Zitat:
Zitat von Zarathustra
Desweiteren kann man mit Kant der Ansicht sein, daß uns einige der Einsichten, die in den Prämissen behauptet werden aufgrund der Grenzen unserer Vernunft und unseres Verstandes prinzipiell verwehrt bleiben müssen (Danke an Helmut S für den Hinweis!).
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Ich fühle mich nicht sehr wohl beim Lesen der Zeilen.

Ich möchte also etwas detaillieren:
Mein Hinweis bezog sich (vor dem Hintergrund der Diskussion hier um die "Rechtfertigung Gottes vor dem Übel in der Welt") lediglich auf eine späte, nachkritische Schrift von Kant mit dem Titel:
"Über das Misslingen aller philosophischen Versuche in der Theodizee"
Die Ehre bezüglich einen Hinweises darauf, dass uns einige der Einsichten aufgrund der Grenzen unseres Verstandes
und unserer Vernunft prinzipiell verwehrt beleiben müssen, gebührt mir nicht. Ich sehe das auch nicht in der Gänze so, vor allem nicht, wenn ich mich an Kant orientiere.
Ich bin der Meinung, dass man hier aufpassen muss, dass man Kant nicht falsch versteht. Auch Kant hat sich über die Zeit entwickelt und teilweise verändert oder ggf sogar Widersprochen. Vereinfacht gesagt, muss man also m.E. aus aus folgendem Grund aufpassen:
Er gebraucht den Begriff der Vernunft manchmal im engeren Sinne und manchmal im weiteren Sinne. Das ist verwirrend. Im weiteren Sinne umfasst die Vernunft bei Kant auch den Verstand.
Im engeren Sinne ist bei Kant die Vernunft die Fähigkeit Urteile a priori zu treffen. A priori bedeutet, Urteile zu treffen (also Erkenntnis zu gewinnen) ohne vorher eine sinnliche Erfahrung gemacht zu haben, d.h. nur mit Hilfe der Begriffe und ihrer Bedeutung. Der Verstand dagegen ist das Vermögen Urteile a posteriori zu treffen, d.h. Urteile z.B. aufgrund von Erfahrung (phänomenal als Sinneseindruck des Dings an sich) zu treffen. Alle empirische Erkenntnis entspringt einem Urteil a posteriori. Anmerkung: Kant dröselt die Arten der Urteile noch weiter auf - is hier aber m.E. unerheblich.
Was die Theodizee betrifft, so lehnt Kant (in der genannten Schrift) meinem Verständnis nach aus
logischen Gründen bzw. Gründen der Möglichkeiten des Verstandes (a posteriori) alle Versuche ab, Gott trotz des Übels der Welt zu rechtfertigen. Schon gar nicht - das sagt er ausdrücklich - sind die Theodizeeversuche Gottesbeweise. Ein Existenzbeweis muss, soll er wissenschaftlich sein, immer a posteriori sein. Da sich Gott aber dem Verstand (mangels sinnlicher Erfahrung als Phänomen des Dings an sich) entzieht, ist kein Beweis möglich.
Kant ist aber damit Einverstanden, dass die Vernunft (genauer: praktische Vernunft) einen Gottes
begriff postuliert, um das sittliche Handeln zu rechtfertigen. Die Vernunft im engeren Sinne ist der Quell von Begriffen, von Ideen. Die Existenz eines Begriffs, eine Idee ist aber noch kein Beweis für die Existenz eines Dings an sich, dessen Phänomen wir mit dem Begriff bezeichnen. Kant sagt, man kann so tun "als ob" es einen Gott gibt (um die höchste Einheit der Erkenntnis der Vernunft herzustellen) . Der
Begriff "Gott" (bzw. das so "tun als ob") muss sich dann aber der Moral unterordnen. Man kann aber auch so tun "als ob" die Moral von Gott kommt. Das ist aber alles nicht wirklich objektiv.
Man kann mit Kant also
m.E. nicht der Ansicht sein, daß uns einige der Einsichten, die in den Prämissen behauptet werden aufgrund der Grenzen unserer Vernunft
und unseres Verstandes prinzipiell verwehrt bleiben müssen. Was uns verwehrt bleiben muss, so Kant, ist der Beweis oder die Rechtfertigung, denn die Begriffe sind dem Verstand insofern nicht zugänglich, als dass er sie mit Erfahrung füllen könnte. Das ist insofern ein Unterschied, weil die Nichtzugänglichkeit nicht an der Göttlichkeit bzw Menschlichkeit o.ä. liegt, sondern an der logischen Unmöglichkeit.
Wichtig: Kant sieht m.E. Gott in dieser späten Phase auch nicht als moralisches Wesen, als moralischen Akteur, das bzw. der dem Sittengesetz unterworfen wäre, sondern er meint im obigen Sinne, dass man so tun könnte "als ob" es einen Gott gibt, der dann aber der Moral unterworfen sein müsste. Um so zu tun "als ob" muss es aber den
Begriff "Gott" geben, die Idee "Gott". Damit behauptet er aber nicht, dass es einen Gott gibt. Insbesondere - selbst wenn es einen gäbe - könnte man aus der Existenz nichts ableiten, weil Existenz kein Prädikat ist, dass man in Beziehung zu etwas setzen könnte um
neue Erkenntnis (Erweiterungsurteil) zu gewinnen. Übrigens wurde aus diesem Grunde m.W.n. in der Mathematik der Existenzquantor eingeführt. Vorher war man der Meinung, Existenz könne man als Prädikat ausdrücken.
