|
Ich bin bekennende Wettkampfheulsuse - wenn die Emotionen hochkommen kullern die Tränen. Beginnend bei der Vorstartmusik und endend, wenn ich Athleten im Ziel in Empfang nehme. Und da hatte ich nicht nur Freunde heulend im Arm, sondern genügend wildfremde Männer und Frauen. Solchen, denen es peinlich war, als die Tränen kamen, welche aus denen lachend-weinend die Erlebnisse sprudelten und welche, bei denen ich merkte, daß sie geradezu stolz auf ihre Emotionen sind und die froh waren, wenn damit jemand umgehen konnte. Und ich finde es ok, wenn in dem Moment die Gefühle hochkommen und sich die gesamte Anspannung in Jubelschreie oder Tränen entlädt.
Ich bin auf viele meiner Athleten in dem Moment stolz, bin glücklich, daß sie gesund und glücklich im Ziel sind, bewundere, daß sie sich durch einen langen, harten und schmerzreichen Tag gekämpft haben.
Wenn mir in dem Moment die Tränen kommen, dann weil ich einfach mitleide und mitfreue - und weil auch bei mir die Anspannung abfällt, wenn Freunde im Ziel sind.
Helden würde ich sie nicht nennen, denn sie haben sich diesen Weg selbst ausgesucht, haben sich aus freiem Willen dazu entscheiden das ganze Jahr zu trainieren und alles andere hinten an zu stellen. Es ist nicht heldenhaft, wenn man sich selbst in seiner Freizeit beschränkt und noch weniger, wenn das ganze soziale Umfeld sich danach richten muß, weil ein Familienmitglied grad in Wettkampfvorbereitung ist.
Für mich ist ein 8 Stunden-Athlet nicht heldenhafter als ein 12-Stunden-Athlet. Ein Triathlet nicht heldenhafter als ein Marathonläufer. Wer sein persönliches Ziel erreicht hat, gegen das Aufgeben gekämpft und glücklich im Ziel ist, den bewundere ich für diese Leistung - weil ich weiß, daß ich das nicht könnte, es mir persönlich aber auch nicht wichtig genug ist, sowas zu erleben.
Ich hab ein Problem mit Athleten, die immer bewundert werden wollen, die einem aufdrängen wie toll sie sind, und die ständig gelobt und/oder bedauert werden wollen, weil sie so ein entbehrungsreiches Leben führen müssen, da sie ja Sportler sind.
Ja, die Sportindustrie und auch manche Veranstaltungen pushen dieses Heldentum - aber man muß ja nicht alles glauben, was einem die Werbung erzählt.
Anja
|