Wir (ich immer dabei) haben nun über 10 Jahre gegen diese Bewegung nach rechts argumentiert,
wir haben demonstriert, haben uns organisiert, haben debattiert, haben uns gestritten, beschimpft, beleidigt und uns letztlich immer mehr voneinander isoliert.
Was hat es gebracht, was haben wir erreicht ?
Das, was wir versucht haben zu verhindern, ist eingetreten.
Kein Rechtsruck, eine klare Bewegung nach rechts ist passiert.
Jetzt könnten wir noch bezweifeln, dass gestern überhaupt eine demokratische Wahl stattgefunden habe.
Vielleicht wäre es jedoch tatsächlich an der Zeit, dass wir uns mit dem Wesen der gesellschaftlichen Entwicklung, ihren Ursachen auseinandersetzen, das könnte ein Schlüssel zum Verstehen ihrer Erscheinungen sein.
Etwas verstehen zu wollen heißt ja noch lange nicht, auch Verständnis für eine Entwicklung zu haben, vielleicht aber öffnet uns das den Blick auf die 20 bis 30 % in unserer Gesellschaft, die uns plötzlich fremd sind, die wir irgendwohin fantasieren, die wir uns hinter einer Mauer oder einem Schutzwall vorstellen oder uns als nicht existent wünschen.
Wir könnten vielleicht begreifen, dass Gesellschaft am Ende wie Familie strukturiert ist,
die Kinder und Jugendlichen sind nicht von TIKTOK erzogen worden, wir selbst sind die,
die Werte, Weltsicht und Weltvertrauen gegeben haben oder eben auch nicht.
Was wir gerade erleben, ist nicht vom Himmel gefallen und nicht außerirdisch, wir erleben gerade uns selbst.
Ich wünschte mir, dass wir weniger aufeinander einschlagen würden, dass wir uns weniger übereinander erheben und uns von der Vorstellung lösen könnten, die Weisheit mit Löffeln gefressen und die Wahrheit sowieso gepachtet zu haben.
Ich vermute, dass viele Jugendliche, die täglich bei mir im Theater sind, so gewählt haben, wie die Jugend eben gewählt hat.
Und trotzdem sollen sie morgen wieder hier sein und hier sein dürfen, sie sollen erzählen dürfen, was sie bedrückt, wütend macht und Angst verursacht.
Nur so wird es gehen, zusammen bei allen Unterschieden.
|