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triathlon-szene.de | Europas aktivstes Triathlon Forum - Einzelnen Beitrag anzeigen - Rechtsruck in Deutschland?
Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 03.10.2023, 15:12   #5978
DocTom
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Zitat:
Zitat von tuben Beitrag anzeigen
Ob wir einen Rechtsruck in Deutschland haben?
Das zu beantworten ist schwer.
Ich denke, es wäre wichtig nicht zuerst über die Erscheinung, sonders zuerst über das Wesen einer Situation nachzudenken.
Nach meinem Eindruck haben wir es mit einer Entwicklung zu tun, die sich durch zwei gravierende Verluste auszeichnet.
Es ist der Verlust an Vertrauen in Politik und staatliches Handeln auf allen Ebenen auf der einen Seite und der gravierende Verlust an Zuversicht, dass sich das absehbar ändert auf der anderen Seite.
Diese zwei Entwicklungen lösen neue Ängste aus und triggern alte Ängste. In der Folge sehen wir Unruhe, Unsicherheit, Verzweiflung und Wut. Wir erleben Aggressionen im Umgang miteinander und die Suche nach Schuldigen.
Diese Situationen schlagen dann oft um in Wut auf alles, was sich als "Zielobjekt oder Zielsubjekt" definieren lässt.
Das damit verbundene Gefühl der Isolation treibt die Suche nach Gleichgesinnten und treibt dann eben viele Menschen zu Kundgebungen und auf Plätze und zu politischen Strömungen, die genau diese Gefühle, die empfundene oder tatsächlichen, aufnehmen und ihnen Heimat geben. Und dann wird es kompliziert, gegen Gefühle helfen eben keine Argumente mehr, erst recht nicht, wenn die eigene Position als faktisch richtig behauptet und die Anstrengung gescheut wird, andere Positionen verstehen zu wollen.
Verstehen bedeutet nicht Verständnis, aber ohne Verstehen ist Diskurs nicht möglich.
Dass die Situation in Ostdeutschland eine besondere Brisanz und Dynamik hat, beschreibt ein Artikel in der Berliner Zeitung vom 30.09.2023 von Anja Reich sehr zutreffend.
Ob wir also über Rechtsruck oder Rechtsrutsch reden müssen, ich weiß es nicht, ein Ruck ist ein kurzer Impuls, ein Rutsch ist eine lange Bewegung mit großen Beharrungskräften, ich fürchte, wir reden darüber.
Eine kurze Anmerkung zu diesem Faden hier: der Ton ist gesetzt und entspricht dem Ton, der in unserer Gesellschaft herrscht: schrill, aggressiv, rechthaberisch, den Dissens suchend, den Konsens vermeidend, über Toleranz und Umgangston brauchen wir nicht mehr reden. Dier Argumente sind längst ausgetauscht, die Grenzen gezogen, die Stellungen bezogen. Das liegt vielleicht auch daran, dass wir alle mal fix etwas in die Tasten hacken und senden können. Manchmal wünschte ich mir, was wir schreiben müsste mit Tinte auf Papier geschehen, müsste nochmals überlesen, unterschrieben, gefaltet, adressiert, frankiert und zur Post gebracht werden. Am Briefkastenschlitz halten wir kurz innen und senden ab oder auch nicht…
Was wir gegenwärtig in unserer Gesellschaft erleben, das hätte ich mir nicht träumen lassen und erst recht noch vor kurzer Zeit nicht vorstellen können, bin ratlos und voller Fragen.
Oh, uberlesen, wie konnte mir das passieren.
Sehr guter Beitrag, daher auch bewusst nochmal im Vollzitat.
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„Der Horizont vieler Menschen ist wie ein Kreis mit Radius Null. Und das nennen sie dann ihren Standpunkt.„

Albert Einstein (1879 – 1955)
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