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Zitat von Jörn
Es ist beschreibend gemeint, nicht vorschreibend. Da die Diskussionsstränge in einem Forum üblicherweise auseinander laufen, muss man hin und wieder daran erinnern, wo man kürzlich abgezweigt war, um den roten Faden nicht ganz zu verlieren.
Dies empfiehlt sich umso mehr in religiösen Debatten, in denen häufig Strohmann-Argumente und Themensprünge (whataboutism) vorkommen.
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Das kann ich nachvollziehen. Trotzdem werde ich mir auch künftig erlauben, darauf hinzuweisen, wenn Du mir gegenüber genau solche Strohmann-Argumente verwendest, die Du so häufig kritisierst. Indem Du nämlich Positionen kritisierst, die ich nicht vertreten habe. Das kann ja mal passieren - niemand ist vor Missverständnissen gefeit. Aber ehrlich gesagt habe ich den Eindruck, dass das zu oft passiert, um immer an unbeabsichtigte Missverständnisse zu glauben.
Zitat:
Zitat von Jörn
... es steht die Behauptung im Raum, das Christentum hätte sich in Europa dahingehend ausgewirkt, dass ein vorzügliches Rechtssystem entstand. Das impliziert, dass es im Christentum bereits enthalten oder angelegt sei. Dafür fehlt jeder Beleg. Im Gegenteil, die schriftlichen Belege deuten ausdrücklich in eine andere Richtung.
Nur in dieser Hinsicht wird der Vatikan interessant, da wir hier ohne störende Einflüsse beobachten können, was passiert, wenn Christen (und zwar die gelehrtesten und weisesten unter ihnen) einen Staat nach ihren Vorstellungen gestalten dürfen.
Das Ergebnis ist, dass sogar eine plumpe Gewaltenteilung fehlt. Der Papst erlässt Gesetze (Legislative), ist oberster Richter (Judikative) und oberstes handelndes Organ (Exekutive). Er selbst kann von niemandem gerichtet werden.
Diese Schlappe wird nicht weniger peinlich, wenn man auf Diktaturen anderswo auf der Welt hinweist.
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Meiner Ansicht nach gibt es sehr wohl einen weiteren Interessanten Aspekt: nämlich den, dass ich die verschiedenen Staatssysteme nicht nach ihrer historischen Entwicklung betrachte, sondern nach ihrer aktuellen Ausformung. Und dieser Aspekt interessiert mich mehr, weil er aktuell lebende Menschen direkt betrifft. Also vergleiche ich die Rechtssysteme und komme (wie einige andere hier) zu dem Schluss, dass die Systeme, die sich im (oder auch trotz dem) christlichen Kulturkreis entwickelt haben, nicht die schlechtesten sind.
Diese Schlussfolgerung ist dann mein Argument gegen ein pauschales Religions- oder Christentums-Bashing.
Damit bestreite ich aber nicht, dass es konkrete Probleme mit Kirchen gibt. Und wenn Du mir auf dieses Statement mit dem Argument antworten würdest, dass die Kirchen viele Errungenschaften unseres heutigen Systems hintertrieben, verzögert, bekämpft, ... usw. haben, dann wäre das wieder ein Strohmann-Argument. Ich sage nicht, dass das Christentum den gesellschaftlichen Fortschritt aktiv gefördert hätte. Aber ich finde es unbestreitbar, dass man derzeit als Mensch im christlich-kulturell geprägten Europa freier und besser leben kann als in vielen anderen Welt-Gegenden. Nochmals: das muss man nicht als Verdienst des Christentums werten. Aber man sollte es trotzdem anerkennen.