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Selbstmord im Familienbad - Erich Kästner
Selbstmord im Familienbad
Hier bist du. Und dort ist die Natur.
Leider ist Verschiedenes dazwischen.
Bis zu dir herueber wagt sich nur
ein Parfuem aus Blasentang und Fischen.
Zwischen deinen Augen und dem Meer,
das sich sehnt, von dir erblickt zu werden,
laufen dauernd Menschen hin und her.
Und ihr Anblick macht dir Herzbeschwerden.
Freigelassne Baeuche und Popos
stehn und liegen kreuz und quer im Sande.
Dicke Tanten senken die Trikots
und sehn aus wie Quallen auf dem Lande.
Wo man hinschaut, wird den Augen schlecht,
und man schliesst sie fest, um nichts zu sehen.
Doch dann sieht man dies und das erst recht.
Man beschliesst, es muesse was geschehen.
Wuetend stuerzt man ueber tausend Leiber,
bis ans Meer, und dann sogar hinein ?
doch auch hier sind dicke Herrn und Weiber.
Fett schwimmt oben. Muss das denn so sein?
Traurig haengt man in den gruenen Wellen,
vor der Nase eine Frau in Blond.
Ach, das Meer hat nirgends freie Stellen,
und das Fett verhuellt den Horizont.
Hier bleibt keine Wahl, als zu ersaufen!
Und man macht sich schwer wie einen Stein.
Langsam laesst man sich voll Wasser laufen.
Auf dem Meeresgrund ist man allein.
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Das Leben ist ein Zeichnen ohne die Korrekturmöglichkeiten des Radiergummis.
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