Zitat:
Zitat von Klugschnacker
Interessant fände ich es, noch näher zu erfahren, wie Du zu Deinen Einschätzungen der Wirksamkeit einzelner Maßnahmen kommst. Ich wäre dafür nicht kompetent genug.
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Ich sehe es nicht allein als eine Frage von fachlicher Kompetenz an, da es für diese Komplexität an Zusammenhängen eh keine all-fähigen Spezialisten gibt. Allerdings bringe ich einiges an medizinischem Rüstzeug mit (mehrere Ärzte in der Familie, jahrleange Beschäftigung mit ähnlichen Themen auf Grund meiner chronischen Borreliose). Dazu bin ich in der Forschung und Entwicklung tätig, wo ich täglich Messergebnisse, Daten interpretieren muß, und gelernt habe, die Relevanz von Korrelationen, die Größe von Effekten, quantitative Risikoanalysen als Entscheidungsbasis u.v.a.m. zu erarbeiten und in Handlungsempfehlungen umzusetzen. Damit glaube ich schon, daß ich in der Lage bin, aus den verfügbaren Informationen (allerdings über die "Standardnachrichten" hinausgehend zu recherchieren) die Wirksamkeit von Maßnahmen zumindest im Vergleich zueinander eizuschätzen, die großen von den kleinen Effekten zu Unterscheiden, und daraus ein Maß für die Verhältnismäßigkeit abzuleiten.
Zitat:
Zitat von Klugschnacker
Meiner Meinung nach ist dieser simple Zusammenhang von Ursache und Wirkung einfach etwas zu simpel. Vermutlich hat kaum eine Maßnahme für sich allein betrachtet so einen starken Effekt, dass ihr Nichtbeachten sofort zu explodierenden Fallzahlen führen würde. Es ist daher leicht, einzelne Maßnahmen bezüglich ihrer Wirkung in Zweifel zu ziehen.

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Wie gesagt, einzelne Maßnahmen kann man in Verhältnis setzen, und auf Grund von Daten aus verschiedenen Ländern die Größe der Wirkung im Vergleich einschätzen. Risiko ist immer ein Produkt von Eintrittswahrscheinlichkeit und möglichen Schaden; das letztere ist bei Corona auch noch mit einer Wahrscheinlichkeit versehen (wenn ich vom Kirchturm falle, gibt es 100 % den maximalen Schaden; wenn ich Corona einfange, gibt es je nach Alter, Vorerkrankung etc. immer eine Wahrscheinlichkeit kleiner 100 % für jeden möglichen Ausgang, von nichts merken bis Tod. Damit diese aber greift, muß erst mal die Infektionswahrscheinlichkeit eintreten. Die Maßnahmen dienen der Minimierung dieser vorgelagerten Wahrscheinlichkeit. Ich gehe davon aus, in allen Szenarien, in denen die Übertragungswahrscheinlichkeit in sub-% oder sogar sub-Promille Bereich liegt, sind weitere Optimierungen von minimalem Effekt und keine Nachteile wert. Zu solchen Szearien gehört z.B. die Infektion durch Zufallsbegegnung mit einem Infizierten auf der Straße, im Supermarkt, oder ähnlichen, kurzen Treffen, wo man nur wenige Sekunden oder Minuten in der Nähe des anderen ist, wenn auch noch dieser Andere mit einer Wahrscheinlichkeit von 1:10000 oder geringer überhaupt Infektiös ist. Ähnlich liegt es in einem fast leeren Bus, etc. Hier ist keine Vorschrift gerchtfertigt, die mit gravierenden Nachteilen oder Belastungen verbunden ist. Ganz anders liegt es .B. in einer Disco, im Pflegeheim, Arztpraxis, etc., wo das Produkt der Wahrscheinlichkeiten um Größenordnungen höher liegt, und damit die Gesamtwahrscheinlichkeit, sich Corona einzufangen, entsprechend relevant werden kann.
Änlich kann jede Situation bewertet werden, und die sinnhaftigkeit einer Maßnahme daran gemessen. Ich bin also für gezielt flexibel situationsabhängige Maßnhamen, die primär auf Vernunft und Eigenverantwortung sowie Richtlinien für wirklich stark wirksame Maßnahmen bauen, und nicht auf sture, nicht hinterfragte Vorschriften für teilweise nur gering wirksame Maßnahmen (die von mir aus jeder unbenommen für sein persönliches Sicherheitsbedürfnis dazunehmen darf). Nur so können unnötige Härten und Kollateralschäden minimiert werden. Der Preis dieses Ansatzes ist die Akzeptanz von einem "Restrisiko" in der Höhe von allgemeinen Lebesrisiken, und die Verantwortung eines jeden, sich nach eigenem Risikoempfinden selbst zu schützen (wo gehe ich hin, wen küsse ich, wo ziehe ich eine wirklich nützliche FFP2 Maske auf, etc.). Ich sehe es, wie es in einem Link vor einigen Tagen stand: es ist nicht Aufgabe des Staates, mein Leben
um jeden Preis zu schützen.