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triathlon-szene.de | Europas aktivstes Triathlon Forum - Einzelnen Beitrag anzeigen - Quo vadis DTU?
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Alt 13.04.2018, 14:54   #550
Klugschnacker
Arne Dyck
triathlon-szene
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Pressemeldung
Maximilian Schwetz erstes Saisonziel nicht gelungen – WTS-Qualifikation nun auf anderem Weg

„Die Kriterien der DTU und meine Saisonplanung haben bislang nicht zusammengepasst“

Das Verpassen einer Top Ten-Platzierung beim Weltcup in New Plymouth (NZL) Ende März ist für die Saisonplanung von Profi-Triathlet Maximilian Schwetz nun endgültig zu einem Problem geworden. Der 27-Jährige will sich mit den Besten der Welt messen, ist gemäß seiner Leistungen im internationalen Ranking auch „locker“ für die meisten Rennen der Weltmeisterschafts-Serie WTS qualifiziert, wird aber nach dem schlechten Tag in Neuseeland und einer kurzfristigen Änderung der Kriterien der Deutschen Triathlon Union nicht für die höchste Elite-Rennserie im Triathlon nominiert. Sein elfter Platz beim Rennen in Mooloolaba (AUS) wäre sportlich ausreichend gewesen, dieser Wettkampf zählte aber gemäß neuer Verbandsvorgaben nicht mehr als Qualifikationsgelegenheit. Eine Ausnahmeregelung lehnte der DTU-Leistungssportausschuss jetzt ab. Im Interview macht der Physiker klar, dass er weiter in Richtung WTS plant und wie steinig der Weg sein wird.

Herr Schwetz, die Saison begann für Sie recht ordentlich, aber der Weltcup in New Plymouth lief anders als geplant und schmeißt Ihre Saisonplanung nun über den Haufen…

Dummerweise ist das so. Ausgerechnet bei diesem Rennen, das für mich aufgrund der kurzfristig geänderten Nominierungskriterien der DTU entscheidend war, stimmte meine Form leider nicht. Da muss ich mich natürlich was das Rennen in Neuseeland betrifft auch an die eigene Nase fassen. Eigentlich entspricht der Kurs in New Plymouth mit der schweren Radstrecke und dem Lauf nach harter Vorbelastung meinen Stärken, aber wie sagen manche: hätte, hätte… Fahrradkette.

Greifen wir den Konjunktiv auf: Wäre es daher nicht klüger gewesen, die Vorbereitung direkter auf den Neuseeland-Weltcup abzustellen?

Ich verdiene mein Geld mit Triathlon. Daher muss meine Planung immer auf das gesamte Jahr abgestimmt sein. Mein Formaufbau ist somit selbstverständlich mit Blick auf die gesamte Saison ausgerichtet. Nicht jedes Rennen kann daher als „Leistungshöhepunkt“ angegangen werden, zumal das Triathlontraining samt Steuerung ein komplexes Thema ist. Hinterher ist man immer klüger, klar. Mag auch sein, dass ich zuletzt zu viele Rennen absolviert habe, aber ich unterliege einerseits finanziell und andererseits letztlich auch mit Blick auf die internationalen Punkte eben gewissen Zwängen.

Ihre Leistungshöhepunkte waren also andere Rennen?

Mein Fokus lag eindeutig auf dem WTS- und dem Weltcup Rennen in Abu-Dhabi und Mooloolaba, auch weil die DTU-Kriterien genau diesen Weltcup in Australien bis vor wenigen Wochen noch als Qualifikationsrennen für die WTS beinhalteten. Erst nachdem ich ein paar andere Schwächen in den Kriterien aufgedeckt habe - sonst hätte ich in New Plymouth nicht mal teilnehmen können -, wurden plötzlich auch alle Rennen vor dem 17. März (Datum des DTU-Leistungstests, Anm. d. Red.) als Qualifikationsmöglichkeit gestrichen. Zu dem Zeitpunkt, nur zwei Wochen vor dem ersten Highlight in Abu-Dhabi, war es dann natürlich viel zu spät, den Formaufbau noch zu ändern. Und in Mooloolaba habe ich ja auch „locker“ die von der DTU geforderte Leistung gebracht und das sogar beim wahrscheinlich bestbesetzten Weltcup der ganzen Saison.

Worauf führen Sie diesen Sinneswandel der DTU zurück?

Da kann ich nur spekulieren. Aber ich gehe davon aus, dass die DTU bei der Erstellung ihrer Kriterien andere Ziele hatte als die, die letztlich formuliert worden sind. Sie haben einfach einen Fehler gemacht und den dann beheben wollen. Fakt ist aber: Statt zu dem Fehler zu stehen, hat die DTU mich darunter leiden lassen und mir die Saison verbaut. Das finde ich einfach nur rückgratslos.

Sie sprachen von „gewissen Zwängen“, was bedeutet das genau?

Ich bin bei der Teilnahme an internationalen Wettkämpfen weiterhin komplett von der Meldung der DTU abhängig, so dass ich in diesen Belangen auf einen freien und leistungsmäßig fairen Zugang verzichten und mich der Nominierungs-Bürokratie unterwerfen muss. Ich würde das natürlich verstehen, wenn es nur um die Qualifikation für die Gelder vom Deutschen Olympischen Sportbund geht, die die DTU zu verteilen hat. Ich bin aber nach wie vor der Meinung, dass es einen Weg für professionelle Sportler geben muss, nicht hauptsächlich gegen die Kriterien des Verbandes, sondern tatsächlich um internationale Erfolge zu kämpfen. Parallel muss ich natürlich auch meinen Lebensunterhalt verdienen. Meine Jahresplanung 2018 verlief entsprechend ebenso parallel zu den Planungsbestimmungen der DTU. Die Kriterien der DTU und meine Saisonplanung haben bislang nicht zusammengepasst. Ich möchte ja nur von der DTU gemeldet werden, zahle die Wettkampfreisen auf Wunsch auch selbst.

Gibt es weitere Hürden für Sie?

Da ich aus diversen (nicht-sportlichen, Anm. d. Red.) Gründen kein Kader-Mitglied der DTU bin und aktuell in Neuseeland lebe, wo mich der neuseeländische Verband beim Training unterstützt, gab es zwei Wege, mich für die WTS zu qualifizieren: den Leistungstest der DTU in Saarbrücken oder den Weg über Kontinental- und Weltcups. Ich habe mich für den zweiten entschieden und der war nach der unerwarteten Änderung der Kriterien „auf Kante genäht“, weil ich innerhalb von vier Wochen nicht einen komplexen Leistungsaufbau umkrempeln kann. Aber gemäß der Vorgaben vom Februar 2018 wäre ich jetzt für die WTS qualifiziert.

Warum haben Sie nicht einfach am Test in Saarbrücken teilgenommen?

Für diesen Test hätte ich insgesamt 60 Stunden im Flieger gesessen und einen vierstelligen Betrag ausgeben müssen. Ok, mein Lebensmittelpunkt ist aktuell selbstgewählt, aber am Olympiastützpunkt Saarbrücken habe ich ohnehin dank der DTU keine Wohn-Berechtigung mehr. Aber eine Triathlonsaison an einem Test, der zudem sportlich zweifelhaft ist, weil er aus einem Schwimmen im Bad und einem Lauf nach einer Pause auf der Bahn besteht, halte ich für ziemlich fragwürdig. 2017 habe ich den Test für die WTS-Qualifikation bestanden, in diesem Jahr wurden die Leistungskriterien deutlich heruntergeschraubt. Ohne zu große Arroganz kann ich ohne schlechtes Gewissen konstatieren, dass ich die Qualifikationskriterien erfüllt hätte, wäre mir der Himmel nicht auf den Kopf gefallen. (lacht)

Wie ist das Verhältnis zum Verband denn aktuell?

Anhaltend habe ich kaum Kontakt zur DTU. Die erforderlichen Meldungen zu Weltcups, für die ich gemäß Kriterien qualifiziert bin, laufen aber reibungsfrei. In Ozeanien höre ich aber immer wieder das Unverständnis anderer internationaler Athleten, warum so viele deutsche Athleten nicht in den Top-Events starten dürfen. Die DTU hat sich da international schon einen richtigen Ruf aufgebaut. Es freut die anderen Länder natürlich, dass sie aus Deutschland schon mal keine Konkurrenz befürchten müssen. Dass ich bis zum 17. März die WTS-Qualifikation hatte, dann Elfter beim Weltcup in Mooloolaba wurde, und nun wieder aus der WTS raus bin, ist dann auch schwer in wenigen Worten zu erklären, obwohl mein Englisch fließend ist. (lacht)

Man könnte Ihnen entgegnen, dass eine gewisse Regulierung seitens des Verbandes notwendig ist, damit die Qualität der deutschen Delegation gewahrt wird…

Im Gegensatz zu Langdistanz-Rennen, bei denen zum Teil gerade einmal eine Handvoll Profi-Athleten starten möchten, hat sich auf der ITU-Kurzdistanz mittlerweile eine extreme Leistungsdichte entwickelt: mit zum Teil hunderten Meldungen auf nur 55 Startplätze in der WTS. Da ist jedes Rennen im Vergleich wie die Ironman-Weltmeisterschaft und so reguliert sich der Markt natürlich selbst. Man muss bereits zwei Jahre in Europa- und Weltcups Punkte sammeln, bis man mal die Chance hat, auf eine WTS-Startliste zu kommen. Wenn man das geschafft hat, zählt man meiner Ansicht nach zur Weltklasse. Zu diesen schwierigen Hürden braucht man nicht noch ein zusätzliches System, gegen das man sich bewähren muss. Wie bereits gesagt, ist eine Selektion hingegen natürlich notwendig, wenn es darum geht, Fördergelder unter den Athleten zu verteilen.

Wie sehen aus Ihrer Sicht die langfristigen Folgen für den deutschen Triathlon aus?

Da kann ich nur für die Kurzdistanz sprechen. Das restriktive System in Deutschland hat zu einem extremen Abrutschen der deutschen Athleten im internationalen Vergleich geführt. So findet man zum Beispiel nur noch vier deutsche Männer und eine Frau unter den Top100 der Weltrangliste, vor zwei Jahren waren wir da noch bei über 15 Athleten. Diese Weltrangliste entscheidet aber direkt, ob man auf die Startlisten der internationalen Events kommt. Und nur in den WTS- und Weltcup-Rennen kann man um die Olympia-Startplätze für die jeweiligen Nationen kämpfen.

Was bedeutet die Verzögerung für Ihre Wettkampfplanung und die Nominierungen?

Das muss ich nun zusammen mit meinem Trainer und meinem Management genauer planen. Auf jeden Fall sind durch die Trägheit des Nominierungssystems gleich die nächsten drei WTS-Rennen unmöglich, so dass ich in der Serienwertung 2018 sowieso keine Chance mehr haben werde. Zunächst steht wieder ein Trainingsblock an, in den ich auch ein Non-Drafting Rennen in Neukaledonien einbauen werde.

Statt des Auftakts zur Olympia-Punktejagt beim WTS-Rennen in Yokohama werde ich in Frankreich in der Liga für meinen französischen Verein starten. Dort gibt es ähnlich starke Felder wie in der WTS, nur wird man nicht daran gehindert zu starten, sondern wird auch noch dafür bezahlt. Meinen nächsten Versuch zur Qualifikation für die WTS werde ich dann eine Woche später bei einem Weltcup in Kasachstan starten. Mit den Meldefristen kann ich somit frühestens im Juli in Hamburg wieder in der WTS starten.
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