Zitat:
Zitat von keko#
Da du ja selbst Immigrant bist: machst du dir bei solchen abgefahrenen Vorschlägen keine Sorgen, dass du selbst mal aufgefordert wirst, wieder dorthin zu gehen, wo du hergekommen bist?
|
Nein, eigentlich nicht. Ich habe sowas in Siebenbürgen erlebt, wo rumänische Mitbürger mich in meiner (überwiegend ungarisch-deutschen) Heimatstadt auf der Straße angeraunzt haben, ich solle gefälligst rumänisch reden oder hier verschwinden. (Als wir dann den Ausreiseantrag gestellt hatten, waren wir plötzlich die Volksverräter). Sowas sehe ich hierzulande noch lange nicht kommen. Zumindest nicht solchen gegenüber, wie mich, die sich sprachlich und kulturell soweit assimiliert haben, daß außer dem Namen nichts auf die Herkunft hindeutet (einzelne Deppen, die sich pauschal ausländerfeindlich geben, ausgenommen; aber sogar bei der Bundeswehr hatten mich die Unteroffiziere mit teils merkwürdiger Gesinnung nie wegen meiner Herkunft auf dem Kieker, sondern wegen meiner ihrer überlegenen Bildung (ich war Dipl.-Ing., sie Hauptschüler), sowie wegen meiner ständigen Kritik an unsinnigen Befehlen.)
Ich verstehe weiterhin die Ideen auch von den extremsten Migrationskritikern dahingehend, daß es primär darum geht, diejenigen loszuwerden, die sich nicht integrieren/assimilieren wollen oder können, und hier Parallelgesellschaften aufrechterhalten, und damit die Gesellschaft spalten. Das Motiv halte ich für nachvollziehbar, die Lösung kann verschieden angegangen werden. Sellners Ideen sind sicher nicht die einzig denkbaren oder angemessensten (wobei ich die aktuell gerne zitierten überspitzten Ausdrücke wie "Deportation" nirgendwo auch nur im Ansatz in seinen Texten gesehen habe). Es ginge vielleicht auch z.B. wie es Dänemark probiert (Durchmischung von Wohngebieten, teils auch durch Zwang zum Umzug).
Natürlich kann ich mir auch immer vorstellen, daß es Konstellationen in diesem Land gibt, bei denen ich mich motiviert fühlen könnte, das Land zu verlassen. Die Corona-Zeit hat es mir sehr plastisch vor Augen geführt, wie schnell eine Gesellschaft sich polarisiert und die Menschen sich gegeneinander wenden können, wenn nur die entsprechende mediale, soziale oder politische Basis dafür gelegt wird. Da ist überzogen-sinnlose Ausländerfeindlichkeit auch eine unter vielen Risiken.