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Zitat von LidlRacer
Soweit ich Drosten richtig verstanden habe (und er richtig liegt), haben wir derart geringe Todeszahlen nur, weil das Virus momentan nicht so sehr in den oberen Altersklassen und damit den Hochrisikogruppen grassiert.
Das ist m.E. aber nur deshalb der Fall, weil wir insgesamt noch halbwegs niedrige Infektionszahlen haben. Bei 20.000 sehe ich nicht, dass wir das weiterhin weitgehend aus Altenheimen etc. heraushalten können. Und es bliebe ja nicht bei 20.000, wenn wir nicht doch wieder stärkere Beschränkungen einführen - nicht viel später wären wir bei 40.000, 80.000 usw.
Ich verstehe diesen Ansatz absolut nicht, denn der Aufwand, die Infektionszahlen konstant zu halten, scheint mir auf niedrigem Niveau nicht höher zu sein als auf hohem Niveau. Im Gegenteil - auf niedrigem Niveau dürfte es leichter sein, dieses zu halten, weil dann eben Nachverfolgungen noch möglich sind, Testergebnisse nicht x Tage auf sich warten lassen usw.
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Ich finde diese gezeichnete Dualität schrecklich; als wären das zwei Wissenschaftler, die vollkommen gegenstätzliche Ansichten hätten. Das ist mitnichten so, wenn sicherlich einige (evtl. auch deutlichere) Unterschiede vorhanden sind. Dann wird die Gesellschaft geteilt in gut und bose, wobei gut stets Drosten ist und böse alles andere und mittlerweile insbesondere Streeck.
Das Problem ist: es geht nicht nur darum Menschen vor Infektion und Tod zu schützen, sondern es geht auch darum eine Gesellschaft am Leben zu halten. Wenn, wie bspw. Schwesig letzte Woche bei Lanz, alle aktuellen Maßnahmen bis zur wirksamen Impfung aufrecht erhalten werden sollen, dann sehe ich schwarz für unsere Gesellschaft. Es kann nicht sein, dass Schulunterricht und auch Universitäten teilweise nicht richtig aufrechterhalten werden können. Hier werden massive Nachteile für die kommende, junge Generation geschaffen. Gerade auch für sozial schwächere Familien entstehen große Nachteile, da eine gesellschaftliche Teilhabe schwerer möglich ist. Auch der Arbeitsmarkt scheut die Neusteinstellung - auch hier wieder langfrsitige Schäden für die junge Generation, wie Studien zur Auswirkung von Krisen zeigen. Spanien hat aktuell wieder eine Jugendarbeitslosigkeit von über 40%, das ist fatal und in kurzer Zeit schon wieder eine verlorene Generation. Der verlinkte NYT-Artikel hat weitere globale Folgen aufgezeigt, die uns im globalen Norden und Westen wenig tangieren (Malaria, TBC, HIV), aber in einigen Jahren weitere verheerende Folgen offenbaren werden.
Dazu kommt ein gesellschaftliches Klima, das geprägt ist von Angst und Spaltung, vor einem Virus, das für einen Großteil der Bevölkerung fast keine bis keine Folgen hat. Natürlich müssen Todesfälle und ein Zusammenbruch des Gesundheitssystems vermieden werden, jedoch unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit. Da liegt der Klinik Arzt richtig, wenn er sagt, dass es nicht sein kann, dass seine Station leer ist und andere OPs zurückgestellt werden. Deshalb muss es u.a. eine Ampel geben, die mehrere Faktoren miteinberechnet und unterschiedlich gewichtet. Da können die Neuinfektionen ein größeres Gewicht erhalten, damit man die verspätete Reaktion der Intensiv-/Todesfälle einkalkuliert. Aber Neuinfektionen sind lediglich ein Aspekt und eben oft vernachlässigbar.
Das Argument des exponentiellen Wachstums ist doch langsam auch durchgekaut. Es gibt kein natürlich vorkommendes exponentielles Wachstum, da natürliche Grenzen vorhanden sind. Deshalb ist es wichtig, dass nun nicht alle Maßnahmen über einen Haufen geworfen werden, aber es kann auf eine Herdenimmunität von Nicht-Risikogruppen unter Schutz der Risikogruppe gesetzt werden.