Vor eingen Tagen hat der Historiker Heinrich August Winkler für die FAZ einen langen Gastbeitrag zum Eklat zwischen Trump und Selenksi unter dem Titel
Verrat auf offener Bühne geschrieben.
Winkler mutmaßt, das 2025 weltgeschichtlich das einschneidenste Jahr seit 1989, vielleicht sogar seit 1945 werden könnte und sieht mit Trump eine Abkehr vom normativen Erbe der Gründerväter der USA und bei Putin noch in radikalerer Form die Abkehr der Ordnungen von 1945 und 1990, begonnen mit der Annexion der Krim 2014.
Eine Lösung im Sinne eines Verteidigungsbündnisses innerhalb der EU hält er für nicht machbar, aufgrund der boykottiertenden Staaten Ungarn und Rumänien und der durch den Brexit abhandengekommenen zweiten europäischen Atommacht.
Er erläutert lesenswert Verbindendes und Trennendes der Demokratien der USA und Europa aus historischer Perspektive und erinnert als mögliche europäische Lösung an das nicht realisierte Projekt einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft vor 70 Jahren, Aber auf jeden Fall transatlantisch mit Kanada , tunlichst innerhalb der NATO und möglichst mit den USA.
Der Ausblick der vorletzten Passage spiegelt sich durchaus hier im Forum:
Zitat:
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Was für Europa insgesamt gilt, gilt erst recht für Deutschland. Hier war die Überzeugung, von Freunden umzingelt zu sein, in den Jahren nach 1990 besonders weit verbreitet und die Einsicht in die Notwendigkeit eigener Anstrengungen auf dem Gebiet der äußeren Sicherheit besonders schwach ausgeprägt. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat zu einem regelrechten Kulturkampf zwischen Gesinnungspazifisten um die Partei „Die Linke“, das Bündnis Sahra Wagenknecht und Teile des linken Flügels der SPD auf der einen und dem verteidigungsbereiten Gros der demokratischen Parteien geführt, wobei die „Pazifisten“ in Ostdeutschland inzwischen die kulturelle Hegemonie errungen zu haben scheinen. Die Vorhersage fällt nicht schwer, dass diese Auseinandersetzung sich noch verschärfen wird. Ihr ausweichen zu wollen wäre falsch und gefährlich.
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Er schließt:
Zitat:
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“ Deutschland, dessen Eliten sich im 19. und noch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts großteils gegen die Ideen von 1776 und 1789 gewehrt haben, verdankt seine Öffnung gegenüber der politischen Kultur des Westens nach 1945 vor allem dem militärischen, wirtschaftlichen, politischen und humanitären Engagement Amerikas. Wenn Washington heute die Werte des Westens infrage stellt, haben die Deutschen mehr noch als die anderen Europäer die Verpflichtung gegenüber dem anderen, dem verfassungspatriotischen Amerika, zu verteidigen, was Trump und die Seinen für normativen Ballast halten. Sollte der 47. Präsident der USA Deutschland und Europa zu dieser Erkenntnis zwingen, wäre das ein Aspekt seiner Wahl, den Hegel vielleicht als List der Vernunft bezeichnet hätte.“
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