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Zitat von HerrMan
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Kann es sein, dass wir uns das alles ein wenig zurecht backen, weil die mit hoher Wahrscheinlichkeit bald völlig zertrümmerte Ukraine der Garant für unsere weiteren fetten Jahre ist? Etwas Wohlstandsverlust, aber mehr wird uns wohl nicht passieren...
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Es ist richtig, dass die Ukraine zwar primär um ihre eigene Freiheit kämpft, gleichzeitig aber mit ihrem bewundernswerten Mut auch unsere zukünftige Sicherheit erhöht, indem sie das russische Militär auf Jahre hinaus schwächen wird.
Insbesondere in Verbindung mit konsequenter Aufrechterhaltung der Sanktionen (insbesondere auch des Chip-Exportverbotes nach Russland) wird das russische Militär sich von diesem Angriff (IMHO) auf Dauer nicht mehr erholen.
Die angekündigten 100 Milliarden an Aufrüstung für die Bundeswehr wird man hoffentlich noch mal genau analysieren, was tatsächlich unter Berücksichtigung der dann noch übrig bleibenden Bedrohungslage erforderlich ist
Andererseits ist aber auch nicht damit zu rechnen (bzw. nicht zu befürchten), dass die Ukraine nach dem Krieg komplett zerbombt sein wird. Dafür fehlen Russland schlicht und ergreifend die notwendige Menge an Raketen, selbst wenn Putin dieses Ziel vielleicht als Rache für die erlittene militärische Niederlage im Norden der Ukraine auch im Hinterkopf haben könnte. Die Großstädte Kiew, Odessa und Lviev haben bis jetzt keine nennenswerten Schäden erlitten, abgesehen von einzelnen Wohnblocks und ein paar militärischen Zielen.
Für großangelegte Luftangriffe mit ausgedehnten Bombardementsn (das ist wesentlich billiger als Angriffe mit Raketen) fehlt Russland die absolute Lufthoheit. Wegen der immer noch funktionierenden ukrainischen Luftabwehr fliegen russische Kampfflugzeuge seit Wochen nur Ziele an, für die sie nur extrem kurz den ukrainischen Luftraum betreten müssen oder sie feuern Raketen noch aus dem russischen Luftraum auf ukrainische Ziele.
Ich fand es vergangenen Donnerstag bemerkenswert, dass Russland als Vergeltung für die Versenkung der Moskwa eine Rüstungsfabrik in Kiew mit Raketen angegriffen hat, wo Anti-Schiffsraketen hergestellt wurden: Eigentlich hätte man erwarten müssen, dass derartige militärische Ziele wie Rüstungsfabriken schon in der ersten Woche des Angriffskrieges proaktiv ausgeschaltet hätten sein müssen (aus russischer Sicht) und nicht erst, wenn das größte Schiff der eigenen Flotte versenkt worden ist. Auch das ist ein klares Indiz, dass in Russland schon jetzt Präzisionswaffen nur noch in begrenzter Zahl für den Krieg in der Ukraine zur Verfügung stehen.
Derzeit kämpft Russland im (ohnehin bereits nach jahrelangem Krieg der Separatisten weitgehend zerstörten) Osten der Ukraine mit dem letzten Aufgebot an russischem Bodentruppen. Egal wie diese Schlacht ausgehen wird: danach wird sich Putin auf einen Waffenstillstand einlassen, denn ihm gehen die für Bodentruppen nutzbaren Soldaten aus und er müsste dann, um weiterzukämpfen eine Mobilmachung von Reservisten veranlassen, was schwer zu seinem Narrativ einer "Spezialoperation" passt.
Wenn die Ukraine sich gegen Russland als souveräner Staat behauptet haben wird- um mal von einem optimistischen Szenario auszugehen- wird der deutsche Anteil an diesem Teilerfolg leider gemessen an der Wirtschaftskraft Deutschlands sehr niedrig sein. Aber Deutschland hat dann immerhin noch die Chance dem neuen EU-Mitglied beim Wiederaufbau massiv zu helfen.