Zitat:
Zitat von Klugschnacker
Für Dich bedeutet Freiheit vor allem individuelle Freiheit, wenn ich Dich richtig verstehe. Freiheit bedeutet demnach, dass sich der Einzelne möglichst ungestört von den Interessen der Gemeinschaft entfalten kann. Regeln, welche der individuellen Freiheit Grenzen setzen, vergleichst Du mit Diktaturen.
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Ja und nein. Freiheit ist grundsätzlich individuelle Freiheit, definiert dadurch, daß jedes Individuum die freie Entscheidung hat über sein Handeln und seine Lebensführung. Daß dies nicht im luftleeren Raum passiert, sondern unter anderen Menschen, ist klar. Deshalb gibt es für die Freiheit die natürliche Grenze, definiert z.B. als "was du nicht willst daß man es Dir antut, tue auch keinem anderen an". Dabei ist auch primär das Recht der einzelnen Anderen im Vordergrund, nicht eine diffuse, wie auch immer definierte "Gemeinschaft".
Zitat:
Zitat von Klugschnacker
Neben der Freiheit des Einzelnen ist die Freiheit der Gemeinschaft relevant. Wir sitzen ja alle im selben Boot.
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Mir fehlt die Vorstellung, wie die Freiheit einer Gemeinschaft definiert sein soll, da jede Gemeinschaft aus Menschen mit unterschiedlichen Vorstellungen und Lebensweise besteht. Ich kann mir eine freie Gemeinschaft nur als Gemeinschaft freier Individuen vorstellen. Und nein, ich mag das Bild mit dem Boot nicht, weil es suggeriert, daß alle den gleichen Weg nehmen müssen - das stimmt aber nicht. Menschen sollen eigene Wege gehen können, oder sich freiwillig ins Boot mit anderen setzen.
Nicht das Grenzen setzen für das Individuum führt zu Freiheitsverlust, sondern die Unterordnung des Einzelnen unter die "Interessen der Gemeinschaft". Das führt auch nicht unbedingt zu einer Diktatur (ich habe halt als Lebenserfahrung eine Diktatur mit kollektivistischer Ausrichtung, in der ich die massive Beschränkung der Freiheit erleben durfte). Es gibt Diktaturen, in denen die Menschen relativ frei leben können, solange sie bestimmte Bereiche nicht tangieren (am ehesten rein säkulare Militärdiktaturen); andererseits gibt es kollektivistische Gesellschaften, die auch trotz nomineller Demokratie fürs Individuum unfreier sind, weil im Namen der "Interessen der Gemeinschaft" in die private Lebensführung hineinregiert wird.
Dann gibt es noch Grenzen der Freiheit durch "Normen der Gesellschaft". Diese sind sehr häufig gegenläufig zur individuellen Freiheit, obwohl ihre Verletzung in sehr vielen Fällen keinem Mitmenschen tatsächlich schadet, sondern nur willkürliche moralische Regeln betrifft. Die Liberalisierung der westlichen Welt seit der Aufklärung hat wesentlich darin bestanden, das Individuum von möglichst vielen solchen Normen zu befreien (Beispiel die 68-er, die sich von den sexualnormen ihrer Väter abgelöst haben, oder der Verlust des religiösen Einflusses auf das Individuum, u.ä.). Diesen Prozeß möchte ich ungern umkehren sehen.