Mir ist kalt, mit Mühe vermeide ich das Zähneklappern. Was soll ich hier im nebligen dämmrigen Wald? Ich trabe etwas, mir wird leicht wärmer. Kurz vor dem Point of no Return entdecke ich einen meiner Gründe: Anna Katharina Rennmaus, eine junge symphatische Extremsportlerin, ebenfalls mit MS im Rucksack endlich auch persönlich kennen zu lernen. Eine Weile laufen wir zusammen im Gedränge, plaudern etwas, dann passiert mir das typische Winterschlußverkauf- oder auch Massensyndrom, hier einer Frau zu folgen ist schlicht unmöglich

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Ich hätte ihr Tempo heute aber eh nicht halten können, also lasse ich sie ziehen.
Wie ich später lesen darf, pulverisiert sie ihre Bestzeit

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Flache 5 Kilometerrunden sollten es mit heute ordentlich schlammigen Wegstrecken sein. Die ersten 6 klappen überraschend solide, jeweils genau 1.03 Stunden je 10 km, dann wird es vorhersehbar extrem. Nicht überraschend, was will man mit einer wochenlangen Laufpause aufgrund streikender IG-Wadenmuskulatur auch erwarten

. Nachdem wir uns letztes Wochende auf zwischendurch bewusste Lockerungspausen einigten, waren die 50 km in Rodgau nicht mehr völlig unmöglich. Vielleicht oder eher sicherlich blödsinnig, doch wenn man mir sagt "Du darfst nicht" löst das bei mir zu oft einen "Habenwill-Effekt" aus

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In der harten Realität bei Km 35 aufgewacht, wenn man weit vor sich Walkende sieht, ihnen aber trotz scheinbarem Traben kaum näher kommt

, ist die Versuchung groß, das Angebot vorzeitig den Lauf jeweils nach 5 km zu beenden groß. Doch ausgerechnet in der Heimat des vielleicht größten MS-Vorbildes Andreas Beseler das Streben aufzugeben, geht gar nicht. Never give up, lautet sein Spruch. Also auf Überlebensmodus geschaltet, noch mehr Tempo raus(geht tatsächlich ), Cola und Kekse rein, Beine ignoriert, weiter, einfach weiter. Die Felder leeren sich, ein letztes Mal bei den tollen Helfern einer liebevoll organsierten Veranstaltung bedankt, nach 50 km und 5.24 Std. ins Ziel getrabt. Nicht schnell, total verschwitzt und eingesaut, aber auch hochzufrieden. Der Kopf war vollkommen geleert von den täglichen Sorgen, das Herz neu gefüllt mit der Zuversicht, dass, wenn man etwas wirklich will, man deutlich mehr erreichen kann, als man für möglich hält.
Allen einen sorgenfreien Sonntag.