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Alt 29.01.2018, 12:21   #10761
Helmut S
Szenekenner
 
Registriert seit: 30.10.2006
Beiträge: 9.739
Servus!

Vorneweg: Ich habe den vorhergenden Beitrag verfasst, weil ich denke, dass die ursprüngliche Frage von Flow eine Philosophische ist (i.W.S. "Existiert Wahrheit ausserhalb unserer Köpfe?") und ich - wenn überhaupt - nur noch zu philosophischen Fragen etwas sage. Es soll aber keiner denken, dass ich der Meinung bin, dass der Tisch, an dem ich gerade sitze nicht "existiert".

Der Punkt ist, das wir nichts über die Dinge an sich bzw. die Eigenschaften der Dinge wissen können. Nur über ihre Repräsentation in unserem Bewusstsein können wir Aussagen treffen. Da die Existenz selbst eine Eigenschaft eines Dings ist, können wir streng genommen auch nichts über die Existenz eines Dings wissen. Freilich können wir über die Repräsentation der Existenz in unserem Bewusstsein Aussagen treffen. Scheinbar sind die menschlichen Tiere alle mit einem "Basisrepräsentationsmechanismus" ausgestattet, die es erlauben, dass wir alle die Dinge einigermaßen gleich wahrnehmen. Fische (Seitenlinienorgan), Insekten (Facetttenaugen) oder Personen unter LSD Einfluß (Wände sind gewölbt) z.B. bekommen die Umwelt von ihren Gehirnen in anderen Formen repräsentiert.

Das ist deshalb für die Frage nach der Wahrheit wichtig, denn es ist üblicherweise so, dass wir diese Repräsentation als "Wirklichkeit" bezeichnen und wir haben uns darauf geeinigt, dass wir die Frage "Ist der konkrete Satz p wahr ?" (p könnte sein "Es gibt einen Tisch.") dann mit "Ja" entscheiden, wenn wir eine Übereinstimmung mit der "Wirklichkeit" (d.h. die Repräsentation in unserem Bewusstsein davon) feststellen. Etwas fortgeschrittener vergleichen wir auch mit Messergebnissen/Erkenntnissen, anderen, formalen, externalisierten Repräsentationen wie z.B. Zusammenhänge in der Mathematik oder Physik oder wir begnügen uns mit sehr geringen Wahrscheinlichkeiten von Fehlern von Messungen usw. usw. Jörn hat z.B. nach dieser Methode Aussagen der Bibel auf dem Prüfstand gestellt - und ist korrekterweise zum Schluß gekommen: Die Aussagen sind falsch. Das ist zwingend. Jeder der die Wirklichkeit so wahrnimmt wie das der Mensch normalerweise heute tut, muss zwingend zum selben Schluß kommen. Freilich kamen die Menschen in anderen Epochen zu anderen Schlüssen, die hatten aber auch eine andere "Wirklichkeit im Kopf", die sich über die Aufklärung und Empirik als falsch erweisen hat. Physiker dachten z.B. mal einen Zeit es gäbe eine Äther in dem sich Licht oder Gravitation ausbreiten würde.

Ein wichtiges Zwischenfazit scheint mir: Die Beantwortung der Frage "ob etwas wahr ist" ist eine empirische oder formale Frage. Das hat mit Philosophie nichts mehr zu tun, ausser das wir uns entschieden haben gegen eine Repräsentation in unserem Bewusstsein bzw. Externalisierungen davon zu prüfen.

Um die Frage "Ist dieser konkrete Satz p wahr?" allerdings gegen die Wirklichkeit prüfen zu können, muss man zu allererst festlegen wie diese Prüfung abzulaufen hat: "Wie (also aufgrund welcher Kriterien) entscheiden wir, ob etwas wahr ist?"[/u] muss also vor aller Beurteilung stets als erstes überhaupt geklärt werden. Das wiederum ist eine philosophische Frage, die in den Wissenschaften zu Festlegungen geführt hat, die wir alle akzeptieren. In der Mathematik sind es Beispielsweise die Axiome der ZFC und die Prädikatenlogik erster Stufe, in anderen Bereichen legt man Wahrscheinlichkeiten für Fehler fest (3-sigma, 5-sigma etc.) die unterschritten werden müssen um etwas für "wahr" zu halten usw.

Mir ging es in meinem Posting darum, mit dem was ich weiß für interessierte in dieser Diskussion Hinweise zu geben, wie sich Erkenntnistheorie im Speziellen und Philosophie und Hirnforschung bzw. Bewusstseinsforschung aktuell ergänzen. Ausgestattet mit diesem Wissen kann man möglicherweise besser verstehen, dass das was mancher als "Wahrheit" bezeichnet ggf. nur (und das ist naturwissenschaftlich korrekter Terminus) eine relative Wahrheit ist.

Mir scheint recht wichtig, dass was Arne mal vor einiger Zeit (und schon mehrfach) geschrieben hat. Sinngemäß: Jeder kann glauben was er möchte, solange Rechte Dritter nicht verletzt werden. Dem kann ich nur 100% zustimmen. Es geht um die Handlungen der Menschen die zu verurteilen sind. Nicht um den Glauben, denn der kann sein wie er will, solange Handlungen auf dem Boden des Rechtsstaates stattfinden. Wegen den Handlungen die ich nicht unterstütze bin ich übrigens auch aus der Kirche ausgetreten.

Sollte der Rechtsstaat aber gegen seine Prinzipien handeln und ggf. eine Rechtsgüterabwägung nicht richtig durchführen, so ist konkret der Rechtsstaat zu kritisieren. Übrigens: Ich bin der Meinung, dass es bis auf den einen oder anderen Speziallfall im Rechtsstaat keinen Anspruch auf Wahrheit gibt. Das ist m.E. ein rein subjektives Vergnügen.


Zitat:
Zitat von Klugschnacker Beitrag anzeigen
Vor einer Million Jahren gab es ganz sicher noch keine Menschen. Ist dann die Existenz des Mondes zu dieser Zeit ein noch ungeklärtes Phänomen?

Keineswegs. Zumindest nicht im Ernst. Wir sehen die Spuren der Gezeiten, die vom Mond ausgelöst werden, über hunderte Millionen Jahre hinweg. Wir sehen es an der Lage der Erdachse, und an der kontinuierlich sich verlangsamenden Erddrehung und so weiter.

Wer ist dieses wir, wenn es keine Menschen gibt? Das ist freilich eine philosophische Frage.

LG H.

P.S. Die Frage von Einstein wahr natürlich(!!) polemisch/provokant - ich glaube in einer Diskussion mit Heisenberg. Einstein war ja nicht besonders überzeugt von der ganzen Quantengeschichte.
Helmut S ist gerade online   Mit Zitat antworten