Zitat:
Zitat von keko#
Religion definiere ich als "Den Glauben an eine übermenschliche Ordnung, die keinen menschlichen Launen entspringt und nicht auf menschliche Vereinbarungen zurückgeht".
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und darauf die Antwort von FlyLive:
Zitat:
Zitat von FlyLive
Es ist für mich ein verständlicher Ansatz, den religiösen Glauben zu umschreiben. (...)
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Warum ist das ein verständlicher Ansatz?
Es gibt verschiedene Arten von Definitionen. Beispielsweise könnte ich eine bestimmte Frucht als "Apfel" definieren. Das ist reine Willkür. Die Dinge bekommen einen beliebigen Namen, und damit hat es sich.
Dann gibt es Definitionen, die das Ergebnis sind von Daten. Ist die Erdbeere eine Beere oder eine Nuss? Tatsächlich ist es eine Nuss, und dahinter stecken diverse Erkenntnisse. Diese Art von Definitionen vergeben nicht nur Namen, sondern sie beschreiben die Wirklichkeit und kategorisieren sie. Die Grundlage sind Daten. Zuerst müssen Daten her; daraus formt man die Definition widerspruchsfrei.
Wo sind die Daten für kekos Definition?
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Formulieren wir mal eine maximal plausible Definition von Religion, der niemand widersprechen würde:
"Religion definiere ich als X."
Diese Definition gibt zwar nicht viel her, aber sie ist widerspruchsfrei und kann nicht widerlegt werden. Immerhin! Ein guter Start!
Welche Aussagen könnten wir nun über X machen?
Könnten wir beispielsweise ableiten, X hätte die Welt geschaffen? Nein, das lässt sich nicht ableiten. Aber es lässt sich sicher sagen, dass X die Welt nicht
verhindert hat, denn wir wissen sicher, dass
überhaupt nichts die Welt verhindert hat, also auch nicht X. Keine Definition kann dagegen verstoßen.
Könnten wir behaupten, dass X schuld sein muss an der Hexenverbrennung? Das scheint auf den ersten Blick plausibel, aber direkt ableiten lässt es sich nicht. Vielleicht war alles nur ein großes Missverständnis. Aber es lässt sich sicher sagen, dass X die Hexenverbrennung nicht verhindert hat.
Wenn wir nun alle Daten und Ereignisse der Weltgeschichte auf diese Weise prüfen, dann kommen wir zum immer gleichen Ergebnis, nämlich, dass X diese Dinge nicht verhindert hat. Dadurch erlangen wir eine recht genaue Kenntnis über X, jedenfalls betreffs dieser Frage. Es ist wie in einem Science-Fiction-Film, wo man eine unsichtbare Person (die eine Tarnkappe verwendet) mit Farbe übergießt: Plötzlich sieht man die exakten Umrisse, obwohl die Person selbst unsichtbar bleibt.
Auf diese Weise ist es möglich, Daten zu sammeln, von denen man
anschließend eine Definition ableitet, die mehr ist als nur ein Name oder Wunschdenken. Obwohl "X" anfangs völlig inhaltsleer scheint, zwingen unsere Daten uns dazu, X anhand dieser Daten zu formen, zumindest insoweit, dass X sie nicht verhindert. Eben war X noch ein nutzloser Platzhalter, aber nun ist es ein mächtiges Werkzeug geworden, um etwas Unsichtbares sichtbar zu machen. Wir übergießen das Unsichtbare mit Farbe. Unsere Daten sind die Farbe.
Wir könnten also eine Definition formulieren wie: "Religion ist der Glaube an etwas, was das Zustandekommen unserer Welt, deren Zustand und unsere restlichen Daten nicht verhindert hat -- was immer es sein mag".
Oder: "Religion ist der Glaube an etwas, was das Leid auf der Welt nicht verhindert hat, auch nicht bei Kindern."
Womöglich kommt am Ende etwas heraus, was überhaupt nicht grandios und erhaben ist. Vielleicht kommt etwas heraus, das mies und gemein ist. Oder gleichgültig. Etwas, das wir zur Kenntnis nehmen und danach verachten. Etwas, das uns entsetzt.
Hätte ein christliche Definition von X überhaupt noch die Chance, grandios zu sein? Ist diese Möglichkeit nicht bereits ausgeschlossen, angesichts des Holocausts und all des anderen Leids auf der Welt?
Wenn es einen Gott gibt,
kann es nur ein Gott sein, der den Holocaust und all das andere Leid nicht verhindert hat -- und daher will ich mit ihm nichts zu tun haben. Meine Selbstachtung lässt mich hoffen, dass die Welt durch eine dumme Quanten-Fluktuation entstanden ist. Denn das wäre allemal besser als unter das Joch eines bestialischen Tyrannen zu kriechen und ihn dafür noch zu preisen.