Zitat:
Zitat von Nepumuk
Was soll daran "größenwahnsinnig" sein. Wer soll denn sonst in Europa die Führung übernehmen wenn in Deutschland zusammen mit Frankreich? Österreich vielleicht? Oder Portugal?
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Sie spricht doch deutlich in der Rede von zweierlei Führung: einmal einer Führungsrolle in Europa und dann weltweit gemeinsam mit den USA (partnership in leadership). Letzteres bedeutet für mich inhaltlich, den amerikanischen Weltmacht-Führungsanspruch zu teilen ("Führungspartnerschaft" in der offiziellen Übersetzung), zu übernehmen. Ich hätte auch "übersteigerte Wahrnehmung der eigenen Bedeutung" schreiben können statt "grössenwahnsinnig".
England, Russland, Schweiz u.a. gehören zunächst mal genauso zu Europa. Mich stört es sehr, wenn man die EU meint, aber von Europa spricht. Die Schweiz z.B., um mal bei meinem Geburtsland zu bleiben, will sich bestimmt nicht von Deutschland führen lassen! Und ich könnte auch viele Länder in der EU aufzählen wie Ungarn, Polen etc.
Zur angemassten Führungsrolle in Europa: Es gibt in Europa bekanntlich den Europäischen Rat (47 Mitglieder, Russland wurde 2022 ausgeschlossen) sowie die EU (27 Mitglieder). Beide Organisationen funktionieren nicht hierarchisch und es gibt mit voller Absicht bei beiden überhaupt keine
Entscheidungsstrukturen, wo ein Land eine führende Rolle nur im Ansatz einnehmen könnte.
Wozu dient dann die Floskel von der "Führungsrolle": Um Zustimmung für die Aufrüstung der Bundeswehr, für die Militarisierung der EU und für die militärische und finanzielle Unterstützung des Ukraine-Krieges zu bekommen und das Staatsvolk zu sozialen Verzichtsleistungen zu bewegen, was durch das Angebot einer Identifikation mit einer angeblich veränderten, jetzt führenden Rolle in der EU kompensiert werden soll. Und wie ich sehe, gelingt es auch teilweise sehr erfolgreich.
Dass Anspruch und Wirklichkeit nicht übereinstimmen, lässt sich leicht nachvollziehen. Über den Anspruch kann man natürlich politisch geteilter Meinung sein, ich lehne ihn ab. Ich bin mir auch ziemlich sicher, dass er im europäischen Ausland auf wenig Zustimmung stösst.