herum geärgert habe. Ich habe davon echt keine Ahnung, denn es hat sich viel verändert, das war mir gar nicht klar, als ich letztens Kollegen gegenüber großkotzig tönte, sie sollen sich mal nicht so anstellen, so schwer sei das ja wohl sicher nicht. Jetzt stehe ich mächtig unter Druck, denn ich muss einen Antrag auf Eingliederungshilfe beim überörtlichen Sozialhilfeträger für eine Patientin stellen, die in ein Wohnheim ziehen will und die echt dringend Hilfe braucht. Eventuell könnte sie kurzfristig einziehen, aber natürlich nur, wenn es eine Kostenzusage gibt. Für die muss ich diesen beschissenen Hilfeplan schreiben, von den neuen Instrumenten, mit denen ich dafür arbeiten muss habe ich aber null Plan. Die Patientin ist erst kürzlich entlassen, ich habe ihr versprochen, dass ich trotz der Entlassung die Anträge mit ihr stelle. Jetzt ist sie schon wieder heftig mit Kokain unterwegs, ist wohnungslos und wird von dem Typen, bei dem sie untergekommen ist, sexuell belästigt und kann sich kaum wehren, weil sie nicht weiß wohin sonst. Kurz: es brennt. Da trifft es sich gut, dass meine Fortbildung, die ich morgen und übermorgen eigentlich hatte besuchen wollen, abgelehnt wurde. Das Thema wäre gewesen: "Mythos und Wirklichkeit interdisziplinärer Zusammenarbeit in psychiatrischen Teams". Hätte mich sehr interessiert und ist für mich ein wichtiges Thema. Dass mein Professor, der als Chefarzt ganz oben in der Hackordnung angesiedelt ist, keine Ahnung hatte, wofür diese Fortbildung wichtig sein könnte und sie deshalb nicht bewilligt hat, wundert mich nicht wirklich. Empathie und sich in andere hinein denken ist von ihm als Psychiater natürlich auch nicht zu erwarten.

Naja, so kann ich morgen hübsch früh in der Klinik aufschlagen und mich mit dem Hilfeplan auseinandersetzen.
Heute Morgen hatte das mit dem frühen Aufstehen übrigens nicht geklappt. Ich denke aber, dass ihr auch nicht damit gerechnet habt oder?
Morgen dann der Firmenlauf. Kommt bestimmt super ohne Training und mit den von zwei Schwimmverein-Trainings müden Beinen. Wird vermutlich der nächste Abend mit dem Gefühl, nix richtig zu können.
Ach, ich bin ein launisches Miststück. Hört einfach nicht auf mich. Ich gucke jetzt zu meiner Aufheiterung noch mal vom Balkon und gucke dem coolen Typen ein bisschen bei der Arbeit zu, der seit Monaten den Nachbargarten von Grund auf neu macht. Ich habe ihm schon vorgeschlagen, dass er meinen Balkon gestalten kann, wenn er mit dem Garten fertig ist, aber er ist irgendwie nicht drauf eingegangen. Er wartet wahrscheinlich mit der Zusage noch, bis das Shakira Projekt vollendet ist. Steht ja unmittelbar bevor...
Ich werde euch morgen berichten, wie's beim Firmenlauf geklappt hat. Aber nicht lachen. Ich bin schließlich krank! (Ich habe letztens nämlich beschlossen, ab jetzt immer alles, was nicht klappt oder was kacke läuft auf die MS zu schieben, die MS also als Generalentschuldigung und -begründung für absolut alles zu nehmen. Sekundären Krankheitsgewinn nennt man das. Irgendwas gutes muss die Pest ja schließlich haben.)
Und wenn ich mit dem Begaffen des Gartenarbeiters fertig bin und von ihm inspiriert bin, rufe ich meinen Liebsten an, denn er weilt eine Woche in Süddeutschland, so dass ich Strohwitwe bin, deren Grundbedürfnisse gerade zu kurz kommen. Vielleicht bin ich auch deshalb so schräg drauf...
Schöne Grüße
J.