Zitat:
Zitat von Klugschnacker
Solche Beispiele haben meiner Ansicht nach eine geringe Beweiskraft für die These, dass "die Eliten" erstens die politische Macht ausüben, und zweitens zum Nachteil "des Volkes".
Denn diese Beispiele unterschlagen die ebenso zahlreichen Gegenbeispiele. In Deinem Beispiel wären das jene Firmen in der Nazizeit, die nicht oder nicht freiwillig die Politik Hitlers unterstützten. Davon gab es ebenfalls eine ganze Menge. Es ist also schwer, allein mit Beispielen irgend etwas zu beweisen.
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Es reicht mir erstens zunächst aus, sachlich zur Kenntnis zu nehmen, dass der zentrale Verband der deutschen Industrie und die im Zitat genannten Grosskonzerne und Besitzer als treibende Kraft 1933 eine Verabredung mit Hitler schlossen und ihm und der NSDAP offiziell regelmäßig hohe Spenden zukommen liessen und Hitler und Göring bei dem Treffen versprachen, die Demokratie und die freien Gewerkschaften abzuschaffen sowie dem Industriellenverband mehr Einfluss auf die Politik zu geben. Dass unmittelbar danach alle jüdischen Unternehmer aus demselben Verband enteignet, vertrieben oder ermordet wurden gehört zu der Geschichte dazu. Das braucht keine Relativierung im Sinne von: "Eine ganze Menge" von Unternehmer machten das nicht freiwillig. Nenne mal einige Grossskonzerne. Den Film Schindler´s Liste kennen wir alle.
Zweitens reicht es mir aus, wenn man die historische Wahrheit zur Kenntnis nimmt, dass auch bei den lateinamerikanischen Diktaturen nach dem zweiten Weltkrieg diese immer vom überwiegenden Teil der Grosskapitalisten unterstützt wurden.
Drittens scheint Ähnliches auch für die Mussolini Periode in Italien nachgewiesen. Man findet da bei Wikipedia folgenden Hinweis:
"Es ist unstrittig, dass Industrielle, Bankiers und Großgrundbesitzer durch großzügige Finanzierung und Unterstützung anderer Art (etwa durch Überlassung der zum ritualisierten Erscheinungsbild der „Strafexpeditionen“ gehörenden Lastkraftwagen) die faschistische Bewegung maßgeblich gefördert haben. In einigen Fällen wurden die fasci bzw. deren squadre von lokalen Industriellen- bzw. Grundbesitzervereinigungen überhaupt erst gegründet, die dabei eigene Vertrauensleute als Führer einsetzten.[57] Angesichts der Eindeutigkeit der Quellenlage gibt es kein italienisches Pendant zu der jahrzehntelang mit außerordentlicher Heftigkeit geführten Debatte über die Förderung der NSDAP durch deutsche Industrielle. Dieser Zusammenhang wurde schon von Zeitgenossen vielfach vermutet und mitunter nachgewiesen. So schrieb der Präfekt von Mailand – die Stadt war der weitaus bedeutendste Finanzplatz Italiens und Sitz der faschistischen Führungsgruppe um Mussolini – am 16. Mai 1921 an das Innenministerium:
„Ich kann Ihnen berichten, dass die hiesigen Banken stets besonders großzügig mit ihren Subventionen für die faschistischen Organisationen waren, auch wenn es schwierig ist, die exakten Summen zu nennen, da solche Zahlungen direkt und persönlich von den Vorständen kommen und in Protokollen und Budgets nicht erwähnt werden. Es ist auch wahr, wie weithin angenommen wird, dass nicht nur die Banken, sondern auch Industrielle und Geschäftsleute die Organisationen der Faschisten finanzieren.“[58]
https://de.wikipedia.org/wiki/Italie...Der_squadrismo
Viertens putschte in Spanien Franco mit Teilen des Militärs gegen die frei gewählte (!) Volksfrontregierung, die zweite Republik, und begann den Bürgerkrieg. Nach Ende des Bürgerkrieges, dem Sieg der Francisten wurden hunderttausende Anhänger der Republik ermordet, Millionen im Gefängnis inhaftiert oder in KZ´s verbracht. Monarchie, katholische Kirche, Grossgrundbesitzer und Grossindustrielle standen an der Seite Franco´s.
Ich kann nicht sehen, inwiefern die Geschichte unserer Demokratien andere Erfahrungen parat hat, als ich sie beschrieben habe. Faschistische Diktaturen und Autokratien gelten als eine Herrschaftsvariante des Kapitalismus in ökonomischen und politischen Krisenzeiten, wobei Krieg, Nationalismus und Fremdenhass als Herrschaftstechniken unterstützt werden.
Aufgrund der Erfahrungen mit dem 2. Weltkrieg führte man im Nachkriegsdeutschland als Prävention z.B die Montanmitbestimmung ein
"Die Entstehung des Montanmitbestimmungsgesetzes mit einer echten Parität ergab sich aus der besonderen politischen Situation unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg. Während des Zweiten Weltkrieges war die Großindustrie und insbesondere die Montanindustrie aus ökonomischem Kalkül sehr am Krieg interessiert. Diese Erkenntnis führte dazu, dass in den montanmitbestimmten Aufsichtsrat eine außerbetriebliche Person benannt werden muss, die nicht bei der Gewerkschaft angestellt sein darf. Hierdurch sollte das öffentliche Interesse im Aufsichtsrat berücksichtigt werden."
Montanmitbestimmung
sowie den Artikel 20 GG: „Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist."
Die Frage wäre: Welche Prävention braucht eine Demokratie, um nicht in eine autoritäre oder gar faschistische Staatsform überzugehen, weil das tendentiell immer möglich sein kann.