Für mich ist der Thread unterhaltsam und lehrreich — zwei gute Gründe, um sich hier zu beteiligen.
Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten eine religionskritische Debatte zu führen. Kennt jemand von Euch eine Person namens Matt Dillahunty? Er ist in den USA ein bekannter Gastgeber einer kleinen Call-In-TV-Show, d.h. die Talkgäste rufen im Studio an, tragen eine These vor, und diese wird dann diskutiert. Die Anrufer sind meist religiös, während Matt Dillahunty atheistisch argumentiert.
Dabei gibt es zwei kluge Regeln: Erstens, der Anrufer darf nicht einen ganzen Sack halbgarer „Argumente“ ausschütten, sondern er muss sein stärkstes Argument nennen; also ein Argument, welches seinen Glauben widerlegen würde, wenn man das Argument widerlegen würde. Nur dieses Argument wird dann ausführlich untersucht. Zweitens: Wenn der Anrufer das Thema wechselt, geht der Punkt an Matt Dillahunty.
Diese Regeln wurden durch die Erfahrung geformt, dass die Anrufer stets das Thema wechselten, sobald ein Argument verloren zu gehen drohte. Auf diese Weise kommt man natürlich nie zu einem Ergebnis.
Die Tatsache, dass Matt Dillahunty sagt:
„Okay, wir können gerne das Thema wechseln, aber dann geht der Punkt an mich“ halte ich für eine gute Idee. Natürlich kann man auch mal Argumente sammeln, ohne dass es Gewinner und Verlierer gibt. Aber wenn man gerade eine freundliche Kontroverse ausficht und sich seitenlang mit den Argumenten der Gegenseite befasst hat, dann ist es ermüdend, wenn die Gegenseite einfach verstummt (oder das Thema mit läppischen Bemerkungen im Sande verlaufen lässt) und irgendwann das nächste Thema eröffnet.
Es geht dabei übrigens
nicht primär darum, dass es Gewinner und Verlierer gibt. Sondern es geht darum, dass man
sich selbst dazu diszipliniert, dem Thema nicht einfach auszuweichen. Es geht darum,
Selbstbetrug zu vermeiden.
Nach meiner vorläufigen Meinung geht es bei Frommheit zu einem großen Teil um Selbstbetrug. Noch nie hat eine Kirchengemeinde gebetet, dass ein tödlich verunglücktes Kind wieder zum Leben erweckt wird, oder dass ein amputiertes Bein wieder nachwächst. Niemand thematisiert die offensichtliche Tatsache, dass Gebete völlig wirkungslos sind, obwohl es alle wissen (könnten). Wenn es irgendwo angedeutet wird, wechselt man möglichst rasch das Thema.
Ebenso der Selbstbetrug, bei der Bibel handele es sich um ein weises (oder gar göttliches!) Buch — während ein Blick auf jede beliebige Seite offenkundig macht, dass das exakte Gegenteil zutrifft. Da wechselt man schnell das Thema oder schneidet es am besten gar nicht an.
Teilnehmer A: Gott ist nicht auf Profit aus.
Teilnehmer B: Stimmt nicht, denn hier ist eine Bibelstelle, bei der Gott seinen Profit aus einer Kriegsbeute verlangt.
A: Trotzdem.
B: ??