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4 Radtage Südbaden
4 Radtage
Südbaden
4 Radtage Südbaden
Keine Flugreise
Deutschlands wärmste Gegend
Kilometer sammeln vor den Wettkämpfen
Traumhafte Trainingsstrecken
Training auf dem eigenen Rad
30.04..-03.05.2026
EUR 199,-
triathlon-szene.de | Europas aktivstes Triathlon Forum - Einzelnen Beitrag anzeigen - Der alte Mann und das Mehr
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Alt 28.12.2010, 12:18   #1
Michael Skjoldborg
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Ort: Holstebro, Danmark
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Der alte Mann und das Mehr

Hej "alle"

Nachdem ich selber fleissig in einigen Blogs mitlese und dadurch auch schon so einiges gelernt habe, möchte ich auch einige meiner Erlebnisse und Erfahrungen weitergeben - vielleicht kann es ja auch ein wenig unterhaltsam sein.
Bevor ich mich ins Hier und Jetzt begebe, einen nicht so ganz kurzen Abriss dessen, was bisher geschehen ist:



ChallengeCopenhagen 2010

Vorspiel
Warum fängt man mit so was wie einem Ironman an? Sicher gibt es viele verschieden Beweggründe, für mich kommt da so einiges zusammen, aber am meisten waren es wohl die paar Tage der Unsicherheit beim Warten auf ein Untersuchungsergebnis. Nach dem zum Glück „negativen“ Bescheid und der sich ohnehin auf dem Anmarsch befindlichen Midlifecrisis kam es nur sehr gelegen, dass ich exakt auf den Tag genau ein Jahr vor meiner ersten Langdistanz entdeckte, dass die Möglichkeit dafür bestand, diese am 15. August 2010 in Kopenhagen zu absolvieren. Die Anmeldung war schnell und heimlich ausgefüllt.

Und was nun? Auf der Materialseite erstmal Ebbe in allen Bereichen: Keine passende Badehose, kein Rennrad, nur alte Laufschuhe. Die körperlichen Voraussetzungen: 43 Jahre, Gicht in den Knochen, jahrelang keine nennenswerte sportliche Aktivität, kaum Kondition, 86 kg bei 184 cm. Der demnach positiv gesehene Ausgangspunkt: In allen Bereichen kann es nur besser werden.
Zu dem mit der Gicht gibt es dann aber doch noch eine kleine und nicht gerade unwesentliche Nebengeschichte. Nachdem ich vor knapp drei Jahren Gicht konstatiert bekommen habe, habe ich lange Zeit überhaupt nicht an Sport gedacht. Die Ärzte hatten nur die hier in Dänemark „Pferdepillen“ genannten schmerzstillenden Tabletten als Rat für mich übrig. Was anderes helfe da eh nicht. Hmm, wenn es so ist, kann ich ja auch mal versuchen die Ernährung zu ändern, schaden wird es wohl nicht. Gesagt getan. Von nun an aß ich kein „rotes Fleisch“ mehr, dafür aber sehr viel Fisch und frischen Salat in allen möglichen Schattierungen. Außerdem Leinsamenöl, Chilli und Zimt ins morgendliche Müsli. Und langsam aber sicher konnte ich wieder normal die Treppen hochkommen und anfangen, mich nahezu unbehindert zu bewegen. Und eben auch wieder davon zu träumen, Sport treiben zu können. Und von da und dann weiter zu einem Ironman war es in meiner kleinen Vorstellungswelt nur noch ein Katzensprung. Klüger werden kann man ja immer noch unterwegs.
Aber wie anfangen, wenn man nun ein Jahr bis zum Tag X hat? Erstmal alle Beiträge im Triathlon-Szene-Forum ignorieren, die immer mindestens 2 Jahre Vorbereitung dafür vorschlagen. Trainingspläne studieren. Material begucken. Die Familie und das Hinterland abchecken. Eine halbe Stunde auf einem verstaubten Hometrainer zuhause bei wahnsinnigen nahezu 25 km/h weghauen. Und schon gleich vom Zieleinlauf träumen. Optimistisch bin ich auf jeden Fall an die Sache rangegangen.

Der erste Schwimm- (okay, Bade-)Ausflug endete nach 25 atemlosen Metern mit einem panischen Blick in den Augen und der Suche nach den nicht vorhandenen Kotztüten am Beckenrand. Zum ersten Mal kamen mir Zweifel, ob das hier denn nun wirklich eine gute Idee war.
Schwimmen kann ich nicht. Konnte ich noch nie. Ich erinnerte mich mit Schrecken an meine ersten Schwimmstunden in der Grundschule, wo man unter Wasser ausatmen sollte. Ich war der einzige, der es schaffte, das Wasser irgendwie zu küssen und die Luft dabei unter Wasser auszuhauchen. So spitze Lippen hatte mein Sportlehrer noch nie vorher gesehen. Und jetzt fehlten mir 3775 Meter im feinsten Kraulstil. Nach ein paar Besuchen im 25 Meter Teil der Schwimmhalle änderte sich zumindest meine Kondition in die richtige Richtung. Und ich wurde von einem Mitschwimmer gefragt, ob ich für irgendwas trainieren würde, das sehe ja aus wie bei einem Triathleten. Zu dem Zeitpunkt fasste ich das als Kompliment auf. Später ging mir dann auf, was er wohl eigentlich meinte.
Von da war es denn auch nicht weit mich im örtlichen Triathlonverein anzumelden, hauptsächlich wegen des Schwimmtrainings. Hier waren dann noch einige weitere, die für Kopenhagen gemeldet hatten. Die meisten hatten allerdings schon einige Langdistanzen auf dem Gewissen. Von daher lief zumindest das Schwimmtraining in zeitlich geordneten Bahnen. Von der Schwimmtrainerin hielt ich nicht so viel. Im Prinzip habe ich von ihr und ihren Schwimmplänen rein gar nichts gehabt. 200 Meter in 2 Minuten, das ganze 5 x. Ich konnte nur nie vor den 2 min mit den 200 Metern fertig werden. Von daher schwamm ich einfach immer meine Bahnen. Nix Intervall, einfach immer nur lang. Mit Pullbuoy natürlich. Und Paddles auch manchmal. Klischees, die es zu erfüllen gab? Her damit!
Der Durchbruch dann Mitte Januar: zum ersten Mal konnte ich die 3,8 km durchschwimmen! Ha, der Rest ist ja nur noch ´nen bisschen Radeln und Joggen, das wird schon. 1:35! Die Zeit wurde dann im Laufe der Zeit immer besser, bis ich insgeheim auf eine Zeit im Freiwasser von unter 1:20 hoffte. Vielleicht ja auch 1:16. Oder so.



Die übliche Verdächtigen




Die funktionierte gut und hat sich nie verzählt, glaube ich...

Freiwasser, ja, da war doch was. Das habe ich dann auch noch vor dem Wettkampf probiert. Hier im Fjord, in so richtig schön salzigem Wasser. Bäh, war mir zum Kotzen. Und dann noch die blöden Quallen. Mental war ich ja auf ein Treffen mit diesen Unterwasserwesen vorbereitet. Tatsächlich muss ich eine Bremswelle in Tsunamigrösse produziert haben, als die erste Qualle vor der Schwimmbrille auftauchte. Danach war ich so dermaßen angespannt, dass ich Krämpfe in beiden Waden bekam – von denen ich noch eine Woche später so einiges merken konnte. So’n Mist, hoffentlich sind keine in Kopenhagen. Sind doch? Das schreiben sie im CC-Forum. Rasierschaum, Essig und Kreditkarten als Gegenmittel. Na ja, gucken wir mal.
Überhaupt: Die Wassertemperatur! Einen Monat vor meiner Wiedergeburt in den Fluten des Strandbads sah es so aus, als ob Neos verboten werden würden! Nein, nein, nein, mein Rettungsring war dabei in den Tiefen des Amager Strandparks zu versinken. Eine einzige Trainingstour ohne Neo und dann auch noch ohne das geliebte Styroporteil zwischen meinen Beinen ließen mich das Schlimmste für die nachfolgende Radtour fürchten. Zum Glück meldeten die Netztrommeln keine weitere Sichtungen der Meeresungeheuer und zudem auch noch fallende Wassertemperaturen.

Auf dem Rad lief das Training ungleich besser, zumindest gab es keine nahtodähnlichen Erlebnisse wie beim Schwimmen. Also, von einer einzelnen Episode abgesehen. Rollen konnte ich ja immer ein paar Meter. Insbesondere die ersten 3,5 Monate auf dem Hometrainer, denn ein passendes Fahrrad hatte ich noch immer nicht. Endlich und nach langem Warten kam es dann Ende Dezember, und natürlich folgte eine Rolle gleich mit, denn bei dem Winter war an ein Training draußen natürlich nicht zu denken. Irgendwie gefiel mir das sogar so, dass ich es geschafft habe, im Laufe der Vorbereitung 6100 km auf der Rolle zu verbringen. Auf der Straße selbst waren es nur 3800 km.
So langsam musste ich mir ja auch in wenig Gedanken darüber machen, in was für eine Zeit ich das denn so alles absolvieren wollte. In Bezug auf das Rad wollte ich auf jeden Fall unter 6 Stunden kommen, das klang dann wenigstens einigermaßen rund, immerhin ein 30’iger Schnitt. Im Laufe der Zeit pendelte ich mich so bei einem erhofften Split von 32 km/h ein, das sollte zu schaffen sein. Auch auf dem Rad war ich nicht so der rechte Intervall-Fan. Mir machte es einfach Spaß, so schön gleichmäßig zu rollen. Und nebenbei das Filmarchiv von Triathlon-Szene durchzugucken und fleißig nebenbei zu lernen, was man in Bezug auf die Ernährung, das Material und das Training so alles zu beachten hat. Bei der leidigen Betonung von Intervallen hatte ich mir bequem, naiv und unwissend in den Kopf gesetzt, dass das ja auch sicher ohne ginge. Zumindest versuchte ich aber die grundlegenden Trainingsprinzipien umzusetzen, auch noch unter der Beachtung der unterschiedlichen Phasen, wie Prep, Base und so weiter.
Bei der ersten 180 km-Trainingstour ging mir dann in aller Deutlichkeit auf, dass ich keine Verpflegungsstationen unterwegs gesehen hatte – und von daher kam ich etwas unterzuckert und mit einem massiven Flüssigkeitsunterschuss auf den letzten paar Kilometern zuhause an. In der Küche wurde der Fußboden Zeuge erfolgreicher Wiederbelebungsversuche von Seiten meiner Frau und Kinder. Wieder was gelernt.


Da war’s mir doch zu kalt draußen


Hier in Dänemark an der Westküste windet es öfter mal...


Auch im Hochsommer bei 35 Grad liebe ich meine Rolle. In diesem Fall gab es aber eine gute Erklärung, denn wir besuchten meine Schwester in Berlin, und da war mir das Fahrradfahren einfach zu gefährlich... Komm' halt vom Land.

Ein paar Wochen zuvor war ich die Strecke in Kopenhagen abgefahren, zumindest eine von zwei Runden, zusammen mit „Axxel“ aus dem Forum und Thomas. Beruhigend, dass meine Strecke daheim sowohl von den Steigungen (im Prinzip nicht vorhanden) und dem Wind (kaum windstill, aber trotzdem etwas geschützter und nicht so windanfällig bei den meisten Windrichtungen) ungefähr dem entsprach, was in Kopenhagen zu erwarten war.
Das gemeinsame Klubtraining war nur bei der ersten Ausfahrt wirklich gut, denn da fuhren die anderen auf Mountainbikes, ich auf meiner Zeitfahrrakete. Da konnte ich zum ersten und letzten Mal mithalten. Die ansonsten 33-35 km/h im Schnitt konnte ich nur unter Aufwendung der letzten Kraftreserven und im konstanten Windschatten mithalten. Das lag einfach Welten von meinem Trainingstempo entfernt, besonders bei den ersten Ausfahrten des Jahres. Später fand ich dann zu einzelnen Ausfahrten mit einigen Leidensgenossen zusammen, und es wurde weitaus entspannter.
Was das Material anging, hatte ich mich auf ein Cube Aerium festgelegt. Zwar hatte ich mir 2 Monate vor dem Wettkampf auch Abdeckungen für das Hinterrad angeschafft, diese dann aber wegen eines in der Post verschollenen Ventiladapters letztlich doch nicht montiert. Besonders glücklich war ich über meinen ISM Adamo, der mich völlig vom Taubheitsgefühl im Dammbereich befreit hat. Ansonsten ist ausrüstungsmässig kein Highlight zu entdecken, kein Karbon, aber dann doch ein Aerohelm, der zuweilen auf der Rolle zum Einsatz kam, dort aber keine wesentliche Verbesserung mit sich brachte. Insgesamt fühlte ich mich auf dem Rad am wohlsten.

Anders beim Laufen. Hier machten mir trotz der phänomenalen Fortschritte was das Ruhigstellen der Gichtsymptome anging, die Knie ein paar Probleme. Im rechten Knie knackte es, da hatte sich angeblich eine Schleimhautfalte gebildet, oder so. Irgendwie kam das nie so recht ans Licht, was das eigentlich war. Inzwischen ist es auch wieder weg.
Von daher, und weil das Laufen eben besonders belastend ist für die Gelenke, habe ich nur sehr wenige Laufkilometer hinter mich gebracht. Insgesamt auf ein Jahr verteilt nur 344. Und das ist wohl nicht so viel, eher das, was andere im Laufe von 3 Wochen absolvieren. Die Hälfte davon auch noch auf dem Laufband, weil das so gut passte vor der Arbeit, im schuleigenen Fitnessraum. Dafür hatte ich aber auch versucht, mehr Kilometer auf dem Rad abzuspulen. Materialmässig habe ich mir die Luna Racer angeschafft, sicher in einem Anflug von Größenwahn und Wunschdenken, aber mir gefiel das Laufen darin einfach so gut, verglichen mit meinen anderen Laufschuhen. Allerdings ist das auch nicht das große Problem gewesen, weil die einfach Mist waren.
Von der Zeit her wollte ich als Marathonnovize unter 5 Stunden bleiben, erst recht, wenn es nur die Nachspeise sein sollte. Insgeheim hoffte ich zwar auf einen 6’er Schnitt, aber auch nur wegen meiner mangelnden Erfahrung, denn realistisch hätte das ja kaum sein dürfen, mit den ganzen Laufkilometern in den Beinen. Von einem drohenden Übertraining beim Laufen war ich hier jedenfalls etwas entfernt. Irgendwie gelang es mir auch, meinen bewussten Rückstand hier glücklich zu ignorieren.
Vorbereitungswettkämpfe hatte ich auch. Vor genau 20 Jahren hatte ich das erste Mal bei 2 olympischen Distanzen mitgemacht, was ich als ausreichend bezüglich des „Wechselzonentrainings“ ansah, zumal ich mir über diverse Foren auch hier alle zugänglichen Tipps zu Gemüte führte.


Körperlich hatte ich mich inzwischen auch etwas verändert, waren doch um die 17 kg auf der Strecke geblieben. Vor der Pastaparty wog ich 68,5 kg, wodurch ich mir bei meiner Frau den Titel Bohnenstange einhandelte. Insgesamt war sie der Meinung, dass ich eh zu dünn sei und warum das denn so extrem sein muss. Mein Argument, dass jedes Kilo 3 Minuten extra auf der Laufstrecke sind, rief nur Kopfschütteln hervor.
Überhaupt drehte sich irgendwie immer alles nur um den 15. August, wie es denn sein würde, wie es bei mir gerade mit dem einen oder dem anderen geht. Im Nachhinein kann ich gut sehen, dass das eine recht eingeschränkte Gesprächsgrundlage war, zumal meine Frau ihren eigenen 5 km Lauf schon für absolut ausreichend ansieht. Es ging sicher keine wache Stunde, in der ich nicht an den Wettkampf oder Training gedacht habe. Dass sie das so über sich hat ergehen lassen, wundert mich noch heute.
Nachdem ich so ganz beiläufig aber unter dem größten Siegel der Verschwiegenheit beim Abendbrot fallen gelassen hatte, was ich mir für das nächste Jahr vorgenommen hatte, verging nicht viel Zeit, bevor die Kinder ihren Kameraden erzählten, was Papa da gerade machte. Und meine Frau teilte mir mit, dass ich gefälligst ins Ziel zu kommen habe, weil ihr Kollegium andauernd danach fragen würde, wie es denn nun gehen würde. Und sie könne sich ja nicht mehr da sehen lassen, wenn sie andauernd mit mir angibt und ich dann nicht durchhalten würde! Von daher war es natürlich auch einfach sie davon zu überzeugen, dass sie das ganze auch hautnah erleben müsste, um sich ein geeignetes Bild davon machen zu können.
Im Forum hatte ich inzwischen Kontakte zu einigen Kopenhagen-Startern geknüpft, und wir hatten uns ein wenig über verschiedene Dinge ausgetauscht. Mit annie und t-from-ger kam es sogar zu einem kleinen Testschwimmen 2 Tage vor dem großen Tag, einige andere stießen dann noch zur Pastaparty dazu. Für mich war es fast ein kleines Forumstreffen, denn Annie, Wandergsellin (Ingrid), runningmaus (Elke?) und Gurke waren auch da. Hinzuzufügen wäre vielleicht noch, dass Red Fred als Überraschungsgast für Gurke auftauchte, was ich ziemlich cool fand.
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