Die Fußballer sind längst nach Hause gegangen, die Abendsonne scheint, aus den Biergärten duftet es lecker nach Pommes. Angebotene Kölsch lehne ich mit dem Hinweis, ich sei Düsseldorfer, dankend ab. Ach so, deshalb sähe ich so fertig aus. Wär ich Kölner, wär das anders. Stimmt, dann würd ich mich nicht trauen, rosa zu tragen. So in dieser Art trippel ich vom Baum zu Baum, von Labe zu Labe. Seit Kilometer 28 ist das ganze ein bisschen zäh, auch wenn die Alex (und alle anderen natürlich) "Alles locker, alles easy." zu hören kriegen. Ich bemühe mich meine abgekämpft aussehenden Mitläufer aufzumuntern, meine Vereinskollegen spielen allerdings beim nebenher joggen und dem Spruch "Lauf doch mal ein bisschen schneller..."mit ihren Leben.
So ab Kilometer 34 ist dann wirklich Pep-Talk angesagt. Ich hasse das, weil ich ja weiß, dass ich mich selber beschummle. Also einfach an die große weite Welt gedacht, an die Liebe und das Leben. Ich plaudere an den Laben mit den zusammenpackenden Helfern, bedanke mich, und muss tatsächlich das erste mal an diesem Tag ein bisschen kämpfen. Ich bin mehr oder weniger allein auf der Strecke, die Sonne geht auf der anderen Rheinseite langsam aber sicher unter und der wind wird langsam kühl. Kühl? Wieso wird mir kühl? In solchen Situationen fällt mir ja dann immer der Spruch meines Lieblings-Windschattengebers ein: "Wenn dir kühl wird, bist du zu langsam!"
Also lasse ich bei ungefähr Kilometer 37 Laufen Laufen sein und verfalle in einnen zügigen Walking-Schritt. Und siehe da, ich bin nicht nur deutlich schneller, mir wird auch wieder warm. An der nächsten Labe greife ich mir zum Eistee einen Riegel und knabbere dran. Geht. Also knabbere ich weiter.
Die Alex kommt, mittlerweile dick eingepackt. Die Gute. Seit heute morgen um sieben ist sie dabei. Ich gebe noch ein bisschen Gas, denn wenn ich mich nicht beeile, wird das nichts mit dem daylight finish. Dann stehen auch schon meine Kollegen da und halten das Vereinstrikot hoch.
Die Begeisterung bei ihnen ist groß. Da wird gejohlt, angefeuert, mitgelaufen. Der Dom ist vom letzten Abendrot illuminiert, als ich mir das Trikot überstreife. Jetzt aber fix. Das Blitzlicht der Kamera zuckt, ich fange wieder an zu laufen. Das geht wieder richtig gut. Am letzten Wendepunkt steht meine Lauf-Alex, die mich gleich nach Hause bringen wird und strahlt mich an. Die kleine rampe hoch auf die promenade wird noch mal ein kleines Bisschen zäh, aber ich laufe weiter, zieh nach oben und lasse die Beine von dort locker locker laufen. Tut das gut. Das fühlt sich des erstemal an diesem Tag wie richtiges Laufen an.
Der Teppich, der Bogen, schon liege ich den anderen in den Armen. Alle sind sie da. Haben auf mich gewartet, gebangt, gehofft. Ich bin soooo zufrieden. Dreizehneinhalb Stunden. Eine Stunde über dem Optimum, eine halbe Stunde über dem, was schön gewesen wäre, deutlich unter dem, was eigentlich bei meiner nicht vorhandenen Vorbereitung zu erwarten gewesen wäre.
Auf die Frage wie's mir geht, kann ich nach wie vor nur sagen, "Alles easy, alles locker." Auch wenn mir das wahrscheinlich keiner glaubt. Aber mir fehlt tatsächlich nichts. Klar, die Beine sind angestrengt, aber sonst ist alles in Butter. Ich gehe mit Gurke, dem Radverantwortlichen der Veranstaltung, in die Wechselzone, löffle dort ein halbes Schüsselchen Gulaschsuppe und unterhalte mich dabei mit ihm und Melanie, der Orga-Chefin, ohne die das ganze Event gar nicht stattgefunden hätte.
Dann wieder zurück zu meiner Truppe und erst mal Bier organisiert und nach mir kommende Läufer beklatscht. Auf der anderen Rheinseite erlischt langsam das Abendrot über dem Dom. Eine tolle Atmosphäre. Nach noch zwei Lagen Bier wird mir langsam ein bisschen kühl und ich verabschiede mich von meinem Support-Team und mache mich mit meiner Lauf-Alex auf den Heimweg. Beutel einsammeln, Rad einsammeln, auschecken. Ohne Probleme trage ich im parkhaus das Rad die Treppen runter, ganz im Gegensatz zum Mitstreiter vor mir der diese Aufgabe nur stark gehandicapped bewältigt.
Eine halbe Stunde später stehe ich zuhause unter der heißen Dusche und lasse anschließend bei einer heißen Tasse Schokolade den Tag Revue passieren.
Es lief alles optimal. Ich hatte zu jedem Zeitpunkt das positive Vertrauen, das ich es schaffen würde, solange mich nicht ein "irreparabler technischer Defekt" aus dem Rennen würfe. Eventuell hätte mich, wie ursprünglich geplant, eine etwas langsamere Radzeit laufend über die Strecke gebracht, aber es ist müßig, darüber zu spekulieren.
Ich bin jetzt, auch drei Tage später, noch mehr als zufrieden: Ich bin Montag ein bisschen Rad gefahren und geschwommen, Dienstag ein Stündchen langsam gelaufen. Meinem Bewegungsapparat fehlt nichts. Allerdings habe ich mächtig Kalorien und Flüssigkeit nachschaufeln müssen und bin heute nacht aufgewacht, weil mir kalt war und merke jetzt, das ich mit den Symptomen einer Erkältung zu kämpfen habe. Die Anstrengung des Wochenende ist also doch nicht spurlos an meinem Immunsystem vorübergegangen. Vermutlich werde ich alt....
Danke, Köln. Es war ein tolles Wochenende!
